Wenn man sich nicht gerade für Fußball interessiert hat, gab es in den letzten Monaten eigentlich keinen Grund, um Sat.1 seine Aufmerksamkeit und Zeit zu schenken. Zu viel ist bei dem Privatsender in letzter Zeit schief gelaufen. Die Rückkehr von Johannes B. Kerner verlief mehr als schleppend; sein wöchentliche Talkshow fuhr miserable Quoten ein. Wie groß die Not offensichtlich war und ist, zeigte sich nicht zuletzt daran, dass ausgerechnet Kerner, nachdem er sich noch wenige Monate zuvor unqualifiziert über den Kurznachrichtendienst Twitter lustig gemacht hatte, urplötzlich einen Twitterkanal für seinen Talk, den niemand sehen wollte, einrichtete. Auch der zweite Einkauf, den Sat.1 von den Öffentlich-Rechtlichen tätigte (Oliver Pocher), mochte nicht wirklich zünden.
Das allerdings kam weniger überraschend, zeigte sich doch in den Jahren zuvor Woche für Woche, dass ein sichtlich gelangweilter Harald Schmidt völlig ausreichte, um Pocher in seine Schranken zu verweisen. Zu allem Überfluss werden die wenigen Formate mit Potential, die der Sender sein eigen nennt, zu oft an sogenannten Fun-Freitagen am Zuschauer vorbei verheizt (siehe z.B. „Pastewka“). Wohlgemerkt, wir reden hier von dem Sender, der noch vor einigen Jahren mit der Serie „Edel & Starck“ die Referenz deutscher Serienunterhaltung definierte.
Man durfte also durchaus gespannt sein, als bekannt wurde, dass Sat 1 zwei neue, eigenproduzierte Serienformate ins Rennen schicken würde, um das Programm am Montagabend, das bislang vor allem aus alten Filmkonserven bestand, zu füllen. Seit zwei Wochen laufen nun „Der letzte Bulle“ und „Danni Lowinski“ jeden Montag Abend um 20.15, bzw. 21.15 Uhr, und buhlen um die Gunst der Zuschauer. Und auch wenn bei weitem noch nicht alles Gold ist was glänzt, so kann man dem Sender durchaus bescheinigen, mit diesen zwei Serien einen Schritt in die richtige Richtung getan zu haben.
Es gilt nun für den Zuschauer zu entscheiden, ob dieser Versuch von Erfolg gekrönt sein wird, oder ob die Dominanz amerikanischer Serien im deutschen Fernsehprogramm weiter anhält. Nachdem Sat.1 mit den Quoten in der Pilot-Woche durchaus zufrieden sein konnte, musste in der zweiten Woche bereits ein Quotenrückgang verkraftet werden. Dabei zeigte sich der deutschsprachige Feuilleton tendenziell durchaus angetan von den beiden Serien; vor allem „Danni Lowinski“ bekam äußerst starke Kritiken.
Ein wenig ambivalenter wurde da schon „Der letzte Bulle“ besprochen. Die Geschichte, um einen Polizisten, der nach zwanzig Jahren aus dem Koma erwacht, im Übrigen mitnichten ein Novum, ähnliche Formate liefen bereits in den USA und Großbritannien mit mäßigem Erfolg, veranlasste zum Beispiel die Kollegin von SPIEGELOnline zu einem beißendem Verriss, in dessen Zuge sie der Serie rund um den von Henning Baum verkörperten Protagonisten „zottigen Popo-Klaps Humor“ attestierte. Ob man nun im Fall dieser Serie gleich die Gender-Karte ziehen muss, sei einmal dahingestellt. Immerhin ließ es sich die vom „Achtziger-Jahre-Cop“ Geklapste nicht nehmen, wenig später selbstbewusst zurückzuklapsen.
Wahr ist allerdings, dass „Der letzte Bulle“ in seiner Machart in die Rubrik seichter Fernsehunterhaltung fällt, was natürlich aber kein Makel sein muss, ganz im Gegenteil. Letztlich lebt die Serie von ihrem krawallig aufspielenden Hauptdarsteller, der sichtlich Spaß daran hat, einen Mann zu spielen, der in unser mittlerweile umfassend vernetzten Welt keinen blassen Schimmer von Google, Handys & Co besitzt.
„Danni Lowinski“ hingegen gibt sich bei all dem Humor der die Serie durchzieht schon um einiges ernster. Die aus der Feder von Marc Terjung stammende Serie, der sich einst auch schon für die famose Screwball-Serie „Edel & Starck“ verantwortlich zeigte, erweist sich dabei als Paraderolle von Annette Frier, die lustig sein kann, aber eben nicht muss. „Danni Lowinski“ handelt von einer Anwältin (Frier), die keine Anstellung gefunden hat.
Eine Lösung für dieses Problem ist jedoch schnell gefunden. Lowinski bietet ihre Rechtsberatung einfach in einer Einkaufspassage feil; zum Tarif 1 Minute = 1 Euro. Bereits in der zweiten Folge tauchte die Serie tief in die gegenwärtige Lebenswirklichkeit der deutschen Gesellschaft ein. Die Geschichte um einen nach dem Tod seiner Frau allein erziehenden Vater, der von seiner Nachbarin in Zeiten „wo Kinder in Blumenkästen gefunden, oder totgeschüttelt werden“ beim Jugendamt angezeigt wurde, bewies wie Unterhaltung funktionieren kann, ohne es sich zu einfach zu machen. Sollte den Drehbuchschreibern auch weiterhin der Spagat zwischen humoresker Unterhaltung, natürlich darf man Frier eine durchaus unkonventionelle Interpretation der Juristerei erwarten, und brandaktuellen Themen gelingen, darf insbesondere von „Danni Lowinski“ noch Einiges erwartet werden.
„Der letzte Bulle“ – Montags 20.15 Uhr, Sat.1 , „Danni Lowinski“ – Montags 21.15 Uhr, Sat.1
Bildrechte: „Der letzte Bulle“ © Thomas Pritschet – Sat1; „Danni Lowinski“ © Frank Dicks – Sat1
mitten hinein in die gegenwärtige Lebenswirklichkeit der deutschen Gesellschaft