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Das Internet – Von der Utopie zur Dystopie

Das Internet ist kaputt und Sascha Lobo ist gekränkt. Zutiefst. Das schrieb er in einem vielbeachteten Feuilleton-Artikel in der FAZ. Wie man das als Feuilletonist so macht, hat er aber nicht nur sich gemeint, sondern in der Tradition von Sigmund Freud gleich von einer Kränkung der gesamten Menschheit gesprochen. Dabei geht es um den Missbrauch der Internettechnologie durch Geheimdienste. Sascha Lobo hing wie die meisten Netzpioniere und –verfechter, gemeinhin als Netzgemeinde bekannt, der Utopie an, das Netz könne Demokratie und Gleichheit fördern. Tatsächlich hat das Internet Unglaubliches hervorgebracht: Es hat Unterdrückten in vielen Ländern eine Stimme gegeben. Mehr noch hat es jedem ein Mikrofon gegeben, mit dem man viele Menschen zu gleich erreichen kann. Die Wikipedia hat das Wissen der Welt verfügbar gemacht und kann sicherlich als neues Weltwunder bezeichnet werden, immerhin stecken darin mehr Arbeitsstunden als in den Pyramiden von Gizeh.

Miley Cyrus statt Protest

Auf der anderen Seite hat es Unterdrückern erlaubt, diejenigen die ihre Stimme erheben, zu verfolgen und ihre digitalen Datenabdrücke zu sammeln. Seit den Snowden Enthüllungen wissen wir, dass das mit jedem geschieht, selbst denen, die ihre Stimme nicht erheben. Gleichzeitig nutzen die meisten Menschen das Internet dann doch nicht um die Demokratie sturm zu beschützen. Anstatt ihre Stimme gegen Unterdrückung und Überwachung zu erheben, tun sie das eher zum neusten Miley Cyrus Video. Anstatt Wikipedia-Artikel zu lesen, verfolgt man lieber Facebook-Status Updates. Da nehme ich mich nicht aus. Es war irrig anzunehmen, dass ein neues Medium es schafft, die Gewohnheiten der Menschen zu verändern. Schließlich hat auch in der stofflichen Welt die BILD-Zeitung eine höhere Auflage, als diese hier oder die FAZ. Das Internet ist eben nur ein Werkzeug, das für Vieles eingesetzt werden kann.

Aus der Utopie ist eine Dystopie geworden

Aber aus der Utopie ist eine Dystopie geworden. Durch die massenhafte Überwachung ist das Internet zu einer Welt geworden, in der nicht mehr die Demokratie, sondern die Geheimdienste und wenige Konzerne vorherrschen. Statt einem Werkzeug für die Freiheit und einem Fenster zur Welt wandelt es sich zu einem der ständig berieselnden und überwachenden Bildschirme aus Orwells 1984 oder Fahrenheit 451.
Aber man kann es reparieren. Dazu müssen neue Werkzeuge her. Die der sicheren Verschlüsselung, die einer offenen und neutralen Netzarchitektur, gefördert mit öffentlichen Geldern, abseits wirtschaftlicher und geheimdienstlicher Interessen.

Dieser Text erschien zuerst als Kolumne in der Allgemeinen Zeitung
Bild: Some rights reserved by mararie

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morgenlinks

Social Media Geheimnisse | morgenlinks

Leider schaffe ich die morgenlinks diese Woche nur ohne Video, weil es morgen nach Hamburg geht und ich noch an einem Kundenvideo sitze. Aber es gibt zu viele spannende Links, als dass ich dich ohne Links zurücklassen möchte. Also los gehts:

If a tweet worked once, send it again — and other lessons from The New York Times’ social media desk

(Michael Roston, niemanlab.org)
Lehren vom Social Media Desk der New York Times. Viel spannendes für Redaktionen dabei, zum Beispiel wie sie auch die persönlichen Twitter-Accounts der einzelnen Redakteure retweeten um deren Marke zu stärken. Spannende Blick auf die Social Media Geheimnisse der New York Times.

Die digitale Kränkung des Menschen

(Sascha Lobo, faz.net)
Die dpa meldet, dass Sascha Lobo beleidigt ist, weil jemand sein Internet kaputt gemacht hat. Aber inzwischen gibt es auch den ganzen Text online. Er ist sehr lesenswert und wie so oft bei Lobo weniger platt, als die Zusammenfassungen erwarten lassen. Mich würde aber auch deine Meinung interessieren, also schreib mir doch gerne, was du dazu meinst.

Sponsor gesucht

Damit ich in Zukunft nicht andere Videos oder Beschäftigungen vorziehen muss, würde mir ein Sponsor sehr helfen, das hier am Laufen zu halten. Wenn du also, viele Gleichgesinnte erreichen möchtest, oder jemanden kennst, dem das so geht: Melde ich.
 

Herausforderung Startseite im Journalismus – Redakteur vs. Algorithmus

(Björn Schuhmacher, björn-schuhmacher.info)
Über algorithmisch erstellte Zeitungen, hatten wir es beim Guardian bereits. Nun macht sich auch Björn Schuhmacher Gedanken, wie Algorithmen eine journalistische Startseite unterstützen können, er hat vor kurzem einige neue Lokalseiten gestartet. Sein Fazit:
[quote_box_center]Der Redakteur sollte weiterhin die Hoheit über die Startseite und die Inhalte behalten, aber er kann mit Hilfe der Technik die Reichweite der Artikel steigern.[/quote_box_center]

Damit du die morgenlinks nächste Woche nicht verpasst abonniere am Besten den Newsletter.
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Bewegen & Beschäftigen Youtube News & TV 2.0

Die Netzgemeinde und die verlorene Youtubegeneration

Sascha Lobo hat in seinem vielbeachteten Beitrag „Unsere Mütter, unsere Fehler“ der Netzgemeinde unter anderem vorgeworfen die jüngere Generation nicht zu erreichen, die sich vor allem auf Youtube tummelt, während man selbst sich im eigenen Twittersaft suhlt. Das sei mit ein Grund, dass die netzpolitische Schlagkraft verloren geht oder sagen wir mal variiert. Nun ist es aber natürlich nicht so, dass die Youtuber Twitter nicht nutzen. Denn gerade die Erfolgreichen auf Youtube sind Meister in Sachen Social Media und Publikumsbindung auf allen Kanälen. So kommt das erfolgreiche Comedy Trio Y-Titty auf Twitter auf über 71.000 Follower. Doch wie viele davon interessieren sich auch für Netzpolitik?

Um einen Anhaltspunkt dafür zu finden habe ich mit Hilfe von Followerwonk die Followerschaft und deren Überschneidung einiger Twitteraccounts verglichen.

Der Followervergleich

lobonpytitty

Und hier zeigt sich, dass Sascha Lobo mit seiner Vermutung recht hat. Die Überschneidung zwischen Followern von Lobo, Netzpolitik.org und Y-Titty ist. 0,2 % folgen allen drei Accounts und während Sascha Lobo und Netzpolitik.org eine Überschneidung von 15,4% aufweisen, bzw. 41.763 (Ist das die Größe der Netzgemeinde?), sind die mit Y-Titty jeweils nur 0,4% bzw. 0,1%.

Als weiteren Vertreter der Generation Youtube habe ich noch LordAbbadon ausgewählt. Er war es damals, der den Protest gegen ACTA auf Youtube initiiert und maßgeblich beeinflusst hat. Seine 12.000 Follower dürften deshalb zumindest schon mal von Netzpolitik gehört haben. Netzpolitik.org folgen deshalb aber nur 124 Stück, oder wieder 0,1%. Umgekehrt ist die Youtubegeneration sehr gut vernetzt: Über die Hälfte der Abbadon-Anhänger folgen auch Y-Titty.

 

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Schauen wir uns noch Mario Sixtus an, der sich gerade beim Leistungsschutzrecht, dem Waterloo der Netzgemeinde, als Widerstandskämpfer hervorgetan hat und immerhin ist er als elektrischer Reporter in Zweitverwertung auch auf Youtube zu sehen.

 

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Auch hier ist der Überhang eher gering: Sixtus erreicht knapp 700 der Y-Titty Follower (0,5%) und ganze 86 von Imperator Abbadon.

Die fehlenden Youtubebemühungen der Netzgemeinde

Nun muss man natürlich umgekehrt fragen was macht denn die Netzgemeinde auf dem Medium Youtube? Sixtus wie schon erwähnt hievt seine Sendung, den elektrischen Reporter auch auf Youtube. Sascha Lobo macht da nix, aber natürlich findet man zahlreiche Auftritte von ihm auf der Plattform. Netzpolitik.org sah sich zu ACTA wohl ermutigt, auch auf Youtube direkt zu Protesten aufzurufen, darüber hinaus begreift man Youtube aber wohl eher als Hosting-Plattform für Videos im Blog. Damit kommt man auf 2196 Abonnenten auf Youtube 1624 regelmäßige Zuschauer. Der elektrische Reporter erreicht mit seinem Kanal 1624 regelmäßige Zuschauer auf Youtube. Zum Vergleich: Y-Titty sind mit über 1,5 Millionen Abonnenten aktuell die Nummer eins auf Youtube und LordAbbadon, um den es nach einem Skandälchen etwas ruhiger geworden ist, knapp 100.000 Kanal-Abos.

Was den Netzgemeindepriestern fehlt ist eine direkte Interaktion mit dem Youtube-Publikum. Denn Youtube, dass musste auch ich erst lernen, ist mehr als ein Videohoster. Gerade in Deutschland gibt es eine florierende Community die auf und über Youtube miteinander kommuniziert, sich vernetzt und unterstützt. Diese Community hat, wie jede Gemeinschaft, auch eigene Regeln was Kommunikation, Zuschauerbindung und -aufbau angeht. Man kooperiert und kollaboriert, geht nicht zur re:publica, sondern hat eigene Megaevents. Die bekannten Gesichter der Netzgemeinde spielen hier bislang keine Rolle. Es fehlen Formate und Anstrengungen hier eine neue Generation zu erreichen. Als eines der wenigen Versuche könnte man hier Tilo Jungs „Jung & Naiv“ anführen, dass sich auf Youtube der „Politik für Desinteressierte“ widmet.

Wer hat mehr Zukunft? Die Jungen oder Mainstream-Medien?

Aber ein Youtube-Kanal zu betreuen und aufzubauen grenzt an einen Fulltimejob, ich kann das aus der Erfahrung mit Youjustdon’tDo sagen. Das noch neben dem Blog? Denn schließlich kann sich die „Netzgemeinde“ über die Kanäle wie Blog und den Twittersumpf aus Journalisten und Anhängern sicher sein, gewisse Mechanismen zu bedienen und den ein oder anderen #Aufschrei auch mal in die Mainstream-Medien zu spülen. Nur ist klar, dass man gerade dort die junge Generation nicht erreicht. Die Lesen ja nicht mehr Zeitung oder gucken tagesschau, die hat ja Youtube. Aber diese sind es doch immer noch, die vor allem das Internet nutzen und die an seiner Zukunft interessiert sein sollten.

Langfristig muss man sich also fragen, was den größeren Einfluss hat: Erreicht man die alten, großen Medien oder versucht man Anschluss an die junge Generation zu suchen? Wo ist denn vorn?

Mehr…

Mir kann man auch auf Twitter folgen, egal ob Mitglied der Netzgemeinde oder von Youtube. Meine Youtube-Anstrengungen kann man auch verfolgen. Hier und hier.

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morgenlinks Siebbelag

Morgenlinks mit Lobo, Hmm, Röttgen & Kanzlerin

hmm?
(Felix Schwenzel, Wirres.net)
Felix Schwenzel hmmt über ein paar Dinge, vor allem was die Vermischung von Anzeigen, Redaktion, Interviews und SEO angeht. Lesenswert und hmm-würdig.

Gefragt und gehasst
(Andrea Hanna Hünniger, zeit.de)
Dieses Portrait über Sascha Lobo ist schon allein wegen der Bildauswahl bemerkenswert. Mit abgeschnittenem Iro achtet man erstmals auf sein Gesicht. Und wie Pëll betonte lässt sich in den Kommentare alles nach vollziehen, was im Artikel über ihn gesagt wird. geschrieben wurde es wohlgemerkt vor seinem re:publica 12 Vortrag, nachdem man ihn, wie ich finde, kaum noch hassen kann.

Röttgens heiße, gefährliche Geschichte
(Thorsten Denkler ,süddeutsche.de)
Die SZ nimmt die Röttgen/Kanzlerin-Geschichte auseinander. Zwar ist es zwischendrin etwas sehr sensationalistisch was die eigenen Einblicke angeht,  der Artikel dröselt die Machtverhältnisse in der CDU sehr schön auf. Und es gibt ein paar schöne Zitate: „Wären Angela Merkel und Norbert Röttgen Piraten, sie hätten wohl beide ihren Streit live in die Welt getwittert.“ und „Es ist ein ziemlich unschönes Bild, das Röttgen da von Merkel zeichnen lässt. Es zeigt eine versessene Machtpolitikerin, die das Wahlvolk in einer wichtigen Frage bewusst in die Irre führen würde.“

Zunächst wollte ich noch einen Link über einen Provokateur und „Skandalautor“ mit rein nehmen, der nun wieder auf allerlei Titelseiten gehoben wird und damit erneut eine Plattform bekommt. Deshalb habe ich es nicht getan, weil jede Erwähnung nur die Plattform vergrößert.

 

– Eigenwerbung-
Mit „You Just Don’t Do“ haben einige Freunde und ich eine kleine Webserie gestartet. Wir versuchen uns an Comedy und noch heute kommt ein neues Video Ich freue mich übers reinschauen und über Feedback.
Youtube.com/YouJustDontDo