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Wie ich ein Urlaubsritual in den Alltag gerettet habe

Nachrichten. Wer ließt denn heute noch Nachrichten? Nachrichten bekommt man irgendwie mit. Nachrichten sind überall.

So habe ich das zumindest die meiste Zeit auch gehalten. Die Woche über durch verschiedene Nachrichtenströme tauchen, sich einmal die Woche das Geschehen in einem Podcast zusammenfassen lassen und so lala informiert sein.

Urlaubsrituale retten

taz am Wochenende

Dann kam unser letzter Urlaub. Kennt ihr das, wenn der Urlaub lang genug ist, dass man bereits anfängt, sich eigene Urlaubsrituale zu suchen? Unseres war es, morgens im Bett beim ersten Kaffee und Tee Nachrichten zu lesen. Es war die Hochphase der Brexitverhandlungen. Dementsprechend passierte jeden Tag eine neue Verwerfung, scheiterte irgendeinen Abstimmung. Man zitterte mit und entspannte zugleich. So hatte man das Gefühl, auf einer kleinen Insel mitten im Atlantik Teil der Weltpolitik zu sein. Schnell habe ich dieses Urlaubsritual lieb gewonnen.

Nun ist das Blöde an diesen Urlaubsritualen, dass sie sich schlecht in den Arbeitsalltag übertragen lassen. Ständig möchte irgendein Arbeitgeber, dass man rechtzeitig irgendwo ist. Zeit, um morgens in Ruhe Kaffee zu trinken und Zeitung zu lesen, bleibt da nicht. Außer am Wochenende. Wochenende – der Urlaub des kleinen Mannes. Und tatsächlich habe ich es geschafft, dieses Ritual aus dem Urlaub ins Wochenende rüberzuretten.

So sitze ich Samstag- und Sonntagmorgens im Bett mit einer Zeitung oder Nachrichtenapp der taz – und einer Tasse Kaffee. Meistens freue ich mich schon am Abend vorher auf diese Zeit. Wenn die Nacht vorbei ist, aber der Tag noch nicht ganz angefangen hat.

Nicht jedes Wochenende ist Brexit

Nun ist zum Glück nicht jedes Wochenende Brexit. Dementsprechend brauche ich nicht die aktuellen Nachrichten, sondern eine Zusammenfassung. Unter der Woche bekommt man bereits allerlei Fetzen und Entwicklungsschritte mit. Anstatt dann Nachrichten hinterher zu hecheln kann man sich nun die Zeit nehmen, die größeren Zusammenhänge zu verstehen.

Und so verkündet die „taz – am Wochenende“ eben nicht nur den Rücktritt der britischen Premierministerin Theresa May, sondern der Autor Dominic Johnson erläutert ihr Vermächtnis eines Scherbenhaufens, als den sie das Land übergibt. Und eine Doppelseite weiter gibt es einen Ausblick, der es so nie in die Nachrichtenspalten schafft: Ein Ausblick von Viktoria Morsch nach Portugal, wo es die linke Regierung geschafft hat eine Wirtschaftskrise abzuwenden – in dem sie sich gegen den Sparkurs von Brüssel entschieden haben. Wegen dieser und anderer Texte freue ich mich auf meinen Kaffe und die ausgeruhten Analysen einer Wochenzeitung.

Das Konzept „Wochenzeitung“ hat mir schon immer eingeleuchtet. Themen in ihrer Tiefe erfassen und sich auf die Diskussionen der nächsten Woche vorbereiten. Oder gleich schon mit dem Partner diskutieren. Und so habe ich von meinem Bett aus das Gefühl, Teil der Weltpolitik zu sein.

taz am Wochenende

Das Konzept „Wochenzeitung“ hat sich mir schon immer erschlossen

Die taz am Wochenende kann man gerade für 10 Euro 10 Wochen lang testen. Und wer nicht erst aufstehen und zum Briefkasten gehen will, kann sich das Ganze natürlich auch über die App auf sein iPad oder Smartphone holen.

Welche Themen kommen dir im Alltag zu kurz oder was hättest Du gerne mal verständlich zusammengefasst?

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Medien Video Zeitung

John Oliver: Printjournalismus ist noch immer das Fundament des Journalismus

John Oliver hat sich mal wieder der Medienbranche selbst angenommen und den miserablen Status, in dem sich der Journalismus befindet, auf epischen 19 Minuten ausgebreitet. Natürlich taucht er darin nicht ganz so tief ab, aber er zeigt deutlich das Dilemma.

Ohne Printjournalismus hätte CNN wenig zu erzählen

Ausgerechnet den ewig totgesagten Printjournalismus hat John Oliver in seinem Segment als Fundament des Journalismus ausgemacht. Schließlich kümmern sich nur Printjournalisten in ihrer mühsamen Kleinarbeit um die viele Lokalpolitik, die örtlichen Skandale in mittelgroßen Städten.

„Da ist kein Ruhm drin in dieser Art von Journalismus“, wird David Simon, Ex-Journalist der Baltimore Sun und Autor der Serie „The Wire“ zitiert. Aber ohne diese Art des Journalismus werden die nächsten Jahre eine Freude für korrupte Politiker und Unternehmer sein.

Die nächsten Jahre werden eine Freude für korrupte Politiker

Schuld ist natürlich das Internet – und das fehlende Geschäftsmodell darin für Journalismus. Lesern dieses Blogs muss ich das Grundproblem wohl kaum näher erklären, aber auch in John Olivers Stück wird deutlich, mit wie wenig Strategie und wie viel Augenwischerei Verlage sich ins Netz stürzen. Die fehlenden Erlöse im Netz machen den Journalismus anfällig. Anfällig dafür, sich keine ausgiebige Recherche mehr zu leisten, anfällig für Einflussnahme durch Verleger, Unternehmen und Eigentümer. Anfällig für Klickoptimierung und Clickbait.

John Olivers Aufruf: Bezahlt für Journalismus!

Wenn gleich John Olivers Strategieanalyse etwas oberflächlich bleibt – es ist ja immer noch eine TV-Show – so eindeutig ist sein Aufruf: Bezahlt für guten Journalismus und gebt Geld aus, ansonsten bezahlt ihr an anderer Stelle für die Folgen fehlender Aufklärung. Und er macht nochmal deutlich, dass seine Show für ihn kein Journalismus ist. Auch er verlässt sich größtenteils auf die Recherche lokaler Zeitungen für seine Sendung. Ohne Journalismus also auch kein John Oliver.

Journalistenthriller in Zeiten des Clickbait

Natürlich gibt es am Ende auch noch einen Trailer für „Stoplight“, einen Journalistenthriller in Zeiten des Clickbait. Also im Prinzip genau das, was wir uns in unserem Artikel zu Spotlight gewünscht haben

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Medien morgenlinks Zeitung

Innovation bei New York Times, FAZ & Krautreporter

Schirrmacher: “Wir müssen verhandeln, welchen Wert Qualitätsjournalismus hat”

(Jürgen Scharrer, Horizont.net)
Hochspannendes Interview mit FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher: Über seine Zeitung, die Debatte um Google und das die Medienbranche nur die Vorhut ist, der Branchen die intensiv die Digitalisierung durchlebt. Er darf zwar immer wieder Qualitätsjournalismus sagen, ohne das jemand fragt, was das heißt, aber sehr lesenswert.

The Full New York Times Innovation Report

(scribd.com)
Ausgerechnet BuzzFeed leakte den interne n Innovation Report der NYT, den viele als schon fast historisches Dokument betrachten. Ebenfalls sehr lesenswert. Darin kam heraus, dass auch die New York Time, die fast schon als digitales Vorzeigekind in der Branche gilt, noch diverse Grabenkämpfe zwischen Print und Online ausfechtet. Thomas Knüwer hat auf deutsch nochmal die wichtigsten Erkenntnisse herausgeschrieben.

Krautreporter

(Sebastian Esser et al., krautreporter.de)
Die Krautreporter versuchen innerhalb von 30 Tagen 900.000 Euro für ein neues Onlinemagazin zu sammeln, der bisherige Onlinejournalismus ist nämlich kaputt, sagen sie. Man kann zwar viel an dem Projekt kritisieren, wie den geringen Frauenanteil, aber ich freue mich das mal jemand was macht. Und hoffe, dass die Jungs es schaffen, schließlich setzen sie viel von dem um, was ich in den letzten Jahren gepredigt habe, dass man mal machen müsste.

Das war die nächste Ausgabe der morgenlinks, wenn ihr sie das nächste mal nicht verpassen wollt:

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morgenlinks Zeitung

Was läuft falsch bei den Zeitungen? | morgenlinks

 

What was wrong with newspapers in 1965?

(Jim Reomenesko, jimreomensko.com)
Die Kritik an Zeitungen und der Eindruck, dass da was falsch läuft ist älter als das Internet. In 1965 hat Newsweek schon gefragt: „What’s wrong with newspapers?“ und interessanterweise sind die Kritikpunkte von damals beinahe dieselben wie heute: Zu langsame Adaption von neuen Technologien, schlechte Bezahlung der Journalisten und eine lieblose Zusammenstellung.

 

Algorithmic generated Guardian Newspaper

(Rene Walter, Nerdcore)
Tatsächlich lieblos ist dabei die Zusammenstellung eines neuen Projektes des Guardian. Diese übernehmen nämlich Roboter, beziehungsweise Algorithmen. „The Long Good Read“ heißt die daraus entstehende Gratiszeitung, die wöchentlich die besten und beliebtesten Texte zusammenfasst. Ist das die Zukunft?

 

Im Bett mit Embed

(Jörgen Camrath, joca.me)
Artikel von Zeitungen genauso einbinden, wie YouTube-Videos oder Tweets. Wie das aussehen könnte hat sich Jörgen Camrath mal überlegt. Ich finde es sicher nicht für alles passend, aber würde uns in Deutschand mit dem Leistungsschutzrecht in Kraft vermutlich helfen.

 

Die letzet Ausgabe der morgenliunks vor Weihnachten, wie es aussieht. Wenn ihr aber im neuen Jahr dabei sein wollt, wenn es um die Zukunft der Medien und des Internet geht, dann abonniert am Besten den Newsletter:

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Der Streit beim SPIEGEL in animierten GIFs

Es gibt heftigen Zoff beim SPIEGEL, der neue Chefredakteur Wolfgang Büchner hatte sich den BILD-Vize Nikolaus Blome als seinen Stellvertreter gewünscht, damit sind die Mitarbeiter aber gar nicht einverstanden. Ich habe mir mal überlegt, wie das Ganze in GIFs aussehen könnte.

Die SPIEGEL-Redakteure auf die Ankündigung das Blome neuer stellvertretender Chefredakteur werden soll

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Schließlich galt eine solche Berufung bis vor kurzem noch als Satire.

Auch Franziksa Augstein war von dem Vorschlag nicht begeistert.

tumblr_mkjtaxXFNh1s9fy0go1_500Ihr Bruder Jakob Augstein hat hingegen ein gutes Verhältnis zu Nikolaus Blome, schließlich haben die beiden gemeinsam ein TV-Format.

So stellt sich Franziska Augstein Blome beim SPIEGEL vor

mrfoxchicken„Einen Mann von der Bild-Zeitung, die die NSA-Affäre heruntergespielt hat, zum stellvertretenden Chefredakteur des Spiegels zu machen, der sich in der Aufklärung ebendieser Affäre profiliert hat, halte ich für indiskutabel“, sagte Franziska Augstein der taz. Damit hole man „den Fuchs in den Hühnerstall“.

Am Montag gab es schließlich eine ausserordentliche Redaktionskonferenz.

Die Ressortleiter verlasen in der Redaktionskonferenz eine Erklärung

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Die Redaktionskonferenz wurde durch eine Unterschriftensammlung der Mitarbeiter einberufen. In ihrem Statement ließen die Ressortleiter Kritik anklingen: „Seine Ernennung verstoße gegen bestehende Verfahrensregeln des Hauses und schade seiner ‚Kultur‘.“

Nikolaus Blome will zum SPIEGEL

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Ein warmes Willkommen sieht anders aus. Wobei bis heute nicht klar ist, ob die Ernennung des stellvertretenden Chefredakteurs nach Redaktionsstatut auch zustimmungspflichtig ist.

Die Spiegel-Redaktion zu Blome

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Die  fünf Vertreter der Mitarbeiter KG des SPIEGEL haben bereits einstimmig beschlossen, Blome als Vize abzulehnen.

Wa der SPIEGEL nicht ist

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Ein SPIEGEL-Redakteur wird sogar zitiert mit: „Der “Spiegel” ist doch keine Reha-Anstalt für verdorbene Journalisten“.

Die Alt-Redakteure zu Büchner

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Das Ganze ist ein Symbol für einen Machtkampf zwischen dem neuen Chefredakteur Wolfgang Büchner und den Mitarbeitern des Spiegel. Diese halten in der Mitarbeiter KG über 50% der Anteile am Spiegel.

Wie Büchner die Redaktionskonferenz verließ

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Kann man sich dann nur so vorstellen.

Man ist also weiter auf der Suche nach einem Kompromiss. Eventuell wird Blome nur Chef des Berliner Büros, wobei Büchner argumentiert, dass er seinen Stellvertreter doch gerne selbst auswählen würde.

Währenddessen die Branche

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spopcornUnd deshalb habe ich auch spontan das Tumblr-Blog SPIEGEL Popcorn ins Leben gerufen, dessen Essenz ich hier in diesem Post noch einmal zusammengefasst habe.
Dort gibt es noch mehr GIFs dazu und man darf gerne weitere Vorschläge einreichen.

 

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Washington Post & Amazon – Gibt es da Synergien?

Können amazon und die Washington Post voneinander profitieren? Nun muss man zunächst einmal festhalten, dass nicht amazon, sondern Jeff Bezos als Privatmann die Post eingekauft hat. Das heißt, sie wird nicht direkt Teil des Unternehmens. Dennoch ist natürlich denkbar, dass sich zahlreiche Kooperationen ergeben könnten und die Fantasie dazu sprudelt auch schon auf allen Seiten. Einen der, wie ich finde spannenden Punkte spricht Karsten Lohmeyer mit einem Mikrobezahlsystem an, dass über amazon funktionieren könnte und das so im Journalismus noch fehlt:

4. Ein etabliertes und einfaches Mikropayment-Bezahlsystem
Nichts ist einfacher, als bei Amazon zu bezahlen. Mit dem 1-Click-Kauf ist es passiert. Millionen potentieller Leser haben bereits ihre Kreditkartendaten oder Konto-Informationen hinterlegt. Ein Bezahlsystem wie geschaffen für die digitale Distribution von Medieninhalten ich will sie jetzt nicht Tageszeitungen nennen. Vor allem aber ein Bezahlsystem, das sich ganz hervorragend für das so genannte Mikro-Payment eignet. Endlich wäre es möglich, wie so oft gefordert, nicht mehr den ganzen dicken Berg an Papier kaufen zu müssen, den eine Tageszeitung darstellt, sondern eben nur den einen Artikel, der mich interessiert. Klick, schon habe ich ihn gekauft, für ein paar Cents vielleicht – die sich zu Millionen summieren können. Dann der nächste Artikel, wieder ein Klick. Und dann kommt das Empfehlungssystem von Amazon und schlägt mir schon wieder den nächsten Artikel vor, der mich interessieren könnte. Oder ein passendes, weiterführendes eBook… Oder ein Produkt über das in dem Artikel geschrieben wurde… oder … oder … oder

Henry Blodget analysiert das Investitionsverhalten von Bezos. Er ist befähigt etwas dazu zu sagen, schließlich ist er vom Business Insider, einem weiteren Medien-Unternehmen, in das Bezos investiert hat.

He doesn’t necessarily make these investments for the money. Or bragging rights. Or strategic synergies.

Bezos hat bislang Durchhaltevermögen und Langfristigkeit bei seinen Unternehmungen erkennen lassen. Aber auch Blodget kommt nicht umhin, mögliche Kooperationen zu sehen. Mal zwei Ideen herausgegriffen:

3. „News“ is the digital equivalent of a high-traffic intersection: As people pass through to consume information they might also stop to do some shopping. Content and commerce companies have long dabbled with combining the two experiences, but no one has really nailed it. Given Amazon’s expertise in affiliate marketing and advertising, it’s not hard to imagine that the Washington Post could quickly become a laboratory for the next generation of integrated content and commerce.

4. Amazon is getting into the local physical delivery business–a business that the Washington Post is already in. Could stuff ordered from Amazon be delivered with your morning newspaper? Why not? And your daily newspaper–or parts of it–could certainly be delivered in a box with your Amazon stuff.

Jeff Jarvis hofft vor allem, dass Bezos die Pfiling Skills von amazon mitbringt, um den Journalismus wieder relevanter zu gestalten:

I have been arguing with newspapers lately that they must gather small data about their individual users — where they live, where they work, what their key interests are — so they can serve people with greater relevance and value. I hope that skill — building profiles and using them to improve relevance — is the first that Bezos brings to the Post.

Und ganz am Schluss noch eine Bemerkung beim Business Insider zum Kaufpreis der Washington Post:

Bezos is buying the Post for 0.5X revenue, or 2.5X digital revenue if you treat the print business as worthless.

Man könnte jetzt an dieser Stelle noch eine der zahlreichen Analogien zum Springer-Funke Deal ziehen inwieweit 250 Mio. $ für die Washington Post mit 950 Mio Euro für ein Portfolio aus Regionalzeitungen und Zeitschriften ist, entscheidend ist aber der Verweis auf die digitalen Einkünfte. Diese steigen bei der Post. Beim ehemaligen Springer-Portfolio sehe ich da wenig Ansätze, wohl auch der Grund, weshalb Springer sie auf dem Weg zum Digitalunternehmen abgestoßen hat.

Ich habe diesen Artikel zunächst bei micropayme.de veröffentlich, wo ich noch detaillierter und etwas nachrichtenlastiger über die Geschäftsentwicklung im Medienbereich schreibe. Dachte mir aber, dass das aktuell auch gut hierher passt. Wer einmal die Woche Nachrichten zum Medienwandel und Netzkultur kompakt in den Mails haben will, abonniert den morgenlinks-Newsletter.

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The Magazine – Vom iOS-Programmierer zum Chefredakteur

Marco Arment hat schon viel gemacht: Er war Mitgründer der Bloggingplattform tumblr. Dort stieg er 2010 aus um sich Vollzeit um seine erfolgreiche iOS-App Instapaper zu kümmern. Nebenher ist er erfolgreicher Blogger, seine Webseite marco.org hat ca. 600.000 Seitenaufrufe im Monat und sein Podcast Build & Analyze ist aktuell auf Platz 4 in der Instacast Hitliste.

Und nun ist er auch noch Chefredakteur eines eigenen Magazins. „The Magazin“ nennt sich das Erzeugnis ganz bescheiden und es erscheint auf iPhone und iPad über den Apple-eigenen Zeitungskiosk. 1,99 € kostet es im monatlichen Abo und erscheint im zwei Wochen Rhythmus. Im Inneren verbirgt sich dann nicht das, was man von all den modernen Magazinen erwartet: Videos, bunte, interaktive Grafiken, aufwändige Animationen… Nein, einfach Text. 4 Artikel, um die 1000 Wörter in schlichtem, schönem Design.

 „Choosing a sperm donor is a little bit like setting up an Xbox avatar.“

Es ist das einzige Magazin, dass ich aktuell auf dem iPhone abonniert habe und für das ich gerne bezahle. Das liegt an dem Gedanken der dahinter steht: „The Magazin“ hat kein wirkliches Thema, sondern richtet sich an Menschen mit einem bestimmten Mindset. „The Magazine goes beyond technology. (…) Rather than be limited to technology, its topics appeal to people who love technology.“, beschreibt Marco Arment selbst im Vorwort den Anspruch. Er möchte Menschen ansprechen, die einen ähnlichen Hintergrund haben wie er und mit ähnlichem Hintergrund an Themen herangehen. Man könnte das die Nerd oder Geek-Herangehensweise nennen. Und obwohl die meisten Autoren bislang aus dem Umfeld der Apple-Blogger kommen, sind die Themen sehr vielfältig.

In der zweiten Ausgabe beispielsweise, die gestern erschienen ist, beschreibt zunächst John Siracusa, wie im Playstation Spiel „Journey“ aus Gamern, die sich bei Call of Duty normalerweise als „Kackn00bs“ beschimpfen, friedliebende, sich unterstützende Mitspieler werden und entwickelt daraus ein Menschenbild, das sich durch die vorhandenen Funktionen manifestiert. Gefolgt wird das Ganze von einem Artikel von Gina Trapani, Programmiererin, in dem sie herzerwärmend beschreibt, wie es war mit ihrer Lebenspartnerin ein Kind zu bekommen. „Choosing a sperm donor is a little bit like setting up an Xbox avatar.“
Der leitende Redaktuer der Macworld Lex Friedmann beschreibt in derselben Ausgabe, wie er sich rasiert. Mit einem Blick fürs Detail, den wohl nur Geeks in dieser Obsession haben.

Zum Chefredakteur wird man nicht mehr befördert, sonden macht es einfach

Man merkt „The Magazin“ an, dass es nicht am Reißbrett einer Marketingabteilung entstanden ist; sondern hier schreiben Menschen über Themen, die sie bewegen für Menschen,von denen sie wissen, dass sie sie verstehen. Keine imaginäre „Oma Else“, die angesprochen werden und alles verstehen muss, sondern ein Magazin für Menschen mit demselben Horizont wie die Autoren. Und obwohl dem Magazin jegliche Kommentarfunktion fehlt kann man mit allen Autoren in Kontakt treten, schließlich sind alle prominente und gut verlinkte Schreiber.

Und während das iPad-only Magazin „The Daily“ von Ruport Murdoch schon wieder massig Leute entlassen hat, hat „The Magazin“ allen Vermutungen nach den Break Eaven bereits erreicht. 10.000 Abonnenten brauchte Marco Arment dafür. Der Unterschied, abgesehen vom andern Erscheinungrhythmus, ist der geringe Überbau den Marco Arment braucht. Während „The Daily“ mit 170 Mitarbeiter gestartet ist und davon ein Drittel wieder entlassen musste ist Marco Arment alleine. Er schreibt lediglich die Autoren an und sammelt die Artikel ein und bezahlt sie, nach eigenen Angaben, gut. Wenn es mit „The Magazine“ weiter bergauf geht denkt er darüber nach einen Lektor einzustellen.

Zum Chefredakteur wird man heute nicht mehr, indem man von einem Verlag dazu befördert wird, sondern dadurch, dass man es macht.

>>„The Magazine“ ist erhältlich imThe Magazine: For geeks like us. - Marco Arment

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Gratis-BILD Unboxing

Einige von Euch haben am Wochende sicherlich auch die Gratis-BILD in ihrem Briefkasten gefunden. Deshalb dachte ich mir, ich mache mal ein kleines How-To, wie man mit dieser berühmt-berüchtigten Zeitung umgeht:

Mehr Kritik & Unboxing:

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Presse-Zitate: Offline hui, Online pfui!

Am Donnerstag war es wieder so weit: PMG hat sein Zitateranking veröffentlicht. Darin wird ermittelt, welches Medium im letzten Quartal am häufigsten zitiert wurde. Jetzt muss man erklären: Obwohl die PMG eine Gesellschaft der Verlage Burda, FAZ, Gruner + Jahr, Springer, dem Süddeutschen Verlag und der Verlagsgruppe Handelsblatt auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) ist, geht es bei dieser Erhebung nicht darum die Zitierenden abzumahnen, nein, im Gegenteil. Während man online befürchten muss eine Rechnung präsentiert zu bekommen, wenn man auf einen spannenden Artikel verweist, ist es offline so, dass sich die jeweiligen Zeitungen darüber freuen erwähnt zu werden und damit brüsten, im Ranking vorne zu stehen.

Es gilt als Prestige bei diesem Ranking möglichst weit oben zu stehen. Ein vielzitiertes Medium ist einflussreich, wichtig und wird von vielen Entscheidern gelesen. Den Werbekunden versucht man das mit höheren Anzeigepreisen zu verkaufen. Es ist sogar so, dass die Medien versuchen, die Anzahl der Zitate in die Höhe zu  treiben: Der SPIEGEL verschickt am Wochenende Vorab-Pressemitteilungen mit den wichtigsten Geschichten der folgenden Montags-Ausgabe. Auch andere Medien machen das, wenn sie exklusive Geschichten haben. Für manche Regionalzeitung ist es das Größte, wenn eine ihrer Meldungen von der dpa übernommen wird. Der SPIEGEL geht noch weiter: Auf seiner letzten Seite im Heft zeigt er stolz, wo seine Geschichten überall aufgegriffen worden sind.

Online gilt hier natürlich anderes: Dafür, dass andere Seiten wenige Zeilen übernehmen, soll ihn Zukunft Geld fließen: Die Verlage fordern ein Leistungsschutzrecht, dass ihnen ermöglicht Google und anderen die Zitation ihrer Berichte in Rechnung zu stellen.

Nun muss man sich mal ansehen, was die Verlage für ein Zitat bislang bekommen: Offline werden sie, wenn einer ihrer Berichte aufgegriffen wird, mit dem Hinweis „, wie das Medium XY berichtete“ in dem anderen Medium belohnt sowie einem höheres Platz in dem einmal im Quartal erscheinenden Zitate-Ranking. Wenn sie Pech haben und die Konkurrenz sie nicht namentlich zitieren möchte steht da aber nur „Medienberichten zu Folge“.

Online bekommen sie im Optimalfall eine Erwähnung und einen Link zu ihrer Originalgeschichte, dadurch mehr Besucher und ein höheres Google-Ranking (was wieder mehr Besucher zur Folge hat). Man darf annehmen, dass die Konversionsrate derjenigen, die auf einen Link in einem Artikel klicken deutlich höher ist, als die derjenigen, die nach einem Bericht in der Süddeutschen, der den Spiegel zitiert, zum Kiosk laufen und sich den Spiegel tatsächlich kaufen.

Ein Onlinezitat bringt somit also deutlich mehr, als die Offline-Erwähnung, vorausgesetzt die Medien würden sich endlich flächendeckend dazu durchringen, die Konkurrenz für spannende, exklusive Berichte zu verlinken.

Es lohnt sich auch noch einmal kurz auf den Inhalt der Zitate einzugehen: Während Google dafür zur Kasse gebeten werden soll, dass sie die Überschrift und die ersten 3 Sätze automatisiert übernehmen, ist es in den Medien oft so, dass versucht wird möglichst alle Details der Geschichte zu übernehmen. Schließlich möchte man seinen Leser ja informieren. Über die daraus mögliche resultierende Art des Geschichten-Umschreibens kann man sicherlich noch gesondert diskutieren. Aber es wird deutlich, dass Google-Zitate, die ein Interesse haben, Leser weiterzuleiten, aus irgendeinem Grund böse sind und die Zitate anderer Presseverlage, die die Leser bei sich halten wollen und möglichst alles übernehmen, aus irgendeinem Grund gut und prestigeträchtig sind. Verkehrte Welt.

Bild: Bestimmte Rechte vorbehalten von Jinx!

 

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WIRED – Die interaktive Blattkritik

Heute ist es soweit: Thomas Knüwer betätigt sich als moderner Martin Luther hervor und übersetzt die amerikanische Nerd-Bibel WIRED endlich ins deutsche. Und zu dieser Premiere haben auch wir eine: Eine interaktive Blattkritik!
Ich habe mir das Heft angesehen und ihr könnt mitbestimmen, wie ich das Blatt bewerte:

 

(Annotations müsst ihr natürlich anlassen.)

Die Idee mit dem Unboxing habe ich übrigens von Mathias Richel geklaut übernommen.

Weitere Medienreaktionen und Kritiken:

Wenn euch das Video gefallen hat, freue ich mich natürlich, wenn ihr es weiterverteilt, der ein oder andere vielleicht auf den Flattr-Button klickt oder mir in den Kommentaren sagt, was besser sein könnte.