Es ist soweit: Seit Mittwoch 23:15 versucht Harald Schmidt Sat.1, dessen Logo man nach seiner Aussage gestern auch gegen einen Sack Reis austauschen könnte, und sich selbst wieder aus der Bedeutungslosigkeit hervorzulocken. „Endlich daheim“ lautet die großflächige Werbekampagne zur neuen, alten Harald Schmidt Show.
Ist Schmidt wieder angekommen?
Pëll und ich haben uns die ersten beiden Shows angesehen und als alte Late-Night-Experten darüber gesprochen.
Jannis Kucharz: So Pëll, was ist deine Meinung zur neuen Harald Schmidt Show?
Pëll Dalipi: Franz Beckenbauer sieht schlechter aus als Schmidt. Das sage ich, weil er jetzt zu sehen ist. Ich kann mich nicht entscheiden, wie ich sie finde. Was ist mit Dir?
Jannis: Das erste stimmt, man hat bei Harald Schmidt aber auch kaum das Gefühl, dass er älter wird. Für mich sieht er seit 10 Jahren gleich aus. Ich finde es deutlich besser als zuletzt in der ARD, dort war er wirklich sehr feuilletonistisch abgehoben. Und vor lauter Einspielern, Auftritten des Teams, etc. kam Harald Schmidt kaum dazu sich zu entfalten. Das ist nun deutlich besser, trotz der Werbepausen.
Pëll: Er wirkt aufgeweckter als bei den Öffentlich-Rechtlichen. Dort sah er sehr gelangweilt aus und sein Vorhaben, ja fast auch seine Drohung, nun nur noch das zu machen, was ihn interessiere, war sehr ernüchternd: Er scheint sich für nichts wirklich zu interessieren.
Jannis: Bei der ARD hinkte er immer nur nach all seine Programmpunkte abzuhaken. Und was mir gut gefällt, Apropos Werbung, dieses musikalische in die Werbung reinspielen heute und gestern. Da sieht man richtig das er Spaß hat.
Pëll: Es war eine schöne Überleitung. Ich weiß nicht, wie eingeprobt das war, denn es sah sehr spontan aus und das war gefällig.
Jannis: Im Gegensatz zu den Musikgästen, die ja als besonders wichtig angepriesen wurden. „Wenn sie nur glaubwürdig präsentiert wird“ hieß es vorher im Interview. Die Guano Apes gestern wirkten aber im Gegenteil sehr lieblos dran geklatscht. Da war das mit Anne-Sophie Mutter heute besser.
Pëll: Ich, der die Guano Apes nicht leiden kann, fand das nicht besonders schlimm, aber ja, ich hatte auch den Eindruck. Anne-Sophie Mutter war aber auch der einzige Gast. Wenn mich nicht alles täuscht, war sie vor ein paar Jahren schon einmal bei Schmidt.
Jannis: Haben sie da auch zusammen gespielt?
Pëll: Ich behaupte ja, aber ich könnte mich täuschen.
Jannis: Wie findest du die Gag-Dichte? Was hat am meisten gezündet?
Pëll: Diese Rätselbilder erinnerten mich an den früheren Harald Schmidt. Sein Standup zu Beginn war aber nicht besonders gut. Ich weiß nicht, woran das liegt. Die Gags sind okay, man kann darüber lachen, aber sie wirken nicht aus dem Stand. Verglichen mit Craig Ferguson zum Beispiel wirkt Schmidt da vollkommen unlocker und steif und ich schiebe es nicht auf die Sprache.
Jannis: Ja, einige Gags wirken doch sehr steif, viele sind auch sehr kalauerig. Besonders schlimm war es gestern mit Olli Dietrich.
Pëll: Das mit Dietrich fand ich großartig.
Jannis: Das hatte schon fast Satire-Gipfel Niveau diese steifen, kurz vorher geprobten, zu geworfenen Stichworte
Pëll: Es dauerte ein, zwei Sätze im aufgeschriebenen Dialog, dann fand ich es aber wirklich gut.
Jannis: Ja, an sich war der Dialog der entstand gut, sobald Sie vom Skript abgewichen sind. Und da hat sich auch gezeigt, dass ihm ein Sidekick durchaus wieder gut tun würde. Aber man hat auch gemerkt, dass sie nicht komplett aufeinander eingestellt sind, so wie damals mit Andrack.
Pëll: Würdest Du Manuel Andrack gerne wieder sehen?
Jannis: Andrack…, ich weiß nicht. Ich glaube die Zeit ist tatsächlich vorbei. Ich vermute auch persönliche Differenzen zwischen Schmidt und Andrack. Jemand neues würde mir gut gefallen, aber wer? Glaubst du Katrin Bauerfeind könnte das tragen?
Pëll: Ich kann sie nicht so sehr leiden wie Du.
Jannis: Hatte ich schon erwähnt, dass ich in Katrin Bauerfeind verliebt bin?
Jannis: Allein die Stimme!
Pëll: Die Stimme, die ist tatsächlich nett.
Jannis: Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob Sie das kann. Es ist auch schwierig, das vorher zu sagen und auszuprobieren. Jemand anderes aus dem Team; weiß ich auch nicht, ob das gut ginge mit Jan Böhmermann oder so.
Pëll: Sie wirkt auf mich nicht spontan genug für so etwas. Es ist nicht so, dass sie nicht auch amüsant wäre. Man müsste es ausprobieren. Übrigens, als das mit Pocher bekannt wurde, hatte ich gehofft, er würde so etwas wie ein prominenter Sidekick werden. Denn vor Schmidt & Pocher bestand der Humor Pochers stark darin, auf Situationen irgendwie humorvoll zu reagieren.
Pëll: Rent-a-Pocher war ja wirklich großartig. Wie fandest Du denn, dass er heute eigentlich nur am Klavier saß?
Jannis: Fand ich ganz gut, eben dieses musikalische. Und dann habe ich überlegt, ob das die Bemerkung mit dem Kabaretisten ein kleiner Seitenhieb auf Hagen Rether war.
Pëll: An ihn musste ich auch denken. Ich bin ja ein großer Verehrer Rethers. Dieses Gesinge gefiel mir nicht besonders, gestern schon und auch heute. Ich weiß nicht, ob es am deutschen Akzent in englischen Liedern liegt, denn eigentlich finde ich es sehr gut. Aber auch hier: Sidekick fehlt.
Jannis: Okay, dein abschließendes Fazit?
Pëll: Hm. Hoffnungsvoll. Deins?
Jannis: Es ist definitiv gute Unterhaltung. Und immer noch die beste Late-Night in Deutschland (momentan auch wieder die einzige). Braucht es einen dritten Tag?
Pëll: Eine gute Frage. Ist es nicht komisch, zwei Tage, die nebeneinander liegen? Ich sehe die USA ja als Vorbild hier und da ist fünf Mal die Woche üblich.Dann aber gibt es Raab und er zieht das ja so durch.
Jannis: Wobei Schmidt bislang erstaunlich wenig tagesaktuell ist. Allerdings wäre jeder Tag weniger Kerner natürlich ein gewonnener.
Bild: SAT.1 / Arne Weychardt
Was ist eure Meinung zum neuen, alten Schmidt? Welche Elemente gefallen euch, welche fehlen? Was ist gelungen? Diskutiert mit uns!
Ach und Bonusfrage: Sidekick ja oder nein und vor allem wer?