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Morgenlinks mit Spekulanten, Bespaßungjournalismus & Humor gegen Guttenberg

In den Morgenlinks sammeln wir spannende, interessante & bemerkenswerte oder besonders gute Artikel, Links und Videos. Gerne auch mal etwas länger, gerne etwas über den Tellerrand hinaus, eben um perfekten Lesestoff für den Sonntag zu haben (Gute, diese Woche etwas zu späte dafür, sorry). Diese Woche mit:

Humor als letzter Versuch ernster politischer Diskussion
(Sozialtheoristen.de, Stefan Schulz)
Humor als Steigerung der Auseinandersetzung, wie man es am Wochenende bei den „Pro“-Guttenberg-Demonstrationen beobachten konnte und Alternative zu Politikverdrossenheit.

Ist Bild die rechtspopulistische Partei, die wir nicht haben?
(printwuergt.de, Michalis Pantelouris)
Pantelouris über die Grundsätze der Demokratie und die Rolle der Bild. „Um tatsächlich eine parteiähnliche Rolle zu spielen, braucht es mehr als nur Rechthaberei. Eine Meinung hat jeder, aber eine gemeinsame Haltung zu finden braucht Arbeit.“

Pawel Kuczynski’s Satirical Art
(englishrussia.com)
Ganz hervorragende Kunst mit hintergründigen Verbindungen und Botschaften. (via @ChrisStoecker)

Benzin und Öl: Angst regiert den Markt
(blog.rheinzeitung.de, Joachim Türk)
Durch die Auseinandersetzungen in Lybien steigen die Benzinpreise, heißt es. Dabei sind hauptverantwortlich immer noch die Spekulanten und nicht Gaddafi.

Online schlägt Print
(taz.de, Reinhard Wolff)
Nachdem wir letzte Woche das Beispiel eine norwegischen Zeitung hatten, die Dank Internetverzicht immer mehr Leser gewinnt, diese Woche eine schwedische Zeitung die Online mehr verdient als mit Print.

Instantprominente allüberall
(jungewelt.de)
Interview mit Tom Schimmek über Instantprominente und Bespaßungjournalismus. „Bespaßungsjournalismus ist einfach billiger. Sie können mit diesen Prominenten-Schwadronen Medien quasi kostenneutral füllen.“

Eine Person in Fußnoten
(faz.net, Marcus Jauer)
Die FAZ dokumentiert die Entstehung von KT zu Guttenbergs öffentlichem Bild. Allein in Fußnoten. „Das öffentliche Bild von Karl-Theodor zu Guttenberg ist kein Plagiat. Es ist eine Eigenleistung der Presse und entstand in mühevoller Kleinarbeit. Die Vorwürfe, dabei sei bewusst getäuscht worden, sind abstrus.“

Korrumpiert Facebook mit seinem Like-Button das Netz?
(zeit.de, Christiane Schulzki-Haddouti)
Facebook greift mit dem Like.Button um sich und damit das freie Netz an.
„Für die Informationsbeschaffung könnte sich der Like-Button schlimmer als sämtliche Zensurversuche herausstellen“

Bild: CC-2.0 by distopiandreamgirl

Wer nicht immer bis Sonntag auf spannende Links warten möchte, der folgt @morgenlinks auf Twitter oder “Liked” uns auf Facebook und erhält dann die Links immer direkt, wenn wir sie entdecken. Auf diesem Wege sind wir auch gerne für Hinweise offen, ebenso über Kommentare, Mail oder andere Wege.

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Politik

Guttenberg geht, ohne zu verstehen warum

Nun also doch: Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg schreibt nach seiner Doktoarbeit nun auch den Ministertitel ab. Und während alle darüber diskutieren, ob nun das Internet persönlich den adeligen Verteidigungsminister vom Thron geschubst hat, wundere ich mich über eine kleine Passage in seiner Abtrittsrede:

Ich gehe nicht alleine wegen meiner so fehlerhaften Doktorarbeit, wiewohl ich verstehe, dass dies für große Teile der Wissenschaft ein Anlass wäre.

Der Grund liegt im besonderen in der Frage, ob ich den höchsten Ansprüchen, die ich selbst an meine Verantwortung anlege, noch nachkommen kann.

Ich hab den Adelstitel von Herrn vuz Guttenberg nie sonderliche Aufmerksamkeit beigemessen. Was wahrscheinlich daran liegt, dass meine Adelskenntnisse ungefähr folgendes Umfassen: Einer hat mal an den Expo-Pavillon gepinkelt, in England gibt’s ne Queen, die trägt Hut, Prinz William heiratet bald, Harry ging an Fasching als SS-Mann, Lady Di died. Mehr weiß ich nicht und daran vermögen auch unregelmäßige Arztbesuche nie etwas zu ändern, denn Dank iPhone kann man ja auch dort lieber seinen RSS-Reader durchstöbern, als sich der Neuen Post zu widmen.

Deshalb konnte ich auch mit Verhaltenserklärungen die zu Googlebergs Abstammung zu Rate ziehen bislang wenig anfangen, aber eben obiges Zitat weckt in mir die Frage: Hat er das Volk jemals als Souverän anerkannt?

Er geht nicht wegen der fehlerhaften Doktorarbeit, sondern seinen eigenen Ansprüchen? Das Volk hat doch, zumindest in weiten Teilen, seinen Rücktritt gefordert und sicher nicht er selbst. Welche Ansprüche sollen das gewesen sein?

Er sagt, dass die Berichterstattung über seine Person, die über den Tod von Soldaten überschattet hat. Merkt aber selbst an, dass er zu dieser enormen Berichterstattung über seine Person „selbst viel beigetragen habe“.

Und dann dieser perfide Konjunktiv, dass es „für große Teile der Wissenschaft ein Anlass wäre“. Anscheinend hat Guttenberg immer noch nicht verstanden, worum es bei den „Schummeleien“ in einer Doktorarbeit geht. Dieser Aspekt ist auch in der öffentlichen Diskussion zu kurz gekommen. Eine Doktorarbeit ist kein Selbstzweck, es geht beim Schreiben eben nicht wie in Adelskreisen um den Titel, sondern das Ziel einer Doktorarbeit sollte es sein die Wissenschaft und damit die Gesellschaft weiter bringen zu wollen. Das kann auch nur gelingen mit korrekter Zitation. Auch diese ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu Fehler, die sich im Wissenschaftsbetrieb einschleichen können, finden und in ihrer ursprünglichen Quelle ausmachen zu können.

Vielleicht macht er sich ja bis zu seinem Comeback nicht nur Gedanken über seine Ansprüche an sich selbst, sondern, sollte er sich noch einmal in wissenschaftliche Gefielde wagen, welche diese an einen Doktoranden stellt und mit welchem Gedanken, sowie welche Ansprüche die Gesellschaft an einen Minister stellt, dem sie ihre Stimme anvertraut. Diese haben nichts mit Titeln zu tun, ob nun adeliger oder wissenschaftlicher Natur, sondern dem Vertrauen, würdig vertreten zu werden.

Vielleicht kann er dann das Volk als Souverän akzeptieren und verabschiedet sich von seinem Selbstbild als adeligem Heeresführer.

Bild: CC 2.0 von Bundeswehr-Fotos

P.S.: Gerade kommt noch die Meldung rein, dass die SZ angeblich Morgen den Namen des Ghostwriters veröffentlichen wird. Dieser soll schon eine Weile unter den Hauptstadtjournalisten kursieren. Ist dem so und Guttenberg wusste davon (wovon auszugehen ist, schließlich sollte er den Namen seines Ghostwriters wenigstens kennen), macht dies seinen Rückzug, bzw. deren Gründe noch erbärmlicher. Dann zieht er nämlich lediglich jetzt die Reißleine, um noch einen winzigen Funken Achtung und Respekt zu bekommen, bevor Morgen das ganze Kartenschloss zusammenbricht.

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Politik

So wäre Guttenberg glaubwürdig geblieben

Hätte er doch einfach etwas in die Richtung gesagt:

Ja, die Vorwürfe stimmen. Ich habe getäuscht, plagiiert und abgeschrieben. Und das war ein großer Fehler. Ich war in einer Situation, in der ich mir das Scheitern nicht eingestehen konnte, zu groß war die Angst davor. Meine familiäre und berufliche Situation ließen keine wissenschaftliche Arbeit zu. Ich bin an der Quadratur des Kreises gescheitert und habe mich unter diesem Druck zu dem dummen Entschluss durchgerungen, die Arbeit unter allen Umständen abzugeben. Ich wollte es mir beweisen.

Das war falsch. Ich habe jahrelang unter der Lüge gelitten. Deswegen bin ich froh, den Titel zurückgeben zu können – ich habe ihn mir nicht verdient. Was ich gemacht habe, sollte niemand machen können – ein Doktortitel muss verdient sein. Ich setze mich persönlich für dieses Ziel ein: Wir müssen und werden Standards finden und an den Universitäten zu etablieren, die das Täuschen unmöglich machen und die wissenschaftliche Integrität gewährleisten.

Ich bin froh von der Last der Lüge befreit worden zu sein. Ich bitte alle Menschen, die ich getäuscht habe, um Entschuldigung.

Wäre er einfach ehrlich gewesen. Stattdessen lavierte er auch heute im Bundestag weiter herum, um möglichst kein Fehler eingestehen zu müssen. Stand nicht Guttenberg am Anfang für eine Ehrlichkeit in der Politik? Warum haben Politiker Angst Fehler einzugestehen, selbst dann wenn sie bereits allen offensichtlich sind? Mit einem Geständnis erreicht man glaube ich nicht nur vor Gericht eine Strafmilderung, sondern vielleicht auch vor der öffentliche Meinung und man nimmt auch dem Gegner den Wind aus den Segeln. Es heisst nicht umsonst Ehrlichkeit sei entwaffnend. Aber damit ist man beim Verteidigungsminister wohl an der falschen Adresse.

Bild zeigt einen unglaublich glaubwürdigen zu Guttenberg vorm Bundeswehr-Jet.
Unter CC 2.0 von Bundeswehr-Fotos

Der Entwurf der Guttenbergrede stammt von Marcus Ewald und Jan Lüken. Ich fand ihn über Facebook, vorher gefragt und mit dieser Fußnote das Zitat belegt.

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Protest11.org – Give voice to the protesters

Gestern und heute waren Pell und ich und einige andere Unterstützer damit beschäftigt protest11.org ins Leben zu rufen. Eine Seite, die es sich zur Aufgabe macht, den demonstrierenden Menschen in der Arabischen Welt und darüber hinaus Gehör zu verschaffen. Auf der Seite könnten Protestierende aus Lybien, Bahrain, dem Jemen, Iran, Jordanien und China Bilder, Videos und Audios hochzuladen und so der Welt zugänglich zu machen. Wichtig wird die Seite vor allem vor dem Hintergrund, dass Youtube, Twitter & Co. oft als erstes den Internetsperren der jeweiligen Dispoten zum Opfer fallen. Deshalb ist protest11.org eine Alternative und soll zugleich Quellmaterial von den verschiedenen Protestherden bilden und so auf einer Seite einen Überblick aus erster Hand bieten.

Damit die Welt weiter sieht und hinschauen muss, wenn Demonstranten auf offener Straße erschossen werden, damit die Welt die Rufe nach Freiheit und Demokratie hört!

Realisiert wurde das ganze zusammen mit voltairehosting.com, die bereits mit dem jan25voices-Projekt Ägypten in den Protesten unterstützten. Mit Erfolg, wie die Geschichte gezeigt hat.

Dennoch befindet sich die Seite noch im Aufbau ((Eine Marathonnacht liegt hinter uns)) und wir brauchen noch viel Unterstützung. Wenn ihr helfen wollt: Verbreitet die Adresse, liket auf Facebook, folgt auf Twitter und falls ihr noch ein paar Cent zu viel habt freuen wir uns über eine Spende, die uns hilft Serverkapazität auf- und auszubauen.

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Robert Rodriguez, Kanye West, Bruce Willis & Kobe Bryant „The Black Mamba“

Ist es okay einem Werbevideo zu Viralität zu verhelfen? Wenn Robert Rodriguez es produziert, Bruce Willis, Kanye West, Danny Trejo und Kanye West mitspielen und darin herrrlich ironisch mit Product Placement umgegangen wird: Ja.

In diesem Nike-Spot  Kurzfilm planen Robert Rodriguez einen Film mit Kobe Bryant als „Black Mamba“ und natürlich geht es dabei vor allem um Schuhe mit Häkchen.


[DirektMamba Youtube]

Bild: Nikebasketball.com

Zuerst dachte ich es handele sich um einen weiteren Fake-Trailer aus dem Hause Rodriguez, aber der Film wurde pünktlich für das NBA Allstargame produziert.

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Lolita & Jungfrau zugleich – Das Frauenideal der Werbung

Werbung ist mehr als Kommerzanreiz und Kaubstimulus, Werbung zeichnet immer auch ein Gesellschaftsbild. Werbung versucht ist unsere Wünsche zu formulieren, uns  auf zu zeigen, was wir wollen. Gleichzeitig ist dies aber ein wechselseitiger Prozess: Einerseits greift Werbung unsere Wünsche auf, gleichzeitig oktroyiert es uns Wünsche und Vorstellungen, die es selbst erfindet.

Auch ist Werbung immer ein hervorragender Indikator dafür, was gesellschaftlich breit akzeptiert wird. Und wir akzeptieren viel von der Werbung, gerade was das Bild der Frau angeht. Denn Sex sells und zwar alles. Ob Tütensuppen oder Autoreifen mit wohlgeformte Brüste werben dafür. Aber es geht noch weiter ein unerreichbares Schönheitsideal von Magermodels, einer unvereinbaren Ideal aus Lolita und Jungfrau wird schon den jüngsten nahegelegt.

Jean Kilbourne beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Bild der Frau in der Werbung. Ihre Dokumentation „Killing Us softly“ ist mit unzähligen Preisen überhäuft worden und ist nun in einer aktualisierten 4. Version erschienen.


Killing Us Softly 4 on Vimeo.

In einem Punkt stimme ich ihr nicht zu: Den geringeren Effekt auf Männer. Selbstverständlich kommen die Männer noch besser weg und werden lange nicht so reduziert wie Frauen, aber zunehmend wird auch hier ein Mannsbild erschaffen, dass immer mehr unter Druck setzt. Sixpack habe und nie Schwäche zeigen, sind Werte die nahgelegt werden und denen immer mehr Männer nachstreben und dabei ebenso scheitern müssen, wie das weibliche Geschlecht an biologisch unmöglichen Körpermassen. Hier sind die Anfänge dessen zu sehen, was die Frau in der Werbung schon erreicht hat.

Das Bild zeigt eine alte Werbeanzeige, die noch eindeutig ausspricht, was mann von der Frau erwartet. Unter CC 2.0 Lizenz von Colleen Lane

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Porno trifft Alltag

Porno ist Mainstream, Porno ist Alltag, Porno ist Popkultur. Ja, Porno ist allgegenwärtig geworden, frei- und jederzeit verfügbar. Auch ist er raus aus seiner Schmuddelecke gekommen rein ins Gespräch, Zitate wie „Warum liegt hier eigentlich Stroh?“ sind jedem bekannt und zum Running Gag geworden. Posen und Rollenbilder aus Pronofilmen finden Eingang in die Werbung. Welche Auswirkungen das auf unseren Sex hat? Die Wissenschaftler streiten. Schneller ist das die Kunst. Sandra Torralba hat in ihrer Fotostrecke „Estranged Sex“ dargestellt was passiert, wenn all diese Sexspielzeuge, Posen und Fantasien tatsächlich in den Alltag einziehen. In die langweiligen Wohnzimmer und in die zu kleingewordenen Kinderzimmer. Und wie allgegenwärtig sie dort andereseits schon sind.

Ratlos sitzen die Teenager da auf dem Bett mit einem viel zu großen Stück Gemüse in der Hand und einer Tonne Gleitgel daneben und desillusioniert schaut die andere Frau umringt von all den nackten Männern. Vorbei mit Hochglanz.

Die Diashow kann man sich hier angucken.
Es sei vorgewarnt, es geht um Pornografie, entsprechend ist einiges, was man da sieht erst ab 18.

[via KFMW]

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Anruf aus Ägypten

Nachdem das Internet in Ägypten noch immer gekappt ist und auch AlJazeera in seiner Berichterstattung eingeschränkt wurde, wird es schwieriger. So wohl an aktuelle Informationen zu kommen, als auch für die Ägypter sich untereinander zu vernetzen und sich Gehör zu verschaffen. Was noch funktioniert ist das Telefonnetz, wohl auch Datenverbindungen darüber, wie Richard Gutjahr berichtet. Und genau auf das Telefonnetz bauen jetzt einige auf.

Einmal gibt es das Projekt Jan25Voices. Hier werden Telefonate mit Ägyptern vor Ort aufgezeichnet und anschließend veröffentlicht, selbstverständlich auch über Twitter.

Ähnliches versuchen auch Google und Twitter. Unter Speak2Tweet hat Google schon den ersten Einsatz für den neu aufgekauften Dienst „SayNow“ gefunden. Ägypter können eine Mailbox anrufen, dort ihre Nachricht hinterlassen und  diese wird dann mit dem Hashtag #jan25 getwittert.

Andere Aktivisten, rund um das Peng und die Piratenpartei versuchen ausserdem, den Ägypten wieder richtigen Netzzugang zu verschaffen. Auch hier über Telefonleitung, die allerdings an einem Modem hängen und so den abgeklemmten Ägyptern wieder Zugang zum Netz verschaffen wollen. Das Projekt befindet sich noch im Aufbau und die Telefonummern sollen dann den Ägptern zugänglich gemacht werden, damit diese wenigstens wieder mit Modemgeschwindigkeit das gesamte Netz nutzen können.

Update: Um das aufrecht zu erhalten und weiter auszubauen wird noch um Spenden gebeten. Das Spendenkonto für die Modemaktion:

PENG – Gesellschaft zur Förderung von Design, Kunst und Kommunikation e.V.
Kontonummer: 678430018
Mainzer Volksbank
BLZ 551 900 00

Hoffen wir das das Telefonnetz stabil bleibt und die ägyptische Regierung nicht auch hier nach und nach Nummern sperrt. Google beispielsweise kämpft schon mit Nummern, die nicht mehr erreichbar sind. ((Ob das an Ägypten liegt oder an technischen Problemen, weiß ich nicht.))

Bild unter CC von Richard Gutjahr.

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Politik

Das Pro-Argument „Dagegen Partei“ [Update]

Als ich auf die Seite www.die-dagegen-partei.de stieß, war zunächst unsicher. Ist das nun ein genialer Schachzug der Grünen das angebliche Image als Blockierer und Verhinderer für sich zu nutzen, oder steckt dahinter eine ausgebuffte Kampagne der politische Gegner? Und es wird einem ja auch nicht ganz einfach gemacht; bei Google erscheint die Seite so:

Die Dagegen-Partei bei Google

Auch die Kampagnenseite an sich erscheint in der namensgebenden Signalfarbe der Partei. Auf einer übersichtlichen Landkarte sieht man, gegen welche lokalen Projekte Bündnis 90/ Die Grünen sich aktuell engagieren. Erst am Fuße dann der Hinweis:

CDU Aktion

Die CDU versucht sich also im „negative campaigning“, und die Schwesterpartei CSU sprang ihr jetzt noch mit einem Video bei:

Für eben dieses hagelt es jetzt Kritik, das Video hat bei 80.000 Views fast 3.000 mag ich nicht kassiert und dabei ist davon auszugehen, das die Meisten dem Video eingebettet auf eine Webseite begegnet sind, wo es diese Abstimmungsmöglichkeit nicht gibt. Gut fanden das Video knapp über 300 Menschen. Doch auch darüber hinaus schlägt das Video Wellen: Die Kommentarfunktion auf den Unionswebseiten werden genutzt. Die meisten lesen sich so: „Peinlich, Niveaulos.“ Die Medien werten das Video ebenfalls zum großen Teil als Verzweiflungstat. Und auch innerhalb der Partei regt sich Kritik. Ortsvorstand Peter Strauch zitiert die sueddeutsche wie folgt:

„So eine Kampagne kann doch nicht Euer ernst sein.“ Als Ortsvorsitzender komme er vor der Presse in Erklärungsnot und müsse sich für so eine Kampagne bei den politischen Gegnern fast schon entschuldigen“. Dann sein Appell: „Bitte stoppt die Kampagne!“

„Negative Campainging“ ist aber auch eine wirklich eine, nun sagen wir „gewagte“ Idee. Nicht umsonst gibt es zahlreiche Studien, die den erhofften Effekt von „negative campaigning anzweifeln oder ganz widerlegen. Oft fällt der negative Effekt nämlich direkt auf den Empfänger zurück. Wählerumfragen belegen, dass gerade in Deutschland die Akzeptanz von Negativkampagnen besonders gering ist.

Dabei hätte man doch lernen können. Der letzte Versuch ist noch gar nicht so lange her, dass war die SPD im Europawahlkampf mit diesem Spot:

Die SPD versuchte die Gegner in den Dreck zu ziehen und scheiterte grandios. 20,8% lautete das Ergebnis der ehemals stolzen Volkspartei. Der Werbemann Bernd M. Michael analysierte hinterher die Kampagne im Interview mit dem Westen und findet klare Worte:

Hat eine Negativ-Kampagne wie diese überhaupt jemals funktioniert?

Michael: So etwas hat noch nie auf der Welt funktioniert. Das Schlechtmachen anderer Leute führt nicht dazu, dass man selbst besser dasteht. Viel besser ist es, wenn Sie ein Vermissen-Erlebnis provozieren, wenn Sie sagen: Aus dem und dem Grund bin ich für Dich viel besser; wenn ich permanent sage, ich kann Dir bieten, was Dir der andere nicht bieten kann. Das ist die zweite große Regel: Rede davon, was der andere Dir nutzt, gib ihm einen Grund, weshalb er mit Dir besser dasteht. Menschen sind alle Ich-bezogen.

Aber steigen wir nochmal hinter das theoretische, hinein in das inhaltliche. Aus welcher Position heraus agrumentiert die Union?

Im August letzten Jahres zeigten sich 81% der Wahlberechtigten nicht zufrieden mit der Arbeit der Koalition aus CDU, CSU & FDP. ((Das bezieht sich auf Bundesebene und aktuell befinden wir uns natürlich in einem Landtagswahlkampf)) Welches Signal ist es da, die andere Partei mit „Dagegen-Partei“ als die wirksame Alternative hinzustellen? In einer Zeit, in der sich viele mit dem momentanen Verlauf unbefriedigt zeigen, bewirbt die Union also den politischen Gegner als wirksame Alternative. Was machen die Grünen? Das einzig Richtige, sie greifen die Argumentation auf und zeigen, warum sie wo gegen sind. Da wird hinterher ein fetter Scheck an die CSU fällig als Dank für die Wahlkampfhilfe und den Verantwortlichen sollte man vielleicht gleich fürs eigene Lager verpflichten.

Netzpoltik.org hat übrigens zu einem Remix des Spots aufgerufen, die ersten Ergebnisse sind schon da Und auch über netzpolitik, habe ich gerade auch noch dieses Video entdeckt: „Inside CDU – Wie der Anti-Grünen Werbespot enntstand“ und ich musste sehr schmunzeln, gerade wegen des hervorragenden Featurings von „Das Leben des Brian“.

Update: Die „heute show“ hat ausserdem noch einen Spot über die CSU gemacht:

Disclosure: Wer sich die Mühe macht, meinen Namen zu googlen wird wahrscheinlich irgendwann auf Hinweise stoßen, dass ich irgendwann einmal Mitglied der GJ Ravensburg war. In der letzten Wahl gehörte meine Stimme dennoch einer anderen Partei.

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Es gibt so viele Themen, aber was soll ich von ihnen halten?

Gestern Nacht sind Pell und ich uns in einem dieser zahlreichen Instant-Messenger über den Weg gelaufen und es gab so viele Themen zu besprechen. Wichtige Themen. Oder sind sie das gar nicht? Was soll man von all diesen Themen halten, die uns tagtäglich umschwirren? Ein Gesprächsauszug:

Pell: Es gibt so viele Themen, zu denen ich sehr energische Meinungen pflege und doch habe ich keines davon so öffentlich verteidigt/attackiert. Vielleicht sollte ich das ändern. Wie geht es Dir damit?

Jannis: Bei mir scheitert es meinst an der Prokrastination oder daran, dass ich denke andere haben das schon besser gesagt oder gar, dass ich mir selbst nicht die Zeit gebe genug nachzudenken, mich in ein Thema ein zu finden. Das sehe ich aber  als Teil dieser schnelllebigen Medienlandschaft: Bevor ich mir zu einem Thema eine umfassende Meinung bilden kann, ist es schon wieder durch.

Dabei sind es letztlich ja diese Leute, die für diese Themen stehen, die sie in die Medien bringen. Man muss wohl idealistisch genug für ein Thema sein. Ich weiß nicht, wie es vor dem Internet war, ob ich auch so sehr prokrastinierte wie heute. Als ich dieses Jahr gesundheitlich eine Zeit lang vom Internet schied, war mein Kopf sehr viel ruhiger und das Denken, das bilden fiel mir einfacher, ich fühlte mich oben wohler, aber die Lücke an Wissen war riesig.

Ja, es ist ein wahnsinniger Konflikt in einem Selbst zwischen alles mitbekommen müssen, dem Gefühl möglichst viel Wissen aufzusaugen und dem wirklich etwas zu begreifen. Auch ich genoß meine Zeit in Indien mit wenig Internetzugang: Ich kam dazu 6 Bücher zu lesen. Wahnsinn. Für mich selbst hat das sicher mehr gebracht, als sich 3 Stunden durch TED Talks zu klicken

Geht es also letztlich nicht so sehr um Wissen, sondern um Anerkennung bzw. sozialen Austausch?

Ja, mit Sicherheit. Man möchte mitreden können. Denn seien wir ehrlich, die meisten alltäglich konsumierten Wissensschnipsel betreffen einen im eigenen, persönlichen Leben überhaupt nicht

Ich habe oft den Eindruck, dass Themen aber gar nicht wirklich in ihrer absoluten Breite behandelt werden wollen, oft weil sie dann zu komplex werden. Mich stört das natürlich, wenn ich über etwas bestimmtes ganz viel zu wissen glaube, gleichzeitig sind meine Meinungen zum Dioxin-Skandal auch dürftig. Vielleicht ist das große Problem, dass jeder glaubt, eine Meinung zu allem haben zu müssen.

Aber nach was für einer Meinung verlangt denn der Dioxin-Skandal überhaupt?

Ist diese Frage nicht der Ausruf vieler Menschen? „Was soll ich hiervon halten?“

Sicherlich, und ich beobachte für mich, dass immer mehr Menschen damit allein gelassen werden. Keiner bietet mehr die Antworten, weil Themen so schnell, so intensiv durch gekaut werden, dass nach 2 Wochen jeder sagt: „Geh mir weg mit Dioxin!“, gleichzeitig ist man aber noch nicht einmal annähernd zum Grund des Problems vorgestoßen.

Werden sie tatsächlich alleine gelassen? Manchmal weiß ich nicht, wieso man an Medien irgendwelche Ansprüche stellt. Man könnte sie boykottieren und sie müssten sich bessern. Aber so ein Ausruf wäre bereits medial. Alles ist medial. Ich glaube, der Hunger ist vielseitig, immer mehr Fotos von Assanges Verhaftung, immer mehr Details zum Dioxin-Skandal – kurze Schnipsel, aber keine Ausarbeitung zu beiden. Vielleicht möchte niemand einen Essay lesen, selbst wenn er polemisch unterhaltend ist. Vielleicht aber sind diese ganzen vielleichts nur existent, weil es derzeit kein Format gibt, das tatsächlich geliebt wird. Es gibt nichts, das richtig funktioniert.

Oder die Formen erfülle nicht die Anforderungen, die unsere Zeit an sie stellt. Bis jemand so einen Dioxin-Skandal zu Ende recherchiert hätte, in einen guten Artikel gepackt und veröffentlicht hätte, dauert es wahrscheinlcih 2 Monate. Bis dahin weiß schon niemand mehr wie man Dioxin eigentlich schreibt.

Pell: Was würdest Du denn gerne für Journalismus lesen?

Jannis: Guten.

Was sagt ihr? Fühlt ihr euch auch von Themen überschwemmt? Wie bildet ihr euch eine Meinung? Steigt ein in unser Gespräch.

Das Foto hab ich über sxc.hu gefunden und stammt vom User Mattox.

Update: Angeregt durch Alex in den Kommentaren, werde ich einige der hier angerissenen Thesen noch weiterspinnen. Bei einem „Öffentlichen Diskurs über öffentlichen Diskurs„. Statt findet dieser am Montag, den 31.01.2010 um 18.00 Uhr im Pengland. Rahmengebend ist die Ausstellung „The very Best of the Internet“. Auch da sind alle herzlich eingeladen in das Gespräch einzusteigen.