Facebook prahlt derzeit mit gigantischen Videozahlen. Inzwischen sollen es 4 Milliarden Videoabrufe am Tag sein. Ein enormes Wachstum, im Januar waren es noch 3 Milliarden. Entscheidend für diese Zahlen ist aber vor allem die Autoplay-Funktion, die Videos automatisch in der Timeline anspielen lässt. Was steckt also genau hinter diesen Zahlen und wie sind sie zu bewerten?
Facebook Videozahlen offiziell: 4 Milliarden Abrufe am Tag
Dazu habe ich einmal beispielhaft ein recht erfolgreiches Video auf Facebook genauer analysiert und mit ihren YouTube-Aufrufen verglichen. Bitte beachten: Die Zuschauerbindung hängt extrem vom Inhalt ab und kann nicht ohne Weiteres auf andere Clips übertragen werden. Ein schneller Blick auf andere Videos zeigt aber, dass das beschriebene Verhältnis zwischen Facebook und YouTube ähnlich ist. Insgesamt geht das Video 1:25 Minuten und Facebook weist dafür 112.945 Views aus.
Von 112.945 Zuschauern bleiben am Ende nur 9.600 übrig
Als View zählt in Facebooks Videozahlen alles ab 3 Sekunden, interessant ist aber was danach noch übrig bleibt. Nach 30-Sekunden bleiben nur noch 24.121 Zuschauer. Am Ende sind es nur noch 8.5% derer, denen das Video zu Beginn angezeigt wurde.
Die Zuschauerbindung ist also extrem gering bei allen, die das Video einfach so in die Timeline gespült bekommen. Ein Großteil hat wohl nur vorbeigescrollt und nicht schnell genug den Ausschalten-Knopf gefunden. Denn die mangelnde Zuschauerbindung liegt aber nicht am Inhalt des Videos. Zum Vergleich: Bei Youtube sind am Ende desselben Videos 73% der Zuschauer dran geblieben. Während auf Facebook im Schnitt nur 0:24 Sekunden geschaut werden, bleiben die Zuschauer bei YouTube im Durchschnitt bis zu Minute 1:10.
Bei den aktiven Zuschauern bleiben fast ¾ bis zum Schluss
Das liegt aber nicht an Facebook als miese Videoplattform per se, sondern tatsächlich an der Autoplay-Funktion. Schaut man sich die Facebook Videozahlen zu denen an, die gezielt bei einem Clip auf Play geklickt haben, sind hier die Werte fast gleich. Dann bleiben nämlich ebenfalls rund 73% der Zuschauer bis zum Schluss. Die Autoplays alleine lassen nur 6,83% bis zum Schluss schauen. Positiv ausgedrückt hat man durch Autoplay 1.173 Zuschauer gewonnen, die tatsächlich bis zum Schluss dranbleiben.
Tatsächlich haben auch nur 6.274 jemals aktiv auf Facebook gesagt sie wollen den Clip anschauen. Diese sind dann im Schnitt aber auch wesentlich länger drangeblieben. Woher sie kommen und ob sie Autoplay generell auf Facebook ausgeschaltet haben, lässt sich mit den Analytics leider nicht sagen. Das bedeutet, die offiziellen Zahlen, die Facebook unter jedem Video ausweist und mit denen sie so hausieren geht, sind wenig wert. [Tweet this!] Sie lassen sich in keinster Weise mit YouTube Views vergleichen.
Facebook hat die Hoheit über die Verbreitung
Eine starke Zahl kann Facebook aber für sich vereinnahmen: Die geteilten Inhalte. Dort stehen bei Facebook unter dem untersuchten Video knapp 1.500-mal geteilt. Bei YouTube nur klägliche 34-mal, bei rund 2.500 Views. Dennoch zeigt es die Hoheit von Facebook an, Videos viral werden zu lassen und verbreiten zu können. Bei YouTube stellt sich fast schon die Frage, wo ich deren Videos teilen soll, wenn sie von Facebook nach unten gerankt werden.
Mit der Veränderung des Medien- und Videomarktes beschäftige ich mich regelmäßig. Auch in meinem morgenlinks-Newsletter. [mc4wp_form]
7 Antworten auf „Wie Facebook mit zu hohen Videozahlen hantiert“
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[…] mit der Videogröße YouTube vergleicht: Autoplay und Facebooks eigene Ausspielpolitik sollte man nicht außer acht lassen […]
[…] Facebook prahlt gerne mit seinen hohen Videozahlen. Doch was steckt eigentlich hinter diesen und wie sind diese zu bewerten? Jannis Kurchatz hat dies ausgewertet und die Zahlen mit denen von YouTube verglichen. Netzfeuilleton […]
[…] Wie Facebook mit zu hohen Videozahlen hantiert http://netzfeuilleton.de/facebook-videozahlen/ […]
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Gute Analyse. Nur: Es ist zwar ein Trick- aber dennoch extrem erfolgreich. Denn für Facebook geht es im ersten Schritt nur darum, ueberhaupt erst einmal „einen Fluss in die Tür zu bekommen“, dafür braucht man die Bereitschaft der Videomacher kostenlos zuzuliefern. Dabei sind diese Mondzahlen sehr erfolgreich.
[…] Darüberhinaus lässt sich auch etwas über das Nutzerverhalten aus den Folien ablesen. So verbringen deutsche Nutzer im Schnitt 39 Minuten auf der Plattform und öffnen die TikTok App im Schnitt 8x am Tag. Das spricht schon für ein immenses Nutzerengangement. Zumal die Videos in der App maximal eine Minute, häufig aber nur 15-30 Sekunden lang sind. Mit diesen Zahlen kommt TikTok auf insgesamt 6,5 Milliarden Video Views / Monat. Durch die Kürze der Videos lassen sich diese Video Views natürlich schlecht mit anderen Plattformen vergleichen. […]