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Guttenberg geht, ohne zu verstehen warum

Nun also doch: Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg schreibt nach seiner Doktoarbeit nun auch den Ministertitel ab. Und während alle darüber diskutieren, ob nun das Internet persönlich den adeligen Verteidigungsminister vom Thron geschubst hat, wundere ich mich über eine kleine Passage in seiner Abtrittsrede:

Ich gehe nicht alleine wegen meiner so fehlerhaften Doktorarbeit, wiewohl ich verstehe, dass dies für große Teile der Wissenschaft ein Anlass wäre.

Der Grund liegt im besonderen in der Frage, ob ich den höchsten Ansprüchen, die ich selbst an meine Verantwortung anlege, noch nachkommen kann.

Ich hab den Adelstitel von Herrn vuz Guttenberg nie sonderliche Aufmerksamkeit beigemessen. Was wahrscheinlich daran liegt, dass meine Adelskenntnisse ungefähr folgendes Umfassen: Einer hat mal an den Expo-Pavillon gepinkelt, in England gibt’s ne Queen, die trägt Hut, Prinz William heiratet bald, Harry ging an Fasching als SS-Mann, Lady Di died. Mehr weiß ich nicht und daran vermögen auch unregelmäßige Arztbesuche nie etwas zu ändern, denn Dank iPhone kann man ja auch dort lieber seinen RSS-Reader durchstöbern, als sich der Neuen Post zu widmen.

Deshalb konnte ich auch mit Verhaltenserklärungen die zu Googlebergs Abstammung zu Rate ziehen bislang wenig anfangen, aber eben obiges Zitat weckt in mir die Frage: Hat er das Volk jemals als Souverän anerkannt?

Er geht nicht wegen der fehlerhaften Doktorarbeit, sondern seinen eigenen Ansprüchen? Das Volk hat doch, zumindest in weiten Teilen, seinen Rücktritt gefordert und sicher nicht er selbst. Welche Ansprüche sollen das gewesen sein?

Er sagt, dass die Berichterstattung über seine Person, die über den Tod von Soldaten überschattet hat. Merkt aber selbst an, dass er zu dieser enormen Berichterstattung über seine Person „selbst viel beigetragen habe“.

Und dann dieser perfide Konjunktiv, dass es „für große Teile der Wissenschaft ein Anlass wäre“. Anscheinend hat Guttenberg immer noch nicht verstanden, worum es bei den „Schummeleien“ in einer Doktorarbeit geht. Dieser Aspekt ist auch in der öffentlichen Diskussion zu kurz gekommen. Eine Doktorarbeit ist kein Selbstzweck, es geht beim Schreiben eben nicht wie in Adelskreisen um den Titel, sondern das Ziel einer Doktorarbeit sollte es sein die Wissenschaft und damit die Gesellschaft weiter bringen zu wollen. Das kann auch nur gelingen mit korrekter Zitation. Auch diese ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu Fehler, die sich im Wissenschaftsbetrieb einschleichen können, finden und in ihrer ursprünglichen Quelle ausmachen zu können.

Vielleicht macht er sich ja bis zu seinem Comeback nicht nur Gedanken über seine Ansprüche an sich selbst, sondern, sollte er sich noch einmal in wissenschaftliche Gefielde wagen, welche diese an einen Doktoranden stellt und mit welchem Gedanken, sowie welche Ansprüche die Gesellschaft an einen Minister stellt, dem sie ihre Stimme anvertraut. Diese haben nichts mit Titeln zu tun, ob nun adeliger oder wissenschaftlicher Natur, sondern dem Vertrauen, würdig vertreten zu werden.

Vielleicht kann er dann das Volk als Souverän akzeptieren und verabschiedet sich von seinem Selbstbild als adeligem Heeresführer.

Bild: CC 2.0 von Bundeswehr-Fotos

P.S.: Gerade kommt noch die Meldung rein, dass die SZ angeblich Morgen den Namen des Ghostwriters veröffentlichen wird. Dieser soll schon eine Weile unter den Hauptstadtjournalisten kursieren. Ist dem so und Guttenberg wusste davon (wovon auszugehen ist, schließlich sollte er den Namen seines Ghostwriters wenigstens kennen), macht dies seinen Rückzug, bzw. deren Gründe noch erbärmlicher. Dann zieht er nämlich lediglich jetzt die Reißleine, um noch einen winzigen Funken Achtung und Respekt zu bekommen, bevor Morgen das ganze Kartenschloss zusammenbricht.

Von Jannis Schakarian

Geboren als Jannis Kucharz studierte Jannis Schakarian, Publizisitk und Filmwissenschaft. Hat funk mit aufgebaut, Kolmnen bei der Allgemeinen Zeitung geschrieben und arbeitete als Formatentwickler, Leiter des Social Media Teams und der Distributionseinheit beim ZDF, dann bei SPIEGEL als CvD Audio.

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4 Antworten auf „Guttenberg geht, ohne zu verstehen warum“

Man kann auch ’nen Karneval wegen so einer Doktorarbeit veranstalten… ich finde es dennoch unnötig. Er hat seine Arbeit mehr als gut gemacht und wird zu Unrecht so von dem „souveränen“ Volk mit Füßen getreten…

Karneval wird doch grad sowieso veranstaltet, aber nicht wegen der Doktorarbeit.
Aber Spaß bei Seite: Wegen mir ging es auch nicht um die Doktorarbeit, Titel sind mir schnuppe, sondern dem was er danach veranstaltet hat, hätte er „lückenlos aufgeklärt“, wie er es doch auch in vielen anderen Sachverhalten schon versprochen hatte, oder sich entsprechend entschuldigt, dann hätte er noch glaubwürdig und damit Minister bleiben können. Siehe hier: http://netzfeuilleton.de/2011/02/so-waere-guttenberg-noch-glaubwuerdig/

Jeder macht Fehler und es ist der instinktive Versuch des Menschen, eigene Fehler nicht als Fehler darstehen zu lassen bzw. sie auf andere abzuwälzen. Das ist zwar keine tolle Eigenschaft, die gelobt werden sollte, aber eine durchaus verständliche. Die Presse zerreißt doch sowieso jeden und das „souveräne Volk“ zieht meistens einfach nach. Ob es nun um Frau Käßmann geht, die ihren Alkoolfehler (LOL, was für eine Marginalie war das denn damals bitte?) sofort zugibt oder um einen Herrn zu Guttenberg, der seinen Fehler eben nicht so einfach eingestehen kann. Ändert nichts daran, dass ein viel zu großes Tobuwabuho dadrum veranstaltet wird, was es gar nicht verdient hat. Guttenberg ist mit seiner Doktorarbeit Thema Nr. 1 in Deutschland und Gadaffi meuchelt drüben im Süden munter weiter. Man könnte nun fragen „Was interessieren mich die da unten, ich kriege davon eh nichts mit?“ und einer Ausschweifung dieses beliebten und leider durchaus richtigen Argumentes beuge ich mit der Gegenfrage „Was interessiert mich Guttenbergs Doktorarbeit / Verhalten / sonstwas mehr als seine eigentliche Stellung als Verteidigungsminister?“. Just my 2cents.

naaaja, hat das indöhrnett mal wieder einen triumphalen erfolg zu feiern.. mir persönlich ist es freilich herzlich wumpe, welcher avatar da grade die ministerialen repräsentantenpflichten abwickelt.. ob nun der oder sonstwer seine vorgeschriebenen reden hält und den soldaten in afghanistan high-five gibt, wen kratzt das? allerdings ist seine lordschaft ein spezialfall, keine frage, zum heiligen hochstilisiert um anschliessend gekreuzigt zu werden.. derlei parallelen sind mir schon früher aufgefallen.. wenn mans mal nüchtern ebtrachtet: der typ is n opportunistischer schmierlappen wie all seine kolleginnen und kollegen auch, hat aber einen gewissen charme, der den meisten anderen politakteuren heutzutage völlig fehlt.. er war immer nur ein stück schimmelnde brotkruste in einem eintopf aus scheisse.. herrausragend immer nur im gegensatz zum umfeld.. wenn die sonne der politkultur tief steht usw. .. nun ja, der doitsche obama isser also vorerst nicht gewurden und wir konnten uns mal wieder erfolgreich wochenlang von wichtigeren themen abgelenken.. und die vehemenz mit der die breite masse ihrem designiertem amtszeitkohl 2.0 nachtrauert ist schon putzig.. da scheint vielen doch das herz mal wieder in richtung strammer führerfigur aufzugehen.. denn dieses „er hat es doch gut gemacht“ – gefasel, mal ehrlich leute: (1. ist das sein job, für den er von uns bezahlt wird (2. ist er unser angestellter, nicht umgekehrt, und da reichten ja hierzulande schon ganz andere lapalien (3 pfandbons, 6 maultaschen etc) um das vertrauensverhältniss zu untergaben und (3. ich weiss ja nicht mit welchen brillen ihr seine amtszeiten so verfolgt habt, aber mein fazit zu guttenberg ist maximal durchschnittlich.. was war denn jetzt explizit so toll an dem was er gemacht hat? mir fällt so spontan nix ein, eher im gegenteil: sein heuchlerisches verhalten bei der tanklastersache, seine peinliche talkshow in afghanistan.. aber der schäuble z.b. rollt auch heute noch durch diverse regierungsposten, obwohl der mann sehr viel mehr dreck am stecken hat als guttenberg (und nein liebe zielgruppe, ich mein damit nicht seinen überwachungsfetish).. im vergleich zu den dingen, die sich gestalten wie koch oder rüttgers geleistet haben ohne auch nur an rücktritt zu denken, sieht der guttenberg mit seinem erschummelten doktortitel natürlich aus wie das opfer einer medialen verschwörung.. es wirkt auch auf mich ein wenig befremdlich, wie da mit missionarischem eifer jede seite siener doktorarbeit von leuten mit zuviel freizeit zu tode gegoogelt wird, nur um ihm eins reinzuwürgen.. mir ist auch nicht so wirklich klar, was dadurch jetzt gewonnen ist? – eine pappnase geht, die nächste rückt auf, die politik bleibt ohnehin die gleiche.. und um mal zum anfänglichen bild zurückzukommen, macht euch keine sorgen guttenberg-jünger, euer messias wird wieder auferstehen..

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