Kategorien
Bewegen & Beschäftigen

Interview zur Zukunft der Medien

David Streit hat mich für seine Reihe „Intervievv“ vor die Kamera gebeten. Also vor meine eigene Kamera. Das Konzept der Sendung ist nämlich, dass David den Befragten eine Reihe von Fragen schickt und diese sich anschließend beim Beantworten selbst aufnehmen.

Er hat mich unter anderem zur Finanzierung von Medien befragt, einer Kulturflatrate, warum ich die morgenlinks mache und den Hintergründen zu meinem „Gratis Bild Unboxing Video„.

Immerhin stehe ich jetzt in einer Reihe mit Gunter Dueck, der für die Serie auch schon vor der Kamera saß.

Kategorien
Bewegen & Beschäftigen

Wieso wir Onlinewerbung gruselig finden

Es gibt kaum etwas angenehmeres, als Stammgast in einer Bar zu sein. Wenn der Barkeeper schon weiß, welchen Gin man gern in seinen Tonic hat oder das man den Whiskey lieber in einem geeisten Glas anstatt mit Eiswürfeln trinkt. Und er kann direkt den nächsten Drink vorschlagen, weil er den Geschmack kennt.

Wieso ist offline eine persönlich Ansprache angenehm, online aber gruselig?

Im Netz versuchen Onlineshops uns ebenfalls zu Stammkunden zu machen, indem sie uns personalisiert Angebote und Shoppingvorschläge zeigen. Retargeting ist eine Werbeform, die zum Beispiel dazu führt, dass die Schuhe, die man sich eben noch in einem Onlineshop angeschaut hat, plötzlich als Werbung auf allen Seiten im Netz auftauchen.
Aber wieso finden wir es angenehm in einem Lokal persönlich angesprochen zu werden und irgendwie gruselig wenn uns unser Shoppingverhalten durchs Netz verfolgt?

Je menschenähnlicher Maschinen werden, desto gruseliger

In der Roboterforschung gibt es die Theorie des Uncanney Valley (engl. unheimliches Tal). Es beschreibt eine paradoxe Ablehnung, die wir gegenüber Robotern verspüren, je menschenähnlicher sie werden. Zunächst nimmt die emotionale Akzeptanz gegenüber Robotern linear zu, je besser sie unser Verhalten nachahmen. Ab einem bestimmten Punkt schwingt sie jedoch in radikale Ablehnung um. Solange die Roboter das Menschen nicht perfekt nachahmen, führt das dazu, dass wir uns vor ihnen gruseln. Das Uncanny Valley wurde deshalb schon für Horrorfilme genutzt oder um den ausbleibenden Erfolg von Zeichentrickfilmen zu erklären, wenn die Animationen nicht flüßig genug waren. Erst wenn die Roboter es schaffen die menschliche Mimik und Gestik perfekt zu imitieren, schließt sich das gruselige Tal wieder.

Uncanny Valley
Die Theorie des Uncanny Valley CC-BY-SA 3.0 Wikimedia / Smurrayinchester

Onlinewerbung im Uncanny Valley

Ich würde behaupten, die Onlinewerbung befindet sich momentan in diesem Uncanny Valley. Sie versucht das Verhalten eines guten Barkeepers nachzuahmen und gruselt uns dabei nur. Was zuvorkommend wirken soll, macht uns Angst. Vor allem weil in vielen Fällen nicht klar ist, wie unsere Informationen erfasst und verteilt werden. Man stelle sich nur vor, man ginge in eine Bar, bestellt dort einen Drink und wird ab sofort in jedem Laden der Stadt mit diesem Drink begrüßt. Natürlich ist der technische Prozess online ganz einfach: Der Browser setzt einen Cookie auf dem Produkt, das wir uns zuletzt angeschaut haben, und schaltet ab da passende Werbeanzeigen auf anderen Seiten, natürlich automatisiert.

Dem Barkeeper können wir sagen, wann wir genung haben

Aber genau da liegt der Unterschied: Zu dem Barkeeper bauen wir erst langsam Vertrauen auf, kommen ab und zu abends vorbei, führen das eine oder andere Gespräch. Bei einem Online-Shop reicht eine Google-Suche und ein Klick und schon verfolgt er uns.
Dem Barkeeper können wir sagen, wann wir genug haben. Online bekommen wir oft noch das Paar Schuhe vorgeschlagen, lange nachdem wir es gekauft haben. So eine Empfehlung ist weit entfernt von menschlich.

Dieser Artikel erschien zuerst als Kolumne in der Allgemeinen Zeitung.

Kategorien
Bewegen & Beschäftigen

Der lustigste EU-Wahlspot

Die Europawahl am 25. Mai rückt näher und es machen wieder allerlei Wahlwerbespots die Runde. Dabei sind diesmal kommt der lustigste EU-Wahspots nicht von irgendwelchen ominösen Kleinparteien, wie CSU oder FDP, sondern wirklich offizielle Aufrufe bitte zur Wahl zu gehen.

Der lustigste Eu-Wahlspot mit Monty Python

Und sie sind nicht nur Ausversehen komisch, sonder wirklich. Mein Favorit oben hatte es auch leicht, schließlich hat er die Szene bei Monty Python abgekupfert. Aber sie passt auch einfach zu gut, um nicht zu sagen perfekt. Hinter dem Film steckt Sebastian Jabbusch, der damit völlig zu recht auch den Video-Wettbewerb „Erste Wahl“ gewonnen.

Ich meine es gab schon mal einen EU-Wahlspot der sich über die Grünen lustig gemacht hat und an diese Szene aus das Leben des Brian angelehnt war, ich konnte ihn auf Anhieb aber nicht wieder finden.

Der lustigste Eu-Wahlspot mit Sex & Superhelden

Aber die Konkurrenz zum lustigsten EU-Wahlwerbespot ist hart, denn das dänische Parlament hat alle Register gezogen: Sex, Superhelden und rohe Gewalt. „Voteman“ heißt der Protagonist und reitet tatsächlich auf freaking Delphinen. Er reisst allen den Kopf ab, die nicht zur Wahl gehen; den Rest kickt er einfach direkt zur Wahlrune. Falls er damit nicht ausgelastet ist feiert er wilde Orgien mit nackten, großbusigen Damen. Als Kind wurde er davon traumatisiert nicht gewählt zu haben und deshalb nicht mitbestimmen konnte, wie viel Zimt in seine Zimtschnecken kommt..
Ich habe erwähnt, dass dieser Spot vom dänischen Parlament kam? Der Eu-Wahlspot kam vom dänischen EU Information-Center und wurde im offiziellen YouTube-Kanal des dänisches Parlaments hochgeladen. Inzwischen haben sie nach zahlreichen Protesten einen Rückzieher gemacht und aus dem offiziellen YouTube-Kanal entfernt, aber hier gibt es den crazy Sexploitation-Cartoon noch:

Welchen Spot ist eurer Meinung nach der lustigste EU-Wahlspot?  Oder habt ihr noch bessere gefunden?

Kategorien
Bewegen & Beschäftigen

Hier sind wir Digital Nativen! Aber was habt ihr alten Medien uns denn zu bieten?

Karsten Lohmeyer schrieb gerade über den Mangel an Digital Natives unter den Journalisten. Und ja es stimmt, bislang gibt es noch immer erstaunlich wenige junge digitale Journalisten. Wenige, egal ob jung oder alt, haben gelernt die Möglichkeiten und Mechanismen des Netzes für sich zu nutzen. Auch ich stand schon vor Volontären in Schulungen, mit meiner Kinnlade auf dem Teppich, wegen all dem verstaubtem Dünkel, der mir entgegenwehte, während ich die Welt des Netzes zu erklären versuchte.

Junge digitale Journalisten brennen darauf Neues auszuprobieren

Auf der anderen Seite habe ich gerade auf der re:publica so viele junge digitale Journalisten getroffen, wie noch nie zuvor. Alle brannten, ob den neuen Möglichkeiten und Formaten, die sie ausprobieren möchten.
Wir leben und atmen das soziale Netz, sind begeistert von den neuen Formen und beobachten unter Strom das Entstehen journalistischer StartUps in den USA. Dabei beobachten wir, wie gerade Medien neuerfunden werden und wollen mitmischen. Und dann schauen wir uns hier um…
Sehen die tradierten Medienunternehmen und müssen uns fragen: Was habt ihr uns denn zu bieten?

Wir sollen helfen Produkte zu erhalten, die wir selbst längst nicht mehr nutzen.

So sehen wir zum Beispiel, wie bei StartUps gearbeitet wird, wie Büros bei Google & Co aussehen und sollen dann anschließend hier in hierarchische, mittelständische Unternehmen einsteigen. Wir dürfen dann die Facebook-Seite füttern, mit Inhalten die nie für das soziale Netz gedacht waren. Wir sollen helfen Produkte zu erhalten, die wir selbst längst nicht mehr nutzen.

Wir wollen Neues erfinden, ihr wollt Altes bewahren

Wir wollen Neues erfinden und kreieren, währenddessen wollen die Medienunternehmen Altes bewahren. Ihre restlichen Printwerbeerlöse erhalten, während die Leser längst alle bei Facebook sind. Ihre Einschaltquoten hochhalten, während sie selbst House of Cards bingewatchen und ein YouTuber einfach ihr Format für ein paar Hundert Euro nachdreht.

„Etwas besseres, als das Totholz finden wir überall.“, sprach der Esel. [Tweet this!] 

Was habt ihr uns denn zu bieten für unser KnowHow?

Was habt ihr uns denn zu bieten für unser KnowHow außer mangelndem Expeditionswillen und verkrusteten Strukturen? Geld jedenfalls nicht. Immer schlechtere Verträge werden angeboten, Rechte auf Nimmerwiedersehen abgeknöpft und uns noch ein Praktikantenvertrag oder eine Volontärstelle angeboten. Dass unser KnowHow etwas wert ist wissen wir, denn nebenan steht die Industrie, ob Werbe-, PR- oder Klassisch, die uns jungen Digitalen ebenfalls Verträge anbietet, deutlich besser dotiert und mit unverständlichen englischen Jobbeschreibungen auf den Visitenkarten. Weil sie eben unbedingt wissen will, warum ihr “Supergeil”-Versuch nicht durch die Decke ging, was sie tun muss, um auf Facebook erfolgreich zu sein, was eigentlich 3D-Drucker für sie bedeuten.

Und wir würden doch so gerne coolen, neuen Journalismus machen, der uns und die Menschen um uns herum anspricht.

Bild: Random ReactionGifs

Wer regelmäßig neue, coole Dinge über die digitale Medienwelt und ihre Trends erfahren will, abonniert die morgenlinks:

[mc4wp_form]

Kategorien
Bewegen & Beschäftigen Gesellschaft Sport

Wie freiwillig ist die Selbstvermessung

Ich habe gut geschlafen. Das sagt mir eine App. 80% Schlafqualität bescheinigt mir das kleine Programm für die letzte Nacht in der es neben meinem Kopfkissen lag. Es verspricht meine Schlafphasen zu messen und mich am Morgen möglichst so zu wecken, dass ich ausgeruhter bin, in dem es eine leichte Schlafphase abwartet. Das ist nur die Spitze eines Phänomens, das unter dem Begriff „Quantified Self“ (Vermessenes Selbst) gesammelt wird.

[quote_center]Ein App sagt mir, ob ich gut geschlafen habe[/quote_center]

Es geht darum möglich viele Daten über den eigenen Körper zu sammeln. Man kann die eigenen Schritte verfolgen, permanent sein Blut oder seine Zuckerwerte sammeln lassen. Man kann seine DNA analysieren und die Wahrscheinlichkeit von gefährlichen Krankheiten ermitteln und mit seinen Freunden teilen. Möglich wird all das durch die immer kleiner werdenden Sensoren, die wir stets bei uns tragen. Beinahe jedes Smartphone besitzt heute einen Bewegungssensor, der unsere Schritte zählen kann, zusätzlich zu seiner GPS Funktion.

Selbstvermesseung – Der eigene Körper in Daten

Nun sollen die Sensoren noch näher, direkt an unseren Körper heran. Fitnessarmbänder wie das Fitbit gibt es bereits. Smartwatches sind der nächste Trend, Google hat bereits ein eigenes Betriebssystem dafür vorgestellt. Auch von Apple wird nun erwartet im Laufe des Jahres ein Gerät vorzustellen, dass direkt am Körper getragen wird und die eigene Fitness misst. Als „unesoterischer Weg zu einer gewissen Selbstverbesserung“, bezeichnete einer in der BrandEins seine Beweggründe für die Selbstvermessung.

DNA-Daten für einen günstigeren Tarif

Doch was ist, wenn man das gar nicht mehr nur aus Eigenantrieb tut? Es bieten bereits Autoversicherer einen günstigeren Tarif an, wenn man bereit ist die Geschwindigkeitsdaten aus dem Navigationsgerät mit ihnen zu teilen und so seine Gesetzestreue nachzuweisen. Ähnliches wäre auch für Krankenversicherungen denkbar, die einem Rabatte geben, wenn man sich nachweislich fit hält. Oder ihnen die eigenen DNA-Daten zur Verfügung stellt, zur besseren Risikoabschätzung. Sicherlich alles erst einmal freiwillig. Aber wer bezahlt schon gerne mehr für seine Versicherung?

Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, meine Schrittzähler-App sagt mir, dass ich heute noch 2.507 Schritte gehen muss.

Bild: CC-BY-SA trekkyandy

Kategorien
Gesellschaft Netz &

Wieso fängt alles Social an und endet im Commerce?

Wenn man nach Social Media in Verbindung mit dem Wort “Unternehmen” googelt, bekommt man den Eindruck nach zwei untrennbaren Ausdrücken zu suchen – Leitfänden für die richtige Nutzung, Statistiken über enorme Umsatzentwicklungen, Lobgesänge auf Imageverbesserungen und Beispiele super-toller Streber-Unternehmen, die den nächsten viralen Trend auslösen.

Alles in allem hat man das Gefühl man hechelt dem rasenden Social-Commerce Zug immer ein wenig hinterher.

Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen? Wieso stört uns die Trennung zwischen privat und commerce nicht (mehr)? Wieso fängt alles mit sozialer Interaktion an und endet in einer Verkaufsveranstaltung?

Momentan kann diese Entwicklung bei Instagram beobachtet werden. Angefangen als eine sehr persönliche, ständig über- oder unterbelichtete Laien-Foto Plattform, ist sie mittlerweile zu einem fancy Marketing-Tool avanciert, für Unternehmen die ihr Image auf Hochglatz polieren wollen.

Trotz einiger Hindernisse, wie Instagrams fehlender Möglichkeit externe Links einzubauen, schaffen es einige Unternehmen mit Bravour ihre Marke zu positionieren und bei vielen Usern im Feed aufzutauchen (siehe Starbucks oder H&M).

Das Geheimnis heißt kreativer, authentischer und einzigartiger Content. Doch wie authentisch ist eine Marke, welche meist aus Umsatzzwecken ins Leben gerufen wurde?

Unternehmen sind keine bedingungslosen Freunde, pfuschen aber in unser Privatleben rein

Die ursprüngliche Definition von Social Commerce laut Steve Rubel, der den Begriff Ende 2005 geprägt hat, lautet:

[quote_box_center]“Creating places where people can collaborate online, get advice from trusted individuals, find goods and services and then purchase them.“[/quote_box_center]

Doch was mittlerweile in den Social Media Kanälen passiert geht über das Rede-und-Antwort-Stehen hinaus. Unternehmen mischen aktiv in unserem Privatleben mit. Natürlich muss man sie dafür ein Mal mit einem kleinen Like zulassen. Social Commerce war gedacht als Involvieren der Käufer, als Ausgang der User aus der fremdverschuldeten Unmündigkeit, als direkter Draht ins Herz des Unternehmens.

Doch manchmal, in einem stillen Moment muss man sich fragen: Sind die Aktivitäten und Bemühungen der Unternehmen, in meinem persönlichen Feed mitzumischen, nicht einfach eine andere Art der manipulativen Werbewirkung? Ein Überzeugungs- und Verkaufsgespräch im anderen Gewand? Nicht mehr der schleimige Vertreter, der an die Tür klopft und die nicht offensichtlichen Vorzüge des Produktes erklärt, sondern die sexy Frau, die sich mit ins Bett legt, um ihre neuste Unterwäsche zu zeigen?

Denn egal ob lukrative Schnäppchenangebote, kreative Gewinnspiele oder heiße Filter-Fotos- wir können nie mit einem Unternehmen eine bedingungslose Freundschaft eingehen. Auch nicht durch Social Media.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Miss SocialCommerce.
Dort erscheint heute auch ein Artikel zu Social Seeding.

Bild: CC-BY Loredana Lavino

Kategorien
Bewegen & Beschäftigen morgenlinks

Google bedroht Springer?

Warum wir Google fürchten

(Mathias Döpfner, faz.net)
Mathias Döpfner antwortet in der FAZ auf Eric Schmidt und gesteht: Axel Springer hat Angst vor Google. Vor allem will er aber die EU dazu bringen, google härter zu beschränken. Jeff Jarvis nennt das ganz dann auch einen whining Kindergarten und Bild „Fox News with Boobs“, De:Bug ergänzt die Tracking-Diskussion um Bild.de und Telepoplis wagt einen konsequenten Blick in die Zukunft.

Why publishers are building advertising innovations groups

(Ricardo Bilton, Digiday.com)
Ich habe letztens zweimal auf eine Werbung bei der New York Times geklickt. Normalerweise passiert mir das nicht, aber diese waren in einem anderen Format, sind mir dadurch aufgefallen und haben mich sogar interessiert. Digiday schreibt auf, an welchen neuen Werbeformen verschiedene Medien arbeiten und was diese versprechen.

Bitte

Diesmal bitte ich nicht um die Unterstützung eines Sponsoren, sondern direkt um die eurige. Ihr könntet mir sehr helfen wenn ihr diese kleine Onlineumfrage zum Thema staatliche Überwachung und NSA beantwortet. Vielen Dank.

[vc_button title=“Zur Umfrage“ size=“large“ target=“_self“ color=“default“ href=“http://www.unipark.de/uc/NSA/“]

Die Öffentlich-Rechtlichen – mit Nikolaus Brender

(Tilo Jung, youtube.com)
Tilo Jung hat lange mit Nikolaus Brender, dem früheren Chefredakteur des ZDF, über die Geschichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesprochen. Ausserdem sammelt Tilo gerade wieder Geld, um mit Jung&Naiv auch zur Europawahl berichten zu können, da kann man noch beitragen. An dieser Stelle auch nochmal der Hinweis, auf mein Interview mit dem jetzigen Chefredakteur des ZDF Peter Frey.

Gefallen dir die morgenlinks? Dann hol sie dir als Newsletter:
[mc4wp_form]

Kategorien
Netz & Politik

Vertrauensmissbrauch & Herzbluten

Vertrauen ist immer ein Vorschussgut. Ich kann nur bewerten, ob es richtig war jemandem zu vertrauen, wenn er dieses Vertrauen bricht. Ich weiß also erst, dass es falsch war, wenn es zu spät ist und bis dahin kann ich mir nie sicher sein, ob es richtig ist.

Vertrauen ist ein Vorschussgut

So haben wir zahlreichen Webservices unsere Passwörter und persönliche Daten anvertraut. Diese wiederum haben in der Mehrheit auf die Verschlüsselungstechnik openSSL vertraut. Nun hat sich herausgestellt, dass genau dieser Software eben nicht vertraut werden kann. Der Fehler ist passenderweise nach dem Gefühl benannt, dass verletztes Vertrauen hervorruft: Heartbleed (Herzbluten).

Ein weiterer Vertrauensvorschuss in der Welt der Software, besonders der openSource Software, ist dass wenn jemand einen Fehler findet ihn entweder meldet oder repariert. Das ist auch passiert. Aber erst später, denn es halten sich die Vorwürfe, dass die NSA genau diesen Fehler bereits seit Jahren ausgenutzt hat, um die Passwörter und privaten Informationen von uns allen herauszufinden. Zwar bestreitet die NSA das weiterhin, doch da sie das Vertrauen bereits einmal missbraucht hat, folgt daraus dass man ihr nun nicht mehr vertraut.

Die Regierung hat Vertrauen verspielt. Zurückgewinnen wird schwer.

Das ist der nächste Schritt nach einem Vertrauensbruch: Man vertraut demjenigen erst einmal nicht mehr und unterzieht ihn einer genaueren Kontrolle. Die Geheimdienste entziehen sich dieser Kontrolle und schaden damit massiv der Demokratie. Man misstraut nun nämlich nicht nur den Geheimdiensten, sondern auch der Regierung, die diese Kontrolle eigentlich durchführen sollte. Sei es das gescheiterte Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts zur Aufklärung der Verstrickung der Bundesregierung in die Späh-Affäre oder Obama zu zaghaften Zugeständnisse die NSA zu reformieren.

Der Staat muss den Bürger trauen

Sie alle haben damit enormes Vertrauen verspielt. Vertrauen zurückzugewinnen ist noch schwerer. Das ist ein langsamer und langwieriger Prozess. Das basiert zum einen auf Gegenseitigkeit. Der Staat muss also seinen Bürgern Vertrauen zeigen, und sie nicht mit Maßnahmen wie einer Vorratsdatenspeicherung als potentielle Verbrecher behandeln. Zum anderen geht es darum, dass man sich selbst kontrollieren lässt. Im Fall der Regierung haben wir Kontrollorgane, wie die Öffentlichkeit und die Presse. Im Fall der Geheimdienste sind wir auf zufällige Veröffentlichungen, wie durch den Whistleblower Edward Snowden angewiesen. Der parlamentarische Kontrollausschuss gilt weithin als zahnloser Tiger.

Wenn die Regierung unser Vertrauen zurückgewinnen möchte, sollte sie anfangen ihre Geheimdienste besser zu kontrollieren. Wir kontrollieren solange, ob wir alle Passwörter erneuert haben.

Diese Text erschien zunächst in der Allgemeinen Zeitung

[quote_box_center]Wie reagiert ihr auf den Überwachungsskandal und wie habt ihr die Berichterstattung dazu wahrgenommen? Dazu bin ich gerade Teil eines Uniprojekts und ihr könnt helfen, indem ihr 5 Minuten diese Onlinebefragung beantwortet.[/quote_box_center]

Kategorien
Bewegen & Beschäftigen

Warum ist Facebook auf Shoppingtour?

Der Facebookgründer Mark Zuckerberg ist auf großer Shoppingtour. Nach dem Bilderdienst Instagram, verleibte sich Facebook den SMS-Ersatz WhatsApp ein und nun mit Oculcus VR eine Gaming Brille, die ein Eintauchen in die virtuelle Realität ermöglichen soll.

Mark Zuckerberg auf großer Shopping-Tour

Doch was hat all das mit Facebooks Kernkompetenz zu tun? Sollen wir demnächst wie in einem Ego-Shooter durch die Status-Updates unserer Freunde navigieren?

Facebook geht es in erster Linie darum keinen Trend zu verpassen. Das wäre ihnen beinahe im mobilen Bereich passiert. Während Facebook am Computer die Nummer eins ist, um Fotos mit Freunden zu teilen, gab es mit Instagram auf dem Handy plötzlich eine viel bequemere Alternative.

Facebook darf den nächsten Trend nicht verpassen

Also hat Facebook das Netzwerk für eine Milliarde Dollar gekauft. Die Angst, dass neue Dienste plötzlich gefährlich werden können ist groß. All zu oft startet ein Unternehmen zunächst unauffällig und mit kleinen Möglichkeiten und ehe man sich versieht schickt es sich an, eine ganze Branche zu verändern.

Disruption heißt der beliebte Fachbegriff dafür in der Technik- und Start-Up-Szene. Facebook selbst hat so angefangen und mittlerweile gleich mehrere Branchen verändert. Kaum ein Unternehmen kommt mehr ohne Facebook-Präsenz aus und Nachrichten verbreiten sich mittlerweile vor allem über das soziale Netzwerk.

[quote_box_right]Instagram: 1 Millarde Dollar, WhatsApp: 19 Millarden Dollar, Oculus VR: 2 Milliarden Dollar.
Die Zukunft von Facebook: unbezahlbar. [/quote_box_right]

Doch nun schwebt über Facebook die Prophezeiung zu enden wie andere ehemlig große Netzwerke. Als das Netzwerk mySpace die 100 Millionen Mitglieder Grenze durchbrach, konnte sich kaum jemand vorstellen, dass die Webseite wieder schrumpfen würde. Längst sind alle Nutzer zu Facebook abgewandert und das hat nun über 1 Milliarde Benutzer. Dennoch steht bei der Frage: „Wird Facebook das nächste MySpace?“, meist nur das wann und nicht das ob im Vordergrund.

Warum hat Facebook WhatsApp gekauft?

WhatsApp hatte zum Zeitpunkt der Akquisition in Deutschland bereits mehr Nutzer als Facebook und hat eine der wichtigsten Kompetenzen Facebooks angegriffen: Es hat ein eigenes Verzeichnis über die Verbindungen zwischen Menschen aufgebaut. Die Hoheit über diese Verbindungen der Menschen macht Facebook so wertvoll. Die eigentliche Plattform steht im Hintergrund. Diese Verbindungen bleiben, auch wenn wir uns eines Tages nur noch durch virtuelle Welten bewegen. Insofern ist der Kauf von Oculus Rift die erste wahre Investition in Facebooks Zukunft.

Bild: CC-BY Techcrunch
Dieser Text erschien zunächst in der Allgemeinen Zeitung

Kategorien
Gesellschaft Netz &

Lock-In-Effekt: Eingeschlossen zwischen den Ökosystemen

Ich habe mir ein iPad gekauft. Für mich kam kein anderes Tablet in Frage. Nicht weil Google nicht inzwischen auch interessante Alternativen im Angebot hat, sondern weil ich mit einem iPhone und einem MacBook längst Teil des Apple Ökosystems bin. Ich habe kaum eine andere Wahl.

Ich bin Teil des Apple Ökosystems

Man spricht vom Lock-In-Effekt. Ich bin eingeschlossen und sich heraus zu bewegen ist viel aufwändiger, als es sich dort bequem zu machen. Die ist nicht nur bei Apple der Fall. Mittlerweile versucht jedes größere Unternehmen im Netz Kunden möglichst tief in die eigene Produktwelt zu ziehen. Amazon beispielsweise bietet seinen Kunden den Prime-Service an: Für 49 Euro im Jahr erhält man gratis Expressversand und seit neuestem auch noch Zugang zur Streaming-Videothek Amazon Instant Video. Als Konsequenz sucht man erst gar nicht mehr in anderen Onlineshops, sondern bestellt direkt beim Allesversandhaus. Und sowie Amazon versucht alle Prime Kunden nun auch zur Nutzung ihrer Onlinevideothek zu bringen, zwingt Google inzwischen jedem Nutzer ein Google+ Konto auf. Egal welchen Google Service man eigentlich nutzen möchte, immer eröffnet man automatisch auch eine Präsenz auf Googles Facebook-Konkurrenten.

Lock-in-Effekt: Eingeschlossen im Netzwerk

Bei Facebook selbst besteht der Lock-In-Effekt vor allem darin, dass sich beinahe die gesamte eigene Freundesschar auf der Plattform tummelt. Man kommt nicht an Facebook vorbei. Der einzige Dienst, der es geschafft hatte Facebook gefährlich zu werden, wurde kurzerhand aufgekauft: WhatsApp. Dabei ist es interessant, dass die Menschen sich die Mühe gemacht haben neben Facebook noch WhatsApp zu nutzen, schließlich hatte Facebook versucht mit dem Facebook Messenger selbst eine Lösung für das schnelle Nachrichtenschreiben auf dem Handy anzubieten.

Dateneteilung und der Reverse-Lock-In-Effekt

Der Blogger Johannes Kleske erklärte das mit dem Reverse-Lock-In-Effekt. Also dem Versuch, der Umklammerung des Riesen zu entkommen. Ich habe auch lange versucht so eine Art Datenteilung zu praktizieren. Zum Beispiel teile ich meinen Aufenthaltsort nicht via Facebook mit, sondern nutze dafür lieber den Dienst Foursquare. Das hilft natürlich wenig, wenn die großen Netzwerkdienste sich alles einverleiben, was an kleinen Nischendiensten hervorspriesst. Und dann gibt es noch Dienste, die erst gar nicht nach einer Einverständniserklärung zur Datennutzung fragen, sondern gleich sämtlichen Datenverkehr nutzen und analysieren, egal wo man einen Account eröffnet hat: Die Geheimdienste.

Bild: AttributionNo Derivative Works Some rights reserved by josemanuelerre
Dieser Text erschien zunächst als Kolumne in der Allgemeinen Zeitung.