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Wie Facebook mit zu hohen Videozahlen hantiert

Facebook prahlt derzeit mit gigantischen Videozahlen. Inzwischen sollen es 4 Milliarden Videoabrufe am Tag sein. Ein enormes Wachstum, im Januar waren es noch 3 Milliarden. Entscheidend für diese Zahlen ist aber vor allem die Autoplay-Funktion, die Videos automatisch in der Timeline anspielen lässt. Was steckt also genau hinter diesen Zahlen und wie sind sie zu bewerten?

Facebook Videozahlen offiziell: 4 Milliarden Abrufe am Tag

Facebook Videozahlen: Die Abrufe lassen sich sehen
Facebook Videozahlen: Auf den ersten Blick beeindruckend

Dazu habe ich einmal beispielhaft ein recht erfolgreiches Video auf Facebook genauer analysiert und mit ihren YouTube-Aufrufen verglichen. Bitte beachten: Die Zuschauerbindung hängt extrem vom Inhalt ab und kann nicht ohne Weiteres auf andere Clips übertragen werden. Ein schneller Blick auf andere Videos zeigt aber, dass das beschriebene Verhältnis zwischen Facebook und YouTube ähnlich ist. Insgesamt geht das Video 1:25 Minuten und Facebook weist dafür 112.945 Views aus.

Von 112.945 Zuschauern bleiben am Ende nur 9.600 übrig

Als View zählt in Facebooks Videozahlen alles ab 3 Sekunden, interessant ist aber was danach noch übrig bleibt. Nach 30-Sekunden bleiben nur noch 24.121 Zuschauer. Am Ende sind es nur noch 8.5% derer, denen das Video zu Beginn angezeigt wurde.

Facebook Videozahlen: Die Zuschauerbindung bei Autoplay ist miserabel
Facebook Videozahlen: Die Zuschauerbindung bei Autoplay ist miserabel

Die Zuschauerbindung ist also extrem gering bei allen, die das Video einfach so in die Timeline gespült bekommen. Ein Großteil hat wohl nur vorbeigescrollt und nicht schnell genug den Ausschalten-Knopf gefunden. Denn die mangelnde Zuschauerbindung liegt aber nicht am Inhalt des Videos. Zum Vergleich: Bei Youtube sind am Ende desselben Videos 73% der Zuschauer dran geblieben. Während auf Facebook im Schnitt nur 0:24 Sekunden geschaut werden, bleiben die Zuschauer bei YouTube im Durchschnitt bis zu Minute 1:10.

Facebook Videozahlen im Vergleich mit YouTube
Facebook Videozahlen: Zuschauerbindung im Vergleich zu YouTube

Bei den aktiven Zuschauern bleiben fast ¾ bis zum Schluss

Das liegt aber nicht an Facebook als miese Videoplattform per se, sondern tatsächlich an der Autoplay-Funktion. Schaut man sich die Facebook Videozahlen zu denen an, die gezielt bei einem Clip auf Play geklickt haben, sind hier die Werte fast gleich. Dann bleiben nämlich ebenfalls rund 73% der Zuschauer bis zum Schluss. Die Autoplays alleine lassen nur 6,83% bis zum Schluss schauen. Positiv ausgedrückt hat man durch Autoplay 1.173 Zuschauer gewonnen, die tatsächlich bis zum Schluss dranbleiben.

Facebook Videozahlen: Freiwillige Zuschauer bleiben länger dran
Facebook Videozahlen: Freiwillige Zuschauer bleiben länger dran
zahlenplay
Facebook Videozahlen: Autoplay vs. gezielte Abrufe

Tatsächlich haben auch nur 6.274 jemals aktiv auf Facebook gesagt sie wollen den Clip anschauen. Diese sind dann im Schnitt aber auch wesentlich länger drangeblieben. Woher sie kommen und ob sie Autoplay generell auf Facebook ausgeschaltet haben, lässt sich mit den Analytics leider nicht sagen. Das bedeutet, die offiziellen Zahlen, die Facebook unter jedem Video ausweist und mit denen sie so hausieren geht,  sind wenig wert. [Tweet this!] Sie lassen sich in keinster Weise mit YouTube Views vergleichen.

Facebook hat die Hoheit über die Verbreitung

sharefbEine starke Zahl kann Facebook aber für sich vereinnahmen: Die geteilten Inhalte. Dort stehen bei Facebook unter dem untersuchten Video knapp 1.500-mal geteilt. Bei YouTube nur klägliche 34-mal, bei rund 2.500 Views. shareyoutube-28Dennoch zeigt es die Hoheit von Facebook an, Videos viral werden zu lassen und verbreiten zu können. Bei YouTube stellt sich fast schon die Frage, wo ich deren Videos teilen soll, wenn sie von Facebook nach unten gerankt werden.

Mit der Veränderung des Medien- und Videomarktes beschäftige ich mich regelmäßig. Auch in meinem morgenlinks-Newsletter. [mc4wp_form]

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Google-Geld, Facebook-Money, Content-War – ¯\_(ツ)_/¯ und Hypes auf der #rp15

Wer gewinnt den Krieg um Content und wie viele Journalisten wird uns das kosten? Dürfen Verlage Geld von Google nehmen? Und müssen wir alle unsere Inhalte auf Facebook stellen? Ist Periscope zu Recht der heiße Scheiss?

Spontaner re:publica-Vortrag zu Medienhypes

Jede Menge Hypes in der Medienbranche und kaum einer findet eine Antwort, da kommt schon wieder das nächste.  In der Tradition meiner ultraspontanen re:publica-Vorträge habe ich darüber mit Ole Reißmann und Hakan Tanriverdi auf der Mediaconvention-Bühne gesprochen.

Wir haben uns dabei eben gefragt und ein wenig diskutiert, wo man nun eigentlich alles mitmachen muss und wann wir uns eigentlich das letzte mal gefragt haben: Warum? Es herrscht ein Herdentrieb bei den Neuheiten: Wir müssen alle Snowfallen, Periscopen, auf Facebook-sein und WhatsApp-nachrichtne verschicken. Zu selten geht es dabei um einen Mehrwert sondern nur um einen Selbstzweck.

 Es gibt nur eine Antwort: ¯\_(ツ)_/¯

Was von all dem wichtig ist und bleibt kann wohl keiner sagen. Am wahrscheinlichsten gar nichts. Die Medienwelt wird sich weiter wandeln und dieser Wandel wird eventuell auch nicht mehr aufhören. Die Antwort darauf sollte vielleicht öfter mal ein Shruggie oder ein Schulterzucken sein. Sonst machen wir uns zum Sklaven der Hypes und der Plattformen dahinter.

Shruggie - Re:publica

Zwei Artikel, die ich im Vortrag erwähne:

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Sponsored Video: Wieso finden wir Katzenvideos lustig?

Katzen sind in unserer Zeit die mehr oder weniger geheimen Internetstars. Kein anderes Tier löst bei der breiten Masse Reaktionen von Schmunzeln bis Verzückung aus. Neben der süßen Erscheinung – dem flauschigen Fell, den langen Schnurrbarthaaren, den Kulleraugen und den weichen Tatzen – schauen wir Katzenvideos um die Tiere in alltäglichen Situationen bei ihren menschenartigen Reaktionen zu beobachten.

[quote_center]Katzenvideos sind wie RealityTV. Nur unterhaltsam.[/quote_center]

Die Katze, die die Wurst vom Teller klaut, die Wassergläser vom Tisch schiebt, die im Aktenschrank nach Unterlagen wühlt. Katzen beobachten ist wie Reality TV. Nur eben unterhaltsam. Wenn man es als Katze drauf hat, bietet die heimische Wohnung unzählige Situationen, die zu Bildern, GIF´s und Videos verarbeitet werden können. Dabei sind wir zum Teil überrascht, zum Teil belustigt, wie sich Katzen in der menschlichen Umgebung zurecht finden.

So manch ein verzweifelter Möchtegern-Internetstar wird da schon neidisch, wenn er überlegt, wie einfach es Katzen haben, mit ein paar Bewegungen viral zu werden. Man fragt sich dann, was müssen Menschen tuen, um im Internet ähnlich erfolgreich wie ihre Katzen zu sein? Oder zumindest um aufzufallen?

Als Mensch so erfolgreich wie ein Katzenvideo?

Volkswagen hat dazu eine klare Meinung: Zu einer menschlichen Katze werden. In seinem neuen Video „Human Cats“ zeigt der Autohersteller komplett unterschiedliche Menschen, die zu komplett unterschiedlichen Katzen werden, um typische Katzenvideos nachstellen. Damit möchte VW nicht nur in Bezug auf Catcontent, sondern auch in Sachen Autokauf zu einem Umdenken beitragen und macht mit dem Video Werbung für seine Leasingbörse. Unter dem Leitspruch „Nutzen statt Besitzen“ gibts wohl eine große Auswahl an Jungen Gebrauchten für einen flexiblen Lebensentwurf. So muss man sich nicht auf ein Modell festlegen und trotzdem nicht auf verlässliche Mobilität verzichten.

Ähnlich ist es bei Katzen: Das Geheimnis unserer Faszination und der never-ending lovestory mit Catcontent ist wohl ihre Vielzahl und Flexibilität. Müssten wir uns jedes Mal die selbe Katze anschauen, wären wir wohl schnell gelangweilt. Jedoch immer mit unterschiedlichen Katzen überrascht zu werden und zur Not auch mal abschalten zu können, genau das lässt uns immer wieder Ja zu kitty cat content sagen.

Wer seine Tagesdosis an Catcontent für heute noch nicht gedeckt hat, für den gibts geballte Katzenpower. „Musik about cats & for cats“ im einstündigen XXL Cat Mixx.

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Dystopie: Wenn „Gehorche“ schon auf unseren T-Shirts steht

Es ist eigentlich schon ein Klischee, Kolumnen über Überwachung stets mit George Orwells „1984“ zu belegen. Aber so spart man es sich, einzelne wissenschaftliche Belege herauszukramen, die besagen, dass Menschen unter Überwachung eindeutig ihr Verhalten ändern. Stattdessen kann man mit dem Rückgriff auf die Fiktion gleich ein breites gesellschaftliches Szenario zeichnen, zu dem einzelne inkremententale Entwicklungen beitragen.

Abkürzung in den Totalitarismus

Gleichzeitig bieten sie fast schon eine Art Checkliste, um das eigene System mit der fiktiven, totalitären Dystopie abzugleichen.

Im Film „Sie leben“ von John Carpenter entdeckt der Protagonist durch eine spezielle Brille, dass die Gesellschaft mit unterschwelligen Botschaften, wie „Obey, Reproduce, Consume“ (Gehorchen, Reproduzieren, Konsumieren.) gesteuert wird. Heute gilt es tatsächlich als besonders schick mit Kappen und T-Shirts der Marke Obey herumzulaufen. Welche Marken die Botschaften Reproduce und Consume abdecken, kann sicher jeder selbst interpretieren.

Dreister Neusprech: Von Vorratsdatenspeicherung zur Höchstspeicherfrist

In „1984“ hat Orwell das Ministerium für Wahrheit erfunden, das mit dem „Neusprech“ neue Sprachregelungen findet, um die eigene Ideologie zu verkaufen. Es gibt wohl kaum ein passenderes Schlagwort für das was mit der Vorratsdatenspeicherung geschieht: Nach einer Kehrtwende seines eigenen Gewissens präsentiert Justizminister Heiko Maas uns einen neuen Entwurf für die Vorratsdatenspeicherung unter dem Titel „Höchstspeicherfrist“. Der deutsche Linguist Martin Haase hat 2008 bereits die Rolle des „Neusprech im Überwachungsstaat“ analysiert und wie solche Wortschöpfungen dazu dienen sollen Zustimmung für Gesetzesvorhaben zu formen.

Dennoch kommt es nie genau, wie in der Fiktion. Die meisten dieser Dystopien haben beispielweise das Internet, die damit einhergehende Vernetzung von Daten und neuen Kontrollmöglichkeiten, nie vorausgesehen. Statt des großen Bildschirms an der Wand, der uns überwacht, tragen wir ihn alle in Form eines Smartphones in der Hosentaschen überall mit uns herum.

Dystopie oder Realität? Überwachung als Normalität

Die fiktiven Dystopien haben noch ein Problem, wenn man sie nutzen möchte, um auf die Gefahren von Überwachung hinzuweisen: In den meisten Szenarien lebt der Großteil der Gesellschaft sehr friedlich und zufrieden mit der aktuellen Situation. Die Überwachung wird stillschweigend akzeptiert.

Das ist wiederum erstaunlich nah an der Realität: Denn auch heute wird sich vermutlich kein großer Widerstand dagegen regen, falls die Vorratsdatenspeicherung, unter diesem oder einem anderen Namen, demnächst alle unsere Kommunikationsdaten und Bewegungsabläufe in einem Ministerium speichert.

Dieser Text erschien zunächst in der Allgemeinen Zeitung

 

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Snapchat wirbt Reporter von CNN ab

Snapchat hat sich den profilierten politischen Journalisten Peter Hamby von CNN gesichert. Hamby soll bei Snapchat die Rolle als „Head of News“ ausfüllen. Poiltico bezeichnet Hamby ohne Zweifel als „einen der besten Politischen Reporter von CNN.“ 

Viele Medienmenschen vergleichen die Einstellung Hambys mit dem Wechsel von Ben Smith als Chefredakteur zu Buzzfeed weg von Politico.

Snapchat mit Discover erfolgreich im Nachrichtengeschäft

Für Snapchat dürfte das einen weiteren Push Richtung Nachrichten bedeuten und ein weiterer Schritt in Richtung eines vollen sozialen Netzwerkes, das anderen Konkurrenz macht. Mit dem Discover Feature setzt Snapchat bereits verstärkt auf Nachrichten, hier ist auch CNN ein Partner. Kevin Rose zeigt sich nicht überrascht, das Snapchat hier ausbauen will, gemessen an dem Erfolg den sie bislang dort verzeichnen. Allein die CNN Geschichten werden eine Millionen mal am Tag über Snapchat abgerufen.

Ich habe aus der Meldung mal schnell eine Snapchat Story gemacht und diese wiederum für YouTube abgefilmt. Auf Snapchat findet man mich als netzfeuilleton. Ebenso wie auf YouTube.

snapchat-netzfeuilleton

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Küppersbusch: „Mediakraft-Verträge erinnern an die Bodenreform der DDR 1953“

Friedrich Küppersbusch Fernsehlegende und -produzent versucht sich spätestens seit dem „tagesschaum“ auch an YouTube.  Beim Frankfurter Tag des Online-Journalismus sprach er von einer echten Goldgräberstimmung, die zurzeit im Netz und vor allem in Bezug auf Bewegtbild herrscht.

Goldgräberstimmung bei Webvideos: Schippe selber mitbringen

Allerdings, wie beim Goldrausch am Klondike, muss sich erstmal jeder eine Schippe kaufen um überhaupt mitschürfen zu können. So auch bei Küppersbusch und seinem probonoTV auf Youtube. Er betonte mehrmals, dass sie bislang mit YouTube noch kein Geld verdienen. Viele der Geschäftsmodelle für Youtuber funktionieren nicht, beziehungsweise werfen zu wenig Geld ab. Sicherlich sind sie noch lange nicht vergleichbar mit allem was Küppersbusch von seinen TV-Produktionen gewohnt ist.

Aber natürlich hat sich ProBono bei der Suche nach Möglichkeiten auch die YouTube-Netzwerke angeschaut und sind zunächst bei sich um die Ecke in Köln gelandet.

Mediakraft-Verträge: Weitgehender Buy-Out

Allerdings ließ Küppersbusch kein gutes Haar an den Mediakraft-Verträgen die man ihm vorlegte.

[pull_quote_center]Obwohl ich jetzt in 19 Jahren als Fernsehproduzent einiges an Buyout-Verträgen gesehen habe, an Bedingungen für Urheber, muss ich sagen der Vertrag von Mediakraft erinnerte mich lebhaft an den Geschichtsunterricht und zwar das Kapitel Bodenreform in der DDR 1953. So etwas Weitgehendes hatte ich dann noch nicht gesehen.[/pull_quote_center]

Viel mehr als das Recht sich YouTube-Künstler nennen zu dürfen bliebe einem an Rechten bei einem Multi-Channel-Network nicht übrig, konstatiert der TV-Produzent.

MediaKraft Verträge
Küppersbusch ist natürlich nicht der erste der Probleme mit Verträgen bei einem MCN hat. Der prominenteste Fall hierzulande war wohl Ende letzten Jahres Simon Unge, der mit viel Getöse versuchte aus seinem Mediakraft-Vertrag auszusteigen. Auch LeFloid war mit Mediakrafts Gegenleistung nicht mehr zufrieden.

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Live: Die letzte Bastion des Fernsehens unter Beschuss

Der Satz „Ich schaue ja schon lange kein Fernsehen mehr“ wird immer häufiger vorgetragen. Am Besten begleitet von „Wir haben nicht mal mehr einen Fernseher“ und etwas Überheblichkeit.

Schließlich ist es inzwischen ein Leichtes auf vorgefertigte Programmschemata und Unterhaltung aus der Röhre zu verzichten. Sein Bedürfnis an Flimmerbildern kann man auch auf jedem anderen Gerät befriedigen.

YouTube bekommt jede Minute 300 Stunden neue Videos hochgeladen. Die spannenden Serien kommen aus den USA oder von der BBC, werden hier höchstens zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang ausgestrahlt und man konsumiert sie sowieso besser über Netflix & Co am Stück. Und die Videos der Freunde über WhatsApp haben immer noch mehr Niveau als das, was RTL unter Comedy versteht.

Live: Die letzte Bastion des Fernsehens

Eigentlich gibt es nur eine Bastion, die das Fernsehen noch für sich beanspruchen kann: Live-Events. Ein Fußballspiel on Demand zu schauen macht einfach keinen Spaß, wenn man schon weiß wie es ausgeht. Die große Samstagsabendshow zieht ihre Unterhaltung, wenn schon nicht aus dem Inhalt, dann doch irgendwie aus der Tatsache, dass man live dabei ist.

Und so treiben Liveinhalte dann doch immer wieder auch überzeugte Abstinenzler vor einen Nachbarschaftsfernseher oder in eine Bar, die unter den horrenden Sky-Gebühren noch nicht dichtgemacht hat.

Doch auch diese Bastion ist unter Beschuss: Aktuell erobern neue Tools den Markt, die es jedem ermöglichen einen eigenen Videolivestream zu starten. Mit YouNow streamen Jugendliche live aus dem Kinderzimmer. Die AppStore Charts werden derzeit von Meerkat und Periscope gestürmt – Zwei Apps, die er jedem erlauben mit seinen Handy live an ein Publikum zu senden.

So weit ging nicht mal Berthold Brechts Radiotheorie, in der er von einem neuartigen, „denkbar großartigsten Kommunikationsapparat“ sprach, der es jedem ermöglichen würde zu senden. Das ist nun möglich, nicht nur per Ton sondern mit bewegten Bildern.

Das Nachrichtenstudio im Handy

Tatsächlich ist mit dem Smartphone zum ersten Mal das Empfangsgerät dasselbe wie die Produktionsgerät. Das wäre so, als käme ein neuer Fernseher gleich mit einem Nachrichtenstudio, wie es die heute-Sendung auf dem Lerchenberg benutzt.

Nun höre ich schon die ersten Einwände: Es gibt doch einen Qualitätsunterschied, zwischen Handy und Studiokamera. Und ein Teenie im Kinderzimmer kann doch keinen Claus Kleber samt Redaktion ersetzen.

Periscopes Angriff auf das Fernsehen


Dem entgegne ich, dass die Veränderung von Märkten meist genau so funktioniert. Die Disruptionstheorie von Clay Christensen geht davon aus, dass disruptive Innovationen meist am unteren Ende eines Marktes beginnen. Für die etablierten Anbieter sind sie zunächst überhaupt keine Gefahr, bis sie wachsen und teils die alten Anbieter verdrängen.

Wir erinnern uns: Auch YouTube fing mit Katzenvideos an, inzwischen produzieren immer mehr TV-Sender gezielt für diesen Kanal. Und tatsächlich setzte gestern auch der BVB auf Periscope, um die Pressekonferenz mit Jürgen Klopp zu übertragen. Bis das erste Bundesliga-Spiel dort läuft, dauert es sicher noch.

Den Satz „Ich schaue ja schon lange kein Fernsehen mehr“ werden wir bis dahin immer häufiger hören.

Bild: Unter Verwendung von „Fernsehturm Schnaitsee“ CC-BY-NC 2.0 novofotoo
Dieser Text erschien zunächst in der Allgemeinen Zeitung

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Facebook und die Schutzgelderpressung für Reichweite

Facebook ist das wohl wichtigste Medienunternehmen unserer Zeit. Es beschäftigt aber keinen einzigen Redakteur. Die Inhalte kommen eigentlich von uns. Wir erstellen Sie freiwillig. Videos, Fotos oder kurze Texte – das alles stellen wir auf Facebook bereit und teilen es mit einem möglicherweise öffentlichen Publikum. Sogar professionelle Medienunternehmen stellen ihre Inhalte kostenlos auf Facebook zur Verfügung, angelockt von einem potenziellen Milliarden-Publikum, das sie dort erreichen können. Auch andere Unternehmen versuchen über Facebook ihre Kunden anzusprechen. Die eigene Webseite surft schließlich kaum jemand an, auf Facebook hingegen tummelt sich die Mehrheit der Deutschen den ganzen Tag über.

Facebook: Milliarden-Publikum ohne eigene Inhalte

Facebook weiß um diese Marktmacht und schlägt längst Kapital daraus: Wenn ein Unternehmen all seine Facebook-Fans erreichen will, muss es dafür inzwischen Geld bezahlen. Schließlich kann nicht jedem jede Nachricht angezeigt werden. Facebook priorisiert dabei nach Interesse und Qualität.

Manch einem könnte auch ein Vergleich zur Schutzgelderpressung einfallen, nach dem Motto „Schöne Reichweite haben sie da, wäre doch schade, wenn der etwas passiert.“

Medienunternehmen bekommen inzwischen angeboten ihre Inhalte doch direkt bei Facebook hochzuladen. Videos, die man direkt bei Facebook einstellt, erreichen momentan ein viel größeres Publikum, als wenn man sie nur verlinkt. Ein Problem für viele Medien, die auf Facebook bislang vor allem Links geteilt haben, um die Besucher auf die eigene Seite zu locken und ihnen dort Werbung anzuzeigen oder ein Abo zu verkaufen.

[quote_center]„Schöne Reichweite haben sie da, wäre doch schade, wenn der etwas passiert.“ [/quote_center]

Facebook arbeitet also daran, immer mehr dessen, was wir im Netz tun, in die eigenen Produkte zu integrieren. Erst vor kurzem hat Mark Zuckerberg auf der Facebook-Entwicklerkonferenz angekündigt, dass nun auch der Kontakt nach Onlineeinkäufen direkt über ihren Chat laufen soll. Darüber kann man dann auch direkt das Geld senden.

Fast alles im Netz läuft mittlerweile über Facebook

Fast alles im Netz läuft mittlerweile über Facebook oder einen dazugehörigen Dienst. Die Konsequenz: Es gibt schon erste Nutzer, die gar nicht wissen, dass sie das Netz nutzen, wenn sie auf Facebook sind. Das ergab eine Umfrage der Nachrichtenseite Quartz. Die Situation erinnert an die Anfangstage des Internets, als sich mit CompuServe und AOL zwei große Player in Stellung brachten, die das Internet vor allem als eigenes, großes Portal präsentieren wollten. Gewonnen hat den Kampf am Ende das offene World Wide Web, wie wir es heute kennen. Zumindest noch.

Dieser Artikel erschien zunächst als Kolumne in der Allgemeinen Zeitung.
Am Mittwoch erscheint dort die nächste.

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Netz & Video

So nervig: eMail in Real-Life

eMails halten irgendwie das ganze Arbeitsleben am Laufen. Ohne eMail liegt inzwischen wohl jeder Betrieb lahm, aber genau so werden wir inzwischen von dem ständig bimbelden Postfach genervt. Sie unterbrechen die sowieso schon kurzen konzentrierten Arbeitsphasen, drängeln oder bleiben liegen.

Und unzählige Fehler und Marotten haben sich eingeschlichen: Sinnlose Follow-Up-Mails, Massenmails mit mehr Empfängern als nötig, nicht enden wollende Unterhaltungen…

Und jeder von uns hat sicher schon einmal einen der peinlichen Fehler gemacht, wie eine Mail an den falschen Empfänger geschickt, den Anhang vergessen oder per „an alle antworten“ das ganze Unternehmen trivial informiert.

Email in Real Life

Tripp and Tyler haben in einem klug gesponserten Video mal überlegt, wie all das in der echten Welt aussähe. Die Mail-Kommunikation mit all ihren seltsamen Marotten, wie Smileys an Satzenden und afrikanischen Prinzen mit dubiosen Angeboten.

Die Jungs haben sowieso ein Händchen dafür die Niederungen des Büro-Alltags in unterhaltsame Video zu übersetzen. Sie haben das schon wundervoll an einem Conference Call in Real Life durchexerziert.

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Musik

Stromae – Carmen Musikvideo: Twitter ist ein gefräßiger Vogel

Stromae verfällt in seinem Musikvideo „Carmen“ dem blauen Twittervogel. Was mit einem harmlosen Selfie beginnt, übernimmt schnell sein Leben. Immer mehr Follower verlangen immer mehr Aufmerksamkeit und drängen alles andere aus seinem Leben. Die Last der Follower wiegt schwer auf seinen Schultern und begleitet ihn überall hin. Dabei geht es am Ende nur um den Kommerz, dem alle verfallen sind. Auch der Präsident der USA und die Queen haben einen Auftritt in Stomaes Carmen Musikvideo. Und schlussendlich werden sie alle dem großen blauen Vogel zum Fraß vorgeworfen.

 

Twitter: Ein wilder Vogel, den niemand zähmen kann

Natürlich versteckt sich dahinter auch eine Anspielung auf die Carmen Oper. Cromae sampelt natürlich die weltberühmte Habanera-Arie, in der Carmen auch den Satz singt:  „L’amour est un oiseau rebelle que nul ne peut apprivoiser.“ – zu deutsch: „Die Liebe ist ein Wilder Vogel, den niemand zähmen kann“. Un im nächsten Vers: „Du verschwendest deine Zeit beim Versuch sie zu Fangen.“ Und darauf hebt nun auch Stromae in seinem „Carmen“ Musikvideo ab.

Animiert wurde das Stromae Carmen Musikvideo vom französischen Filmemacher und Comiczeichner Sylvain Chomet, der bisher auch schon in den Filmen L’Illusionniste und dem Episodenfilm Paris, je t’aime brillieren durfte.

Stromae Carmen Musikvideo auf Facebook

Interessanterweise feiert das Stromae Carmen Musikvideo bei BuzzFeed Permiere. Entsprechend ihrer neuen Strategie laden sie es auch komplett auf ihrer Facebookseite hoch. Eine Move, von dem wohl beide Seiten profitieren dürften: BuzzFeed hat einen Videohit und Story und Stromae bekommt für sein Carmen Musikvideo gleich ordentlich Promo.

Mir euch gleich eine Möglichkeit die neue Einbettfunktion von Facebookvideos zu testen. Mir bleibt auch gar nichts anderes übrig, denn auf Youtube ist der Clip in Duetschland aus bekannten Gema Gründen gesperrt. Noch ein Vorteil also, den Facebook Videos Youtube momentan voraus haben. Zumindest bislang.

Update: Lustigerweise funktioniert die gerade gepriesene Embedding Funktion von Facebook bei mir überhaupt nicht. Zumindest nicht so einfach und ich musste erst einen größeren Umweg gehen. Grad spinnt es wieder, zur Not ist es hier.