LeFloid hat in seinem neusten Video Stellung bezogen zu der zahlreichen Kritik an seinem Merkel-Interview. Wir veröffentlichen hier den Ausschnitt und ein Transkript seines Statements:
[dropcap type=“3″]„[/dropcap]Jetzt kommen wir zum leidigen Thema der vergangen Woche, bzw. Montag und Dienstag: Der Merkelstunt. Ja, nennen wir es Merkelstunt.
Was soll ich sagen, nachdem die klassischen etablierten Printmedien und Profijournalisten damit fertig waren LeFloid in der Luft zu zerreißen, dachte sich LeFloid:
Nein im Ernst, ohne mich groß verteidigen zu wollen, weil es vielleicht auch gar nicht angebracht ist.[quote_right]Es war mein verficktes erstes Interview ever. [/quote_right]Im Vorfeld wurde mir, also auch euch, weil es waren eure Fragen, vorgeworfen das Interview wird scheiße. Denn es werden nur Fragen wie Xbox oder PlayStation gestellt werden. Und im Nachhinein wurde uns, besser gesagt mir, vorgeworfen, das Interview war trotzdem scheiße. Denn Lefloid hat verdammte Axt nochmal keine mehrjährige Berufserfahrung, es war sein verficktes erstes Interview ever.
Und das mit dem Endboss. Oder wie die VICE so schön geschrieben hat dem „Teflon-Don“. Hat mir gut gefallen. Ich persönlich dachte mir: Okay, ich habe eure Fragen an sie herangetragen. Sie hat sie mehr oder weniger klar beantwortet. Einige sogar sehr klar, aber offensichtlich sollte ich mich da doch hinsetzen einmal laut „Penis“ rufen, dafür sorgen dass die Kanzlerin anfängt zu heulen und das Interview abgebrochen wird.
[quote_center]Offensichtlich sollte ich mich da hinsetzen und einmal laut „Penis“ rufen.[/quote_center]
Kommen wir aber nichtsdestotrotz zu den am häufigsten gestellten Fragen: Wurde ich dafür bezahlt?
Nein, verdammte Axt!
Warum habe ich es dann gemacht? Weil es die fuckin‘ Kanzlerin war und ich ein fuckin‘ Youtuber bin, der die fuckin‘ Kanzlerin interviewen wollte. Mit euren Fragen.
Ohne scheiß, du sagst vorm Videospiele Endboss auch nicht: Ne, den Schritt gehe ich jetzt nicht mehr, das traue ich mich nicht. Klar war ich schweinenervös.
Aber was wollte ich? Ich wollte ihr eure Fragen stellen. Habe ich gemacht. Das danach nicht die Welt explodiert ist, oh. Da muss ich wohl die ganzen heftigen und Welt verändernden Enthüllungen über Merkel in der letzten Zeit durch echte Journalisten verpasst haben.
Aber wofür stehe ich? Ich stehe dafür mit Jugendlichen, jungen Leuten und eigentlich allen in Dialog zu treten. [quote_left]Auch ich werde nach dem Interview garantiert nicht CDU wählen.[/quote_left] Allen, denen man vorwürft sie würden einen Fick auf Politik oder diese Welt geben. Sie seien einfach uninteressiert, zu nichts nütze und irgendwie scheiße. Nein, sind sie nicht. Hunderttausende haben das Interview gesehen, Hunderttausende haben ihre Fragen beantwortet bekommen und Hunderttausende werden auch nach diesem Interview garantierte nicht CDU wählen. Mich eingeschlossen. Das war eine kurze Erklärung dazu.”
Meine 5¢: Spannend finde ich, wie leFloid seine Community in die Kritik miteinbezieht. Er versteht, oder stellt, es als gemeinsames Projekt mit seinen Zuschauern dar. Für die hat er die Fragen an Merkel gestellt. Dementsprechend ist jede Kritik an ihm auch gleich eine Kritik an seinen Zuschauern und Fans. Die daraus sicher noch einen Vorbehalt mehr gegen etablierten Medien stricken werden.
David Streit hat mich für seine Reihe „Intervievv“ vor die Kamera gebeten. Also vor meine eigene Kamera. Das Konzept der Sendung ist nämlich, dass David den Befragten eine Reihe von Fragen schickt und diese sich anschließend beim Beantworten selbst aufnehmen.
Axel Springer CTO elektonische Medien Ulrich Schmitz erklärt die digitale Strategie.
Ich hatte vor einigen Wochen die Gelegenheit mich mit Ulrich Schmitz, dem CTO elektronische Medien, über die digitale Strategie von Axel Springer zu unterhalten. Die Maßgabe, die schon Mathias Döpfner ausgegeben hat, ist dabei eindeutig:
„Wir wollen das führende digitale Medienunternehmen werden.“
Ich habe natürlich auch gefragt, welche Rolle darin noch der Journalismus spielt, denn schaut man sich das digitale Portfolio an, finden sich dort von Preisvergleichen bis Jobportalen allerhand, aber immer weniger Journalismus.
„Viele der Geschäftsmodelle kann man auch betreiben, ohne ein Verlag zu sein.“
Darauf angesprochen gab Schmitz zu: „Viele der Geschäftsmodelle kann man auch betreiben, ohne ein Verlag zu sein.“, betonte aber dass der Journalismus tief in der DNA von Springer stecke. Aber das ist eben nicht alles, vor allem mit Blick auf die Zukunft:
„Unser Geschäft war immer mehr als journalistische Inhalte abzudrucken und zu verkaufen. Das hatte immer mit Werbung zu tun, es ging immer um Marktplätze, viele Rubriken. Letztendlich machen wir vieles von dem heute weiter, mit eigenständigeren Unternehmen und häufig mit einem anderen Massstab. Als Beispiel das Immobiliengeschäft, das war früher ein stark regional geprägtes Geschäft und ist heute ein nationales Geschäft. Im Grunde haben wir jetzt die Chance genutzt, dass was wir vorher gemacht haben, jetzt in einem anderen Maßstab weiterzubetreiben.“
„Wir definieren uns zunehmend weniger als Printunternehmen.“
Ich habe ihn auch nach der Rolle von Print gefragt. Eine Frage die natürlich nach der letzten Woche wieder in einem ganz anderen Licht erscheint. Und ich weiß nicht, ob ich mir sein Zögern bei dern Antwort nun im Nachhinein einbilde oder ob das den Verkauf des Großteils des Printportfolios schon vorweg nahm.
„Print spielt eine große Rolle bei uns. Es ist wie die 40% (digitaler Umsatz) sagen, der größere Anteil. Wir definieren uns zunhemend weniger als Printunternehmen. Wie definieren die Marken zunehmend weniger als Printmarken, sondern als Medienmarken. Wir bespielen alle Kanäle und wir sehen auf absehbare Zeit, dass Print ein großer Anteil dabei ist. Natürlich sinken die Auflagen bei Print, aber sie werden über einen längeren Zeitraum noch einen größeren Anteil haben. Kurz: Wir sehen uns als Medienunternehmen, das verschiedene Medienkanäle bespielt.“
Ich habe Ulrich Schmitz in diesem Zuge auch kurz auf BILD+ angesprochen. Zugegeben er ist dafür nicht der 100% korrekte Ansprechpartner, aber auch das gehört natürlich zur digitalen Strategie Springers. Vor allem dass das BILD+-Abo mit Print günstiger ist, als reines Print, schien mir interessant und inwiefern das ein Klammern an einen Ast ist.
„Bild+ ist überhaupt kein Klammern an einen Ast, sondern ein bewusster Vorstoß und einer, den wir jetzt nicht in den luftleeren Raum hinein machen. Wir haben vor einigen Jahren angefangen die ersten bezahlten Apps anzubieten und das war ein kühner Vorstoß, da waren wir die Ersten, es gab keine Beispiele. Wir haben festgestellt, es gibt viele Leute die solche Medienangebote kaufen und wir sind da auch wieder optimistisch, dass das für unsere neuen Angebote gilt. Aber das können die Kollegen von der Bild noch besser beantworten, als ich.“
Leistungsschutzrecht & Start-Up-Kultur: „Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun“
Wie gestern schon in meinem Kommentar angekündigt, bin ich auch gesondert darauf eingegangen, wie der Vorstoß in Sachen Accelerator „Axel Springer Plug and Play“ mit Gesetzesinitiativen zum Leistungsschutzrecht zusammen geht:
Jetzt versuchen Sie einerseits Start-Up-Kultur zu umarmen, auf der andern Seite war Axel Springer auch federführend bei einem Gesetz wie dem Leistungsschutzrecht. Das auch von vielen Gründern so aufgenommen wurde, als hätte man das Internet nicht verstanden. Wie passt das zusammen?
„Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun und es wird immer wieder kontroverse Themen geben. Ich glaube, dass viel von dem Kontroversen auch darin liegt, dass viel mit Schlagworten gearbeitet wird und weniger tatsächlich dort hineingeschaut wird. Aber ich kann jetzt hier für die Frühphase sprechen, dass ist etwas, wo wir so viele Möglichkeiten haben, zusammenzuarbeiten und da sehe ich nur Chancen für beide Seiten.“
Das war nur die erste Folge in der Reihe „Meet the Media Executives“, in der wir (Thomas Wagenkencht & Jannis Kucharz) eine Reihe von Medienentscheidern interviewt haben. Diese werden in den nächsten Wochen online gehen. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass unter anderem noch eines mit ZDF-Chefredakteur Peter Frey in der Pipeline ist. Wer diese also in Zukunft nicht verpassen will, kann entweder uns auf Twitter folgen, bei Facebook liken oder sich in unseren wöchentlichen morgenlinks Newsletter eintragen.
Nach meinem viel rezipierten Artikel gestern zur fehlenden Anbindung der Netzgemeinde™ an Youtube dachte ich mir: Nicht nur Reden, sondern auch machen und habe mir für die morgenlinks gleich mal gedacht: Warum nicht das auch mal im Bewegtbildformat spielen? Mit dem Ergebnis bin ich noch nicht 100% zufrieden, aber ich freue mich auf Feedback dazu.
(deutsche-wirtschafts-nachrichten.de)
Großkündigte die ARD ihr Interview mit dem russischen Präsidenten Vladimir Putin an, um dann zu sehen, dass man den gewieften Staatsmann eben nicht so einfach vorführen kann, sondern umgekehrt Putin WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn alt aussehen ließ. Auf diverse Gegenfragen Putins wusste der Journalist keine Antwort. Der höhepuntk wohl als Putin fragt, wie er denn überhaupt heißt.
„Wie heißen Sie?“
„Jörg Schönenborn.“
„Gut Jörg, ich werden Ihnen das jetzt erklären…“
(nymag.com, Andrew Rice)
BuzzFeed wächst immer weiter und wird von immer mehr als leuchtender Stern am Medienhimmel wahrgenommen. Das Gehmenis? Man weiß was viral wird. In Deutschland ist von diesem viralen Wissen noch wenig angekommen. Hier beschranken sich Medien darauf Ansgar Heveling einen minderwertigen Gastbeitrag schreiben zu lassen, der dann eine Twitterempörungsrunde dreht. Vielleicht hilft ja das ausführliche Protrait des NYMag etwas von diesem Wissen zu vermitteln.
(teehanlax.com)
Medium.com ist das neuste Produkt von Twittergründer Evan Williams, das schon vor einer Weile an den Start ging und die Zukunft des Bloggens sein soll. Wie und wo Bloggen in Zukunft sein könnte, dazu will ich hier auch bald noch mal was schreiben, aber der oben verlinkte Blick hinter die Kulissen ist äußerst spannend. Er zeigt die Entscheidungs- und Arbeitsprozesse in einem guten finanzierten US-Startup. Dazu ist der Artikel noch schön designed, mit allerhand bewegten unter interkativen Elementen. Schon allein dafür lohnt es sich mal durchzuscrollen.
(Buzzfeed.com, Jessica Misener)
Also Bonus für die Blogleser: Warum die ganze Zeit nur über BuzzFeed reden und nicht auch mal etwas Anschauungsmaterial? Hat alles was ein virales Ding braucht: Spricht eine breite Maße an, die sich damit indentifzieren kann und hat jede Menge animierte GIFs.
Melih Bigil ist Youtube-Millionär. Sein Video „The History of the Internet“ wurde über 2,5 Milionen mal geklickt, er erklärt darin in einfachen Animationen wie das Internet entstanden und gewachsen ist. Auf der TEDxRheinhessen hat er erzählt, wie das funktioniert: Erklären mit metaphorischen Beispielen und wir haben uns Melih Bigil nach seinem Vortrag für ein Interview geschnappt.
Passend zum „Talk Like A Pirate-Day“ zieht die Piratenpartei mit 8,9% ins Berliner Abgeordnetenhaus ein.
Ich war gestern beim Wahlwatching der Piraten Mainz, die gespannt den Einzug ihrer Berliner Kollegen ins Abgeordnetenhaus verfolgten und habe mich mit dem Vorsitzden Rheinhessen unterhalten.
Welche Themen meint er waren wichtig für die Entscheidung, wo gibt es Überschneidungen mit den Grünen und wären sie bereit der FDP Obhut gewähren würden, wenn diese weiter abschmiert:
Was meint ihr zum Einzug der Piraten ins Berliner Abgeordnetenhaus? Und was erhofft ihr euch von ihnen?
Ulrich Köhler wurde auf der diesjährigen Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet. Nun läuft der Film „Schlafkrankheit“ in den Kinos und bekam noch den Filmkunstpreis beim Festival des deutschen Films obendrauf.
Im Film geht es um den Entwicklungshelfer Ebbo Velten, der in Kamerun als Entwicklungshelfer. Köhler stellt uns Ebbo vor, indem er ihn uns in verschiedenen Situationen zeigt. Köhler setzt sehr auf die stärke einzelner Situationen: Kein Schnitt, keine Musik und gerade als wir denken wir wissen wie Ebbo tickt, lernen wir ihn wieder neu kennen. Aus der Sicht des jungen Arztes Alex. Die beiden Figuren funktionieren dabei als wunderbares Gegensatzpaar: Ebbo, der sich als weißer in Kamerun wohl fühlt, Alex, der obwohl er kongolesische Wurzel hat, sich nicht zurechtfindet. Der eine noch voller Prinzipien, die in der Realität nicht anzuwenden sind, der andere ohne Perspektive.
Köhler geht es um viele Motive: Die Entwurzelung von Figuren, die Lebenswelt in Kamerun und die Probleme der Entwicklungshilfe. Wir haben Uhlrich Köhler getroffen und sprachen mit ihn über den Film, seine Bild von Afrika, den Problemen und Gemeinsamkeiten von Entwicklungshilfe und Filmförderung.
Wenn ihr euch den FIlm anseht, und das solltet ihr tun, geht bitte keinesfalls in die synchronisierte Fassung, sondern ins OmU! Der Film ist nämlich eigentlich mehrsprachig gedreht, ein nicht unwichtiges Element, wenn es darum geht, wie sich Europäer in Afrika zurecht finden wollen. In der Synchro klingt das alles furchtbar steril. Man kann das sehr schön an den Trailer vergleichen:
Bild: Regisseur Ulrich Köler und Jean-Christoph Folly bei den Dreharbeiten. (c) Farbfilmverleih
Erinnert ihr euch noch an das Youtube-Projekt „Life in a Day“, bei dem jeder eingeladen war Clips einzureichen?
Der Film, produziert von Ridley Scott ist jetzt in den Kinos angelaufen. Ich habe dazu mit dem Filmemacher David Peter* gesprochen, einem derjenigen aus Deutschland, die einen Teil zu dem Werk beigetragen haben. David war damals auf der Loveparade in Duisburg, eigentlich mit der Idee einen fröhlichen Film über feiernde Menschen zu machen. Wie wir wissen, kam es ganz anders. Mehr erzählt er euch im Interview:
Hier ist der Trailer zu „Life in a Day“:
Habt ihr denn Film schon angesehen? Oder damals selbst Material eingereicht?
Kaum scheiterte Zoomer nach einem knappen Jahr, war ein neues Pendant geboren: Zeitjung stellt den Faktor auf junge Redakteure für junge Leser. Nach einigen positiven Berichten aus der Presse hagelte es allerdings Kritik. Der jungen Redaktion wurde unter anderem Antisemitismus vorgeworfen. Alexander Zacherl, Mitglied der Chefredaktion sprach über die Vorwürfe, Ideen und Ziele des Nachrichtenportals.
netzfeuilleton.de: Antisemitmus, damit hat man bei Zeitjung aber nicht gerechnet? Alexander Zacherl: Damit haben wir wirklich nicht gerechnet. Unsere Redaktion ist so multi-kulturell, dass uns so ein Vorwurf nie in den Sinn gekommen wäre. Vor allem unsere jüdischen Redakteure fanden die Vorstellung sehr weit hergeholt.
netzfeuilleton.de: Wie sahen denn die konkreten Vorwürfe aus? Alexander Zacherl: Liebe Leute!!! Super Einstellung zur, dass nur Deutsch ist, wer auch in Deutschland hier geboren ist. Das ist ein NPD–Argument!!! Das ist einfach eine Frechheit– zuerst schürt ihr hier Fremdenhass und dann schreibt ihr unter das Bild am Strand „Doris in Geil“ – Ihr seit einfach Faschisten! die npd hat mal einen nationalmannschaftskader ohne owomoyela publiziert. denn: ein schwarzer kann ja wohl nicht so deutsschland spielen, so deren logik. das hier geht in die gleiche richtung. ob gewollt oder nicht. (Anm. d. Interv.: Es werden Kommentare zu diesem Artikel zitiert.)
netzfeuilleton.de: Daneben gab es allerdings noch Vorwürfe bezüglich eines Artikels über die Piusbrüderschaft und einen Text über Arbeit mit dem Titel „Arbeit macht frei – oder nicht?“. (Anm. d. Interv.: Der Artikel hat mittlerweile einen anderen Titel.) Alexander Zacherl: Ja, beides. Der Artikel zur Piusbruderschaft wurde als Angriff auf alles religiöse gelesen – was eigentlich nicht seine Aussage war. Doch diese Fehlinterpretation ließ schnell die Gemüter hochkochen, Religion ist eben bei vielen Menschen noch ein sehr sensibles Thema. Und wer sich angegriffen fühlt, schlägt schnell verbal zurück.
Der Artikel „Arbeit macht frei – oder nicht?“ drehte sich um Workaholics, also Menschen die einfach zu viel arbeiten. Die Headline dazu passte rein wörtlich genommen perfekt. Aber natürlich war sie mit dem nationalsozialistischen Hintergrund des Ausdrucks provokant. Das war der Autorin auch bekannt und gewollt. Denn unsere Generation sollte, mehr als 60 Jahre nach der Schließung von Auschwitz, mit solchen Formulierungen unverkrampfter umgehen können. Das hat sie auch hier noch mal deutlich klargemacht.
netzfeuilleton.de: Es wird aber ein bisschen abgewertet. „Religion ist eben bei vielen Menschen noch ein sensibles Thema.“ Kann man die Reaktionen denn nicht insoweit nachvollziehen? Ich meine, es sind 60 Jahre her, aber es ist immer noch existent und das Menschen auf einen Titel wie „Arbeit macht frei“ so reagieren, ist ja verständlich? Alexander Zacherl: Natürlich ist das verständlich. Aber Religion und die Nazis sind Themen, über die man reden kann und über die man reden sollte. Wegen einer Headline wie „Arbeit macht frei – oder nicht?“ oder „Jedem den Seinen“ gleich „NAZI!“ zu rufen und sein Gegenüber dadurch in Verruf zu bringen, födert keine Diskussion. Hier wird einfach versucht, jemanden, den man als „Gegner“ sieht, mit den einfachsten Mitteln unmöglich zu machen.
netzfeuilleton.de: Nun ja, sicherlich ist es so, dass die Vergangenheit Deutschlands auch für eine schwache Diskussion ausgenutzt wird. Aber man kann es den Betroffenen doch nicht verübeln, dass sie auf diese Art und Weise reagieren? Alexander Zacherl: Das ist richtig. Sollen wir deshalb „Arbeit macht frei“ für immer aus unseren Wortschatz streichen? Wollen wir diese drei Worte auf ewig den Nazis überlassen? Nein. Unsere Generation, die 1940 noch nicht einmal in Planung war, hat jetzt die Chance, kritisch über die Verbrechen der Nazis zu urteilen. Und das tun wir. Unsere Pflicht ist es, zu verhindern, dass jemals wieder ein Genozid wie während des zweiten Weltkriegs stattfindet. Unsere Seite besteht allerdings aus mehr als nur aus Artikeln mit provokanten Headlines. Wir sprechen alle Themen an, die aktuell sind und uns auf dem Herzen liegen. Heute zum Beispiel war die Oskar-Verleihung ein Thema.
netzfeuilleton.de: Natürlich soll man ihn nicht verbannen, aber es geht nicht um Schuld in dem Sinne. Wenn eine solche Textzeile in einer Publikation aus dem Ausland zu lesen wäre, würde man ebenso mit dem Hitlerregime asoziieren. Die Frage ist, mit welcher Intention es geschrieben wird. Ihre Aussage: „Das war der Autorin auch bekannt und gewollt.“ Die Autorin wusste es also, hat es also nicht wörtlich genommen, sondern doch schon aus dem Kontext, oder etwa nicht? Der Titel ist mittlerweile geändert. Aber es geht nicht nur um diesen Titel, sondern generell auch darum, dass die Miss Germany „nicht einmal Deutsch sei“ und dass die „religiösgeprägten“ homophob, antifeministisch und antisemitisch seien. Natürlich gehe ich nicht davon aus, dass die Redaktion in irgendeiner Form diese Werte vertritt, aber die sprachlichen Aussagen geben ein anderes Bild davon ab. Auch der neue Artikel über türkische Jungen ist in dieser Form geschrieben: Er pauschalisiert ein ganzes Volk und die Familien und der letzte Satz war dann „Und immer weiter merken die verzweifelten Eltern, dass Töchter pflegeleichter sind als Söhne. Viel zuverlässiger, viel familiärer, viel mehr das, was sie sich gewünscht hatten.“ Da wird dieser Vorwurf, Frauen seien dort nicht gewollt, im Grunde mit ähnlich dummen Argumenten gegen Männer gerichtet. Alexander Zacherl: Das ist ein Punkt, an dem wir gerade ansetzen. Jeder Autor versucht für sich, seine Artikel so zu schreiben, dass sie nicht mehr so leicht missverstanden werden können. Das ist nicht einfach. Aber wir sind auch noch in der Aufbauphase unserer Seite (und unserer Redaktion). Kommentare sind da ein gutes Mittel, um die Redaktion solche Doppeldeutigkeiten aufmerksam zu machen.
netzfeuilleton.de: Kommen wir zu der Redaktion. Wie ist die denn aufgebaut? Sind das Festanstellungen, Praktika..? Alexander Zacherl: Wird das Portal nebenbei betreut? Einige von uns Zeitjüngern, zur Zeit sind es fünf, sind fest angestellt und täglich in der Redaktion. Der Großteil der Autoren arbeitet allerdings freiberuflich für uns und schreibt aus der Uni, der Schule und von Zuhause. Alle haben neben ZEITjUNG auch noch andere Verpflichtungen wie ihre Ausbildung oder Jobs.
netzfeuilleton.de: Mit Entlohnung? Was sind die Voraussetzungen für neue Redakteure (freiberufliche, so wie festangestellte)? Alexander Zacherl: Ja, mit Entlohnung. Neue Redakteure müssen interessant schreiben können (oft sind es Blogger), ein Gefühl für spannende und aktuelle Themen haben und unserer Zielgruppe möglichst nahe sein.
netzfeuilleton.de: Wie beschreibt man zeitjung in einem Satz? Alexander Zacherl: Zeitjung ist anders, aktiv, artgerecht, aktuell. netzfeuilleton.de: Artgerecht? Wie soll man das verstehen? Was ist „anders“ und ist „anders“ immer gut? Alexander Zacherl: Anders und artgerecht bedeuten, dass wir versuchen Themen zu wählen, die uns und unsere Leser interessieren. Und über diese Themen wollen wir verständlich schreiben. Also nicht ganz so verklausuliert, wie Politiker oder große Tageszeitungen das manchmal gerne machen. Wir haben es uns nicht zum Ziel gesetzt, die Süddeutsche Zeitung oder die FAZ sklavisch zu kopieren. Anders ist also in diesem Fall gut und wichtig.
netzfeuilleton.de: Die Nachrichten sind ja sehr subjektiv, ist das ganz genau so gewollt? Alexander Zacherl: Nicht alle. Die News in unserer TAGSCHAU sind zum Beispiel meist sehr faktenorientiert und objektiv geschrieben. Aber bei vielen anderen Artikeln kann und soll auch die Meinung des Autors nicht zu kurz kommen. Das ist einer der Punkte, der unseren Lesern sehr wichtig ist.
netzfeuilleton.de: Zoomer ist gescheitert. Wieso wird Zeitjung bestehen? Alexander Zacherl: Weil Zeitjung authentisch ist. Wir sind Teil unserer Leserschaft und schreiben nicht für Menschen, in die wir uns nicht hineindenken können. Hinter Zeitjung steht kein großer Konzern, der bei den ersten Anzeichen einer Wirtschaftskrise seine zukunftsträchtigsten Projekte streicht, um sich auf seine „Kernkompetenzen“ zu konzentrieren. Denn unsere Kernkompetenz _ist_ Zeitjung.
netzfeuilleton.de: Wie plant zeitjung denn die Finanzierung? Bisher habe ich weder Anzeigen noch ähnliches gesehen. Alexander Zacherl: Zeitjung wird sich durch Content-Syndication, Werbung und Sponsoring finanzieren. Derzeit finden Gespräche mit Finanzdienstleistern und Verlagen statt, die bereits in die zweite Runde gehen.
netzfeuilleton.de: Wie sieht zeitjung in sechs Monaten aus, wie in einem Jahr? Alexander Zacherl: Zeitjung wird in sechs Monaten mehr als nur Texte bieten. Videos, Podcasts, Comics – wir denken da in viele Richtungen. In einem Jahr wird Zeitjung noch viel offener für unsere Leser sein und um die rein redaktionelle Basis eine News-Community aufgebaut haben, in der noch mehr diskutiert und bewertet wird als heute.
netzfeuilleton.de: Klingt sehr vielversprechend. Dann bedanke ich mich für das Interview. Alexander Zacherl: Bittesehr. Danke für das spannende Interview. =D
Das Interview wurde von Pell via Messenger geführt.