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PaperC – Vom digitalen Copyshop zum Wissens-Netflix

Als PaperC 2009 an den Start ging, wurde es von allen Seiten bejubelt.  Man wurde zum Start-Up des Jahres gewählt, das Handelsblatt nannte das Konzept eine Revolution. Fachbücher online kostenlos lesen und nur für einzelne Seiten zu bezahlen, wie in einem Copyshop. Doch das Geschäftsmodell ging nicht auf. 

Man hatte mit PDF auf das falsche Format gesetzt, war nicht mobiltauglich und die Nutzer wollten nur zögerlich bezahlen. Seit Anfang des Jahres hat man von paperc.de auf paperc.com gewechselt, setzt dort auf HTML und ePub statt PDF. Außerdem will man Bücher nun zum mieten anbieten und in naher Zukunft endlich auch die versprochene Flatrate. Wir haben mit Martin Fröhlich, dem Gründer und Geschäftsführer von PaperC, gesprochen. Über die neue Vision für PaperC und wo es mit der Ebook-Branche hingeht..


Was treibt dich an PaperC weiter zu machen? Was daran liebst du?

[pull_quote_right]Wir mussten von unserem Modell weggehen und erstmal zu einer neuen Vision kommen [/pull_quote_right] Martin Fröhlich: Ich bin ein Freidenker und ein guter Verkäufer, aber ich versuche mir immer klar zu machen, ist das wirklich das was ich möchte. Komme ich authentisch rüber und spiele nicht auf einer Klaviatur auf der ich mich nicht wohlfühle. Wo ich für etwas kämpfe, da möchte ich auch dafür brennen. Genau an diesem Punkt standen wir mit PaperC schon öfter. Zu sagen: Wir sind als ein virtueller Copyshop gestartet und mussten von dem 10 Cent pro Seite-Modell weggehen und ich habe mich dann irgendwann gefragt: Lohnt es sich noch für die Idee zu kämpfen, wenn der Markt noch nicht so reif ist? Und dann kamen wir erst wieder zu einer neuen Vision, nachdem wir uns ein paar Wochen eingeschlossen haben, nicht mit der rosaroten Brille draufgeschaut haben. Dann haben wir gesehen jedes Individuum braucht einen anderen Einstieg in Wissen und Wissensadaption. Warum muss es immer nur reiner, rudimentärer Text sein? Wir wollen wir mit PaperC da hinkommen, dass es eben nicht nur um reinen Text geht, sondern es mehrere Layer gibt mit Videos, Bildern, User-Generated-Content und letztendlich auch den Nutzern, die sich darüber austauschen. Und seither brenne ich wieder für PaperC, weil danach habe ich gesucht. Geschäftsmodelle wandeln sich und da muss man hartnäckig am Ball bleiben.

Aber PaperC ist ja mit dem Versprechen gestartet: Fachbücher kostenlos lesen und erst bezahlen, wenn man irgendwas mit der einzelnen Seite machen will, sie bearbeiten oder ausdrucken. Das heißt, davon seid ihr jetzt weg. Man kann bei euch nicht mehr kostenlos lesen und ihr wollt diese kostenlose lesen durch Videos ersetzen?

Martin Fröhlich: Da wollen wir irgendwann hin. Aber erstmal ja, wir sind davon weggekommen, weil es der Zeit voraus war. Nutzer haben gerade erst verstanden, ich miete oder kaufe ein Buch. Mit einzelnen Kapiteln setzt sich das immer mehr durch, aber das Seitenkaufmodell war für den Nutzer letztendlich sehr micropaylastig. Der Nutzer steht bei jeder Seite vor der Kaufentscheidung jetzt 10 Cent zu bezahlen. Das ist sehr mühselig. Deshalb sind wir von dem Seitenmodell weggekommen. 10% kostenfreies einlesen ist immer noch unser Versprechen. Wir haben aktuell die Rechte bei den meisten unserer 130.000 Titel, das man diese 10% kostenfrei einlesen kann, egal an welcher Stelle. Aktuell ist es technisch aber noch so umgesetzt, dass es die ersten 10% sind. Wir arbeiten aber daran, dass irgendwann auch umzustellen.

Wenn ich dann die ersten 10% gelesen habe, stehe ich vor der Entscheidung, ob ich das komplette Buch kaufen möchte, weil es ein Standardwerk ist, oder ob ich es für 1, 3 oder 6 Monate ausleihen will. Das heißt in Zukunft werden bei PaperC zwei Kaufbuttons stehen: Kaufen oder Mieten. Das wird in naher Zukunft kommen. Wir haben jetzt von den 120.000 Büchern 20% in dem Mietmodell drin und auch in dem Flatratemodell. Das ist eine Frage der Zeit, bis wir dann auch die Flatrate publizieren. Im Hintergrund sammeln wir fleißig Content ein, wir akquirieren jede Woche zwischen 3000–4000 Titel. Da passiert extrem viel aktuell.

Das heißt von einem Flatratemodell seid ihr noch nicht weg? Weil das ist so ein bisschen der Hype in der Buchbranche, den ich von außen sehe: Wo bleibt das Netflix für Bücher. Ist es das, wo ihr hinwollt?

[pull_quote_left]Ich träume immer noch von einem Netflix für Bücher. Und es wird kommen.[/pull_quote_left]

Martin Fröhlich: Ja, ich träume immer noch davon und es wird kommen. Aber ich habe gelernt nicht so viel Wind in der Presse zu machen, sondern just do it. Wir sammeln im Hintergrund jetzt den Content ein und erst wenn wir 40.000–50.000 Titel in der Flatrate haben, dann werden wir es publizierten und auch fokussiert im Marketing vorgehen. Wir werden dann sehen in welchem Fachgebiet wir viele Titel für das Flatratemodell haben. Wenn wir dann in der IT Literatur gut aufgestellt sind, kommen wir damit zum Beispiel gezielt zu den Top 5 IT-Universitäten. Readify macht das Flatratemodell ja schon im Belletristik Bereich, die werden sich aber auch öffnen gegenüber Non-Fiction. In Amerika habe ich Oyster, die immer stärker wachsen.
Wir verstehen uns aber mehr als Arbeits- und Wissensplattform. Wir wollen dem Nutzer erstmal diese Kauf- und Mietentscheidung geben und in naher Zukunft, ich will mich nicht auf einen Zeitpunkt festlegen, kommt dann der Flatratebutton. Erstmal möchte ich das Mietmodell an den Start bringen, wie weit das dann die eBook-Verkäufe kannibalisiert, wird sich zeigen. Aber Nutzer haben gelernt eBooks zu kaufen und zu besitzen, deshalb sollte man sich davon nicht komplett verabschieden. Erstmal.

Bei Fachbüchern hat man ja das Problem, dass sie im Vergleich zu Belletristik wirklich teuer sind. Wo ich für das Paperback 10 Euro ausgebe, kostet das obskure Fachbuch über die neusten Marketingtechniken plötzlich 60€. Sogar als eBook, von daher ist die Idee für ein Mietmodell gar nicht schlecht.
Aber ihr habt da auch Konkurrenz. Wenn ich an Springerlink denke, die direkt an die Bibliotheken Flatratemodelle für ihre Titel verkaufen.

Martin Fröhlich: Richtig, und natürlich ist das auch nicht schlecht. Aber es ist nicht zeitgemäß. Springer verkauft sein teures Paket an die Universität mit beispielsweise 30.000 eBooks in einer Flatrate pro Jahr für 5.000 Studenten. Ich habe aber mit immer mehr Bibliothekaren gesprochen, die sich sagen sich, warum soll ich im Voraus für 5.000 Studenten zahlen, wenn vielleicht am Ende des Jahres nur 1.000 Studenten den Service genutzt haben? Die kommen immer mehr zu einem Pay-per-Use-Modell.

Du hast noch angeschnitten, das ihr in Richtung Videos, Bilder und User Generated Content gehen wollt. Wie stellst du dir das Modell vor und wie passt das zusammen?

Martin Fröhlich: Das ist meine Vision, für die ich persönlich brenne. Ich habe mich immer gefragt, warum ist die Diplomarbeit der Zukunft kein enhanced eBook? Das Projekt wollte ich an der Freien Universität Berlin durchführen, aber letztendlich gibt es da viele Hürden. Wir wollten das mit Studenten damals durchbekommen, aber die Restriktionen der Universität haben das nicht zugelassen und es ist gescheitert. Das ist schade. Man muss vielleicht einen Professor finden, der sich dafür einsetzt. Dabei würde ein enhanced eBook die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass das Wissen auch ins Langzeitgedächtnis übergeht, weil es Spaß macht. Es wäre eben nicht nur hingeranzter Text, sondern mannigfaltig und die digitalen Medien geben uns dazu eigentlich die Möglichkeit.

[pull_quote_left]Warum ist die Diplomarbeit der Zukunft kein enhanced eBook? [/pull_quote_left]

Wo wir mit PaperC hinwollen ist ganz klar: Ich hab eine Frage und dann gebe ich die Frage bei PaperC ein. Zum Beispiel “Kolibris in Südostasien” und dann bekomme ich die Top 3-Fachbücher, die Top 3-Hausarbeiten, Top 3-Videos, Bilder und die Top 3-Leute, die sich darüber austauschen. Je nachdem, was ich anklicke, springe ich dorthinein und kann mir das erst einmal anschauen. Die Bilder und Videos werden kostenfrei sein. Aber im nächsten Schritt brauche ich Quellenangaben, ich brauche etwas um meine Abschlussarbeit vorzubereiten und Literaturhinweise. Und dann kann ich auf PaperC das Buch kaufen oder mieten. Da wollen wir hin und Mehrwerte schaffen. Das heißt, wo Google und Amazon dir das Buch mit einem schönen Lesereader gibt, wollen wir dir die Werkzeuge der Wissensadaption an die Hand geben. Bei uns gibt es Messer, Gabel und Löffel in Form von Notizen, Zitate und der automatische Quellenangabe. Statt einem reinen Lesereader geben wir dir den Arbeitsreader an die Hand, mit vertaggten Büchern, Videos, Bildern und Nutzern, die sich dazu austauschen.

Da würdet ihr ja fast schon mit YouTube konkurrieren. Wie wollt ihr da Leute dazu bringen, gezielt Videos für die einzelnen Themen zu erstellen und dann bei PaperC einzustellen? Oder sucht ihr, was es schon auf YouTube gibt und bindet das bei euch ein? Oder soll das Material aus solchen enhanced ebook Abschlussarbeiten kommen, wie du sie angesprochen hast?

Martin Fröhlich: Wir wollen in ein Vertaggungssystem rein. Wenn ein Nutzer bei uns sehr aktiv ist, wird er zum Bookmaker und geben diesem dann gezielt die Möglichkeit Artikel oder Videos zu vertaggen. Das kann dann Spiegel Online sein oder YouTube, das wird dann einfach über ein Widget verlinkt. Da wollen wir gezielt ran gehen. Leander Wattig ist Social Media Experte, Leander könntest du das nicht für uns in diesem Bereich übernehmen, in diesem Bereich den User Generated Content zu füttern und zu pflegen. Die Zauberformel haben wir auch noch nicht gefunden. Es wird eine Kombination aus Arbeitswerkzeugen und Social Reading. Wir gucken in die ganze Welt der Hausarbeiten und Diplomarbeiten hinein. Natürlich sind wir jetzt auch in Verhandlung mit einzelnen Content Providern, die Videos oder andere Inhalte haben. Zum Beispiel mit dem Handelsblatt. Die schreiben Artikel zu aktuellen Themen und wir werden dann die passenden Bücher über ein Vertaggungssystem dazu liefern und wir werden umgekehrt in den Büchern die aktuellen Artikel taggen. Das ist unser nächstes Ziel.

Wo siehst du denn den eBook-Markt in 5–10 Jahren. Wo geht das hin?

Martin Fröhlich: Ich sehe die Zukunft ganz klar im C2C-Markt, also Consumer zu Consumer. Wo Autor gleich Leser ist und Leser gleich irgendwann Autor. Klar haben die Verlage eine Existenzberechtigung, um qualitativ hochwertigen Content zu liefern und das sollen sie auch machen. Aber um diese Existenzberechtigung zu beladen müssen sie sich immer weiter umformieren, zu Techcompanies mit einer IT-DNA. Sie outsourcen gerade die ganze Appentwicklung und sind damit extrem abhängig.

[pull_quote_right] Die Nutzer werden Mitherausgeber.[/pull_quote_right]

Die Königsdisziplin bei erfolgreichen Geschäftsmodellen hat Soundcloud vorgemacht: Wenn ich irgendwo in einem Lied etwas kommentiere, werde ich Teil des Songs. Und das adaptiert in die Verlagswelt, wenn man sagt jeder will sich äußern oder sich mitteilen. Dann ist es doch extremgeil, als Plattformbetreiber, sei es ein Verlag oder wir, den Autoren eine Möglichkeit zu geben sich mit anderen Nutzern auszutauschen. Davon hat der Autor was und die Nutzer werden Mitherausgeber bei einer neuen Auflage auf aktueller Basis. Da werden wir immer weiter hinkommen.

Was sagst du dann zu dem Modell von Sascha Lobos eBook-Plattform sobooks? Die sind zwar immer noch beta, aber versuchen so ein Modell, dass Nutzer kommentieren und dann neue Fassungen veröffentlichen können. Ist das etwas, von dem du sagst: Richtige Richtung?

Martin Fröhlich: Es geht in die richtige Richtung. Ob es das gelbe vom Ei ist oder nicht, kann man noch nicht sagen. Die haben viel Wind gemacht in der Anfangsphase, das haben wir mit PaperC am Anfang auch, aber inzwischen ist da meine Ansage: Halb lang Jung, deviiert erstmal. Aber ich habe auch gemerkt, dass die technologische Umsetzung oft dreimal so lang dauert. Es ist bislang aber noch nicht ganz, was ich mir erhofft habe.

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Großes Kino Kultur Video

Warum Edgar Wright so ein großartiger Filmemacher ist

Was macht Edgar Wright zu einem so großartiger Regisseur und Filmemacher? Als ich Scott Pilgrim vs. the World gesehen habe, habe ich ihn am nächsten Morgen direkt noch einmal geguckt. Das habe ich davor nur einmal getan, als ich mich mein Vater mit 15 endlich Matrix anschauen ließ. Bei Hot Fuzz habe ich mehrmals laut aufgelacht und das ist noch nicht mal sein stärkster Film.

Comedy-Filme sind mehr als das Abfilmen von Punchline-Aufsagern

Das Video oben von Tony Zhou erklärt, was Edgar Wrights Filme so großartig macht und so lustig. Er begreift Comedy-Filme als sehr viel mehr, als das reine Abfilmen von Punchline-Aufsagern. Edgar Wright nutzt eben das ganze Medium Film statt nur der Audiospur, um Witze zu erzählen und Pointen zu landen. Wie viele visuelle Gags alleine in Scott Pilgrim vs. the World versteckt sind, die einen schmunzeln lassen, wenn man die Referenzen erkennt und trotzdem versteht man den Film auch ohne. Wir innovativ die Optik des Films war, wie perfekt die Musik in die Szenen griff und wie alles dann auch noch mehrere Ebennen hat. Das ist eben gute Unterhaltung, die über Comedy hinaus geht.

Und auch wenn ich Tony Zhous Kritik an vielen der Hollywood-Comedies teile, so hoffe ich doch, dass sie nicht allen seinen Forderungen folgen. Dinge die ins überraschend Bild poppen, können auch schnell langweilig werden. Ich denke, das wäre ein Effekt, der sich schnell abnutzt, wenn er tatsächlich in jedem Hollywoodstreifen auftaucht. Aber sie dürfen natürlich gerne von Edgar Wright lernen, kreativ werden und das Medium Film als das begreifen was es ist: Eine künstlerische Leinwand, die größer ist, als die Leinwand auf der Film am Ende läuft.

[quote_center]Cinema is a matter of what’s in the frame and what’s out.
Martin Scorsese[/quote_center]

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Kleines Fernsehen Musik

„Sing meinen Song“ – Es gibt noch Musik im deutschen Fernsehen

„Live-Musik im Deutschen Fernsehen? Das macht doch niemand.“ Offensichtlich schon. Letzten Dienstag wurde die erste der sieben Folgen der Musikshow „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ auf Vox ausgestrahlt. Normalerweise kein Grund dem große Beachtung zu schenken. Doch dieses Format hat mich vor allem als Sängerin überrascht. Mit professioneller Band, ohne großes Publikum, ohne Buzzer, ohne fiese Sprüche, aber mit einer guten Portion Humor.

Ohne Buzzer, ohne fiese Sprüche

Man kann wirklich sagen, die Musik steht im Vordergrund. Kritiker könnten anmerken, dass es sich nur um PR und Aufmerksamkeitshascherei handelt. Ich sage, es ist Zeit ein gutes Format im TV auch mal zu würdigen.

Fünf unterschiedliche, mehr oder weniger kommerzielle Berufssänger (Pop- und Soulsängerin Sarah Connor, (Hard) Rockerin Sandra Nasic, Sohn Mannheims Xavier Naidoo, Jazzer Roger Cicero, Pop & Rock ´n Roller Sascha, Singer-Songwriter Gregor Meyle und Schlagersänger Andreas Gabalier) setzten sich bei „Sing meinen Song“  in- zugegeben- einer etwas weichgespülten Location in Südafrika zusammen, um die Songs des jeweils anderen zu interpretieren.

Die Songs vollziehen einen Striptease

Doch die „Der Bachelor“-anmutende Location rückt nach genauerem Hinhören in den Hintergrund. Die Songs des einstigen Schmuse-Popsängers Sascha vollziehen durch die Interpretation ein Striptease, sie werden auf ihren wahren Kern reduziert, von den poppigen Rhythmen und Phrasierungen befreit. Man merkt, dass „das gewisse Etwas“ eines Sängers nicht nur in der Unverwechselbarkeit der Stimme, sondern auch in der individuellen Interpretation des Songs liegt.

Je mehr man bei einem Auftritt Saschas Version vergessen hat bzw. das Gefühl hatte, einen neuen Song zu hören, desto besser die musikalische Leistung. Roger Cicero zeigte wie vielfältig Jazz ist, als er aus „This is my time“ eine swingende und komplett neue Version mit Bläsern machte. Ich, nie wirklich Xavier Naidoo Fan, hätte bei seiner Interpretation von „If you believe“ gedacht, dass er gleich „Dieser Weg“ anstimmt. Und da musste ich überrascht anerkennen, dass er nicht umsonst eine steile Karriere hingelegt hat.

Mir war nie bewusst, wie viele gute Songs Sascha geschrieben hat

Natürlich haben sich die Sänger Songs ausgesucht, die zu ihnen passen. Dabei muss man auch die Bandbreite und Vielfalt von Saschas musikalischem Werdegang würdigen. Mir war nie bewusst, wie viele gute Songs er in seiner doch recht kommerziellen Karriere geschrieben hat. Denn das Arrangement steht zwar immer im Vordergrund, ist aber nichts als die äußere Hülle des Herzens eines Songs, der Lyrics und der Harmonien.

Eine bluesige Version von „I feel lonely“. Ja genau, „lo-lo-lo-lo-lonely“

Die beste Leistung des ersten Abends lieferte wohl Sarah Connor ab. Sie zeigte was es heißt, über die Harmonien eines Songs zu improvisieren, auf den ersten Blick die Melodie zwar zu verändern, bei näherem Hinhören das Lied aber nur in einem neuen Gewand zu präsentieren. Sie beeindruckt mit einer leisen, bluesigen Version von „I feel lonely“ (ja genau, „lo-lo-lo-lo-lonely“) und wird von anderen als beste Interpretation des Abends gekürt.

„Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“

Zugegeben der Name „Sing meinen Song. Das Tauschkonzert“ kommt etwas altbacken und schwerfällig daher und auch Xavier Naidoo als „Moderator“ führt etwas holprig durch den Abend. Allerdings bleibt alles intim im kleinen Musikerkreis, der nicht von einem außenstehenden Entertainer gestört wird.

Heute Abend wird es wohl noch eine Stufe schwerer, denn nun sind die Songs von Guano Apes Frontfrau Sandra Nasic an der Reihe. Man darf gespannt sein, was zum Beispiel Herr Gabalier mit der Snowboardhymne „Lords of the Boards“ anstellt, um sie zu seiner eigenen zu machen. Ach ja, Alkohol getrunken und aus dem Musiker-Nähkästchen wird auch geplaudert. Reinhören lohnt sich.

„Sing meinen Song“ läuft dienstags um 20.15 bei Vox, alle Sendungen sind auch in der Mediathek jeweils 7 Tage lang kostenlos verfügbar. Natürlich sollen hinterher auch alle Songs auf CD erscheinen.

Bild: © VOX/Stefan Menne

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Großes Kino

Die Symmetrie des Wes Anderson

Erst letzte Woche habe ich mir „Grand Budapest Hotel“ angeschaut. Ein großartiger Film von Wes Anderson, in dem er es wieder einmal schafft einen mit seinem ganz eignen Look zu verzaubern und in eine eigene Welt zu entführen. Ein großer Teil seines ganz eignen Looks ist die perfekte Symmetrie, der er dabei in vielen seiner Einstellungen erreicht.

Wes Anderson Supercut

Vimeo-User kogonda hat aus all den Wes Anderson Filmen wie „Die Royal Tenenbaums, „Die Tiefseetaucher“, „Darjeeling Limited“ und „Der fantastische Mr. Fox“ die symmetrischen Einstellungen herausgesucht und daraus einen Wes Anderson Supercut erstellt.

Dasselbe hat er auch schon mit Stanley Kubrick gemacht, was uns damals zu diesem YouJustDon’tDo Short inspiriert hat.

 

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Großes Kino

„The Congress“ – Ein Traum zwischen Comicwelt & Realfilm

Ari Folman ist zurück. 2008 überzeugte der israelische Animator die Filmkritiker in Cannes mit “Waltz with Bashir”. Dieses Jahr versucht er dasselbe mit “The Congress”, einem halb real-halb animierten Sci-Fi-Drama über und mit Robin Wright.

„The Congress“ ist Folmans lose Adaption des Romas „Der futurologische Kongreß” des polnischen Autors Stanisław Lem. Wobei hier die Betonung auf lose liegt. Es lassen sich nur wenige Parallelen zur literarischen Vorlage finden und auch die zahlreichen Handlungsstränge im Film selbst sind höchstens lose an einen roten Faden gebunden, wenn sich dieser überhaupt festmachen lässt. „The Congress“ sind 122 Minuten vollgepackt mit Tricks und Ideen sowie Farben und Gedanken. Und dem Zuschauer bleibt nichts anders übrig als die unzusammenhängenden und herumwirbelnden Elemente selbst zu einem Ganzen zusammenzufügen.

Was als Realfilm beginnt verläuft sich in eine düstere, animierte Dystopie

Folman bewegt sich verworren zwischen Realfilm und Animationsfilm. Was als Realfilm beginnt verläuft sich in eine düstere, animierte Dystopie. Nur um dann mit einem kurzen Abstecher in eine traurige Realwelt wieder im Farbenrausch der Animation zu enden. Erzählt wird dabei die Geschichte der inzwischen erfolglosen Schauspielerin Robin Wright, gespielt von Robin Wright, die mit 40 Jahren auf ihren früheren Erfolg in die „Braut des Prinzen“ zurückblickt. Wrights Karriere ist nicht nur am Ende, sondern hat nie so stattgefunden wie wir es erlebt haben. Um diese Fehlentscheidungen auszugleichen, schlagen die „Miramount“ Studios vor, sie zu scannen. Ziel ist es, ein digitales Abbild von Wright zu schaffen und so ohne ihr eigenes Zutun ihre Mimik und Gestik auf die Kinoleinwände zu projizieren. Für Wright selbst bedeutet dies, finanzielle Absicherung und eine Filmfigur, die niemals altert.

Soweit so gut. Bis hier hin geht die Realwelt, bis hier hin geht ein klar zu erkennender roter Faden. 30 Jahre nach diesem Vertragsabschluss reist Wright – inzwischen mit grauem Haar und Falten – zu einem Kongress, veranstaltet von den „Miramount“ Studios. Dieser findet allerdings in einer rein animierten Welt statt. Wright und alle und alles um sie herum werden zu Comicfiguren. Farben stürzen auf den Zuschauer ein, Figuren bewegen und unterhalten sich. Ein Rausch von Eindrücken, die nur schwer zu fassen sind. Die Kamera bewegt sich von Wright weg und wieder zu ihr hin. Sie verliert den Zuschauer und schickt ihn gleich wieder ins Geschehen. „The Congress“ berührt viele Themen: Die Filmstudios und ihr Versuch, Träume zu verkaufen, die Auf- und Abgehenden Sterne von Filmstars und nebenbei noch die Suche einer Mutter nach ihrem kranken Sohn in einer animierten, bunten aber kalten und gefühlslosen Welt.

Eine bunte aber kalte und gefühlslose Welt

„The Congress“ erzählt eine Geschichte, die sich über 50 Jahre hinweg erstreckt. Die Jahre vergehen rasend schnell, die Entwicklung vollzieht sich aber scheinbar langsam. Wright wirkt leer und träge als hätte sie mit ihrem Scan auch ihr Inneres verloren. Aber vielleicht ist das auch nur eine mögliche Lesart des Films. Der Zuschauer scheint sich entscheiden zu müssen, welchem Handlungsstrang er folgen möchte. Sind die animierte Welt und ihre Strukturen wichtig oder Wrights Weg? Der Film als Ganzes lässt den Zuschauer oft allein und verwirrt zurück. Oder aber man folgt der Einladung des Films und flüchtet in seine eigene animierte Traumwelt. Farben, Figuren und Bilder bietet „The Congress“ dafür in Hülle und Fülle.

Fazit: „The Congress“ ist ein Film, der durch seine visuelle Note aus dem Rahmen fällt, wie weit der Zuschauer aber mit aus dem Rahmen der Erzählungen fällt, scheint ganz ihm überlassen. Ari Folmans neues Werk lädt zu einer wilden Fahrt in eine bunte Filmzukunft ein, mit einem offenen Blick kommt man am Ziel der Fahrt an – das Risiko in einer Comicwelt verloren zu gehen, ist allerdings nicht zu unterschätzen.

The Congress Trailer

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Musik Video

GTA IV – A thousand Miles

Ich weiß noch, ich habe dieses Lied und vor allem das Video dazu gehasst. Damals, als es noch Musikfernsehen gab und ein VIVA, das sich bereit erklärte das rauf und runter zu spielen. Es war einfach dämlich, wie Vanessa Carlton da mit einem fahrenden Klavier durch die Gegend düste und wegen mir hätte sie dafür polizeilich verfolgt werden dürfen.

Umso lustiger ist das hier, denn eine GTA IV Mod macht diesen Traum war. Piano Autos fahren durch die GTA IV Spieleumgebung und dazu eben jener Track. Großartige Netzkultur. Wird bestimmt bald geGEMAt, aber so lange darf man noch lachen:


(DirektThousandMilesGun)

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Flimmern & Sehen Großes Kino

R.I.P. James „Tony Soprano“ Gandolfini

James Gandolfini ist im Alter von 51 Jahren in Rom an einem Schlaganfall gestorben, so meldet es der Sender HBO. Gandolfini wurde spät berühmt, wie der New Yorker in einem schönen Nachruf schreibt, und zwar mit seiner Rolle als Tony Soprano in The Sopranos.

Ohne die Sopranos kein Breaking Bad

Man muss sich mal ins Gedächtnis rufen: Die Soparons waren es, die das lange, epische Erzählen, dass wir heute in Serien wie Game of Thrones, The Breaking Bad etc. so lieben erst salonfähig machte. Gandolfini hat mit seiner hervorragenden Darstellung eines Charakters dafür gesorgt, dass nicht mehr das Kino der Raum für epische Erzählungen und intensive Charakterstudien ist, sondern es inzwischen vom Fernsehen überhohlt wurde.

Ein neues Gangsterimage

Die Sopranos und James in der Hauptrolle als Tony hat außerdem das Image des Gangsters im Film gewandelt (darüber wollte ich mal noch ausfürhlicher schreiben). Weg vom harten Gangster hin zum Familienvater der Probleme mit seiner pubertierenden Tochter hat. Das war ganz großer Stoff. Danke dafür James Gandolfini.

Bild unter CC-BY-SA von zak mc

Im Holsten’s wurde die finale Szene der „Sopranos“ geschossen und sie erinnern daran, in dem sie heute Tonys Tisch reserviert haben.

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Solltet ihr die Sopranos noch nicht gesehen haben, wird es höchste Zeit. Achja und auch hier gilt mindestens 3 Episoden Zeit geben, die Pilotfolge ist nämlich noch nicht so gut und da wurde noch viel geändert. Aber viel Spaß mit einer großartigen Serie.

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Musik

Schönes Wetter, schöne Musik

Mein Kumpel Andi hat endlich, nach Jahren mal wieder seine Plattenteller aus dem Keller geholt. Als ich ihn letztens besucht habe war es ein echter Flashback in den alten Plattenkisten zu wühlen, in Erinnerungen zu schwelgen und sich über neue Tracks auszutauschen. Dann durfte ich noch erleben, wie er am Abend nur mit einem iPhone bewaffnet die Leute im Club dazu brachte von ihren Loungesofas aufzustehen und sich zu bewegen. Deshalb freue ich mich umso mehr, das er jetzt Mixes auf soundcloud raushaut. Passend zum Wetter tragen die den Titel Frühlingsmusik 2013, wer also bei dem Wetter lust hat auf entspannten Deep House mit Florian Paetzold, Nico Pusch, Fennec&Wolf schön zusammengemischt lausche hier:

Bild:  Some rights reserved by Pink Sherbet Photography

Ich muss jetzt weiter hier im Café meinen Iced Capuccino schlürfen.

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Flimmern & Sehen Großes Kino

Quentin Tarantino über Django & die Symbolik von Essen

Tarantinos Dialog über Burger in Pulp Fiction* ist legendär, ebenso die Trinkgeld Szene in Reservoir Dogs* und wenn Hans Landa (Christoph Waltz) Shosanna Dreyfus (Mélanie Laurent) zum Strudel essen ausführt, stockt einem der Atem.

Was genau es mit den Essensszenen bei Tarantino auf sich hat, wie er sie für die Exposition und Machdemonstration nutzt, hat er jetzt in einem tollen Interview mit KCRW erklärt. Eigentlich gab es zu dem Teil über Essen einen schönen Youtube-Zusammenschnitt, der einem die jeweiligen Szenen noch einmal ins Gedächtnis ruft, aber leidet gerade unter Copyrigth.

Es lohnt sich aber auch das gesamte Interview anzuhören, den er geht auf noch mehr ein: Den Vorwurf, dass „Django Unchained“* wieder die Geschichte eines weißen Retters sei, anstatt ein Film über einen schwarzen Helden und warum er die Gewalt im Film nach dem ersten Screening zurück geschraubt hat.


(DirektMp3, wie man das zum später anhören speichern kann)

 

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Bild: Screenshot Pulp Fiction; via Nerdcore; *Affiliate Links zu Amazon

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Flimmern & Sehen Großes Kino

Könnte Kickstarter das Hollywood-System ersetzen?

Der Reboot der Kultserie „Veronica Mars“ als Film auf Kickstarter hat alle Rekorde gebrochen und mittlerweile über 4 Millionen Dollar eingesammelt, zu einem Zeitpunkt an dem die Kampagne noch weitere 15 Tage läuft. Gerade Filme gehören zur Topkategorie auf Kickstarter und beim letzten SXSW Festival waren etliche der gezeigten Filme durch Crowdfunding mitfinanziert, ähnliches zeigte sich beim Sundance, wo 17 Filme auf Kickstartersupport setzen und auch einige Preise abräumen konnten. Das lässt natürlich neue Gedanken zur Filmfinanzierung aufkommen und bereits bei meinem „Backing“ des nächsten Charlie Kaufmann Films, der ebenfalls über die Crowdfunding Plattform lief schrieb ich:

Ein Gedanke, der mir aber beim Anschauen des Bewerbungsvideos auch erst so richtig klar wurde, ist die disruptive Energie dieser Crowdfunding Sachen. Natürlich hatten diesen Gedanken alle anderen schon vorher, aber mir ist es erst jetzt richtig klar geworden. Denn das Bewerbungsvideo legt den Fokus ganz stark darauf: Wir wollen die künstlerische Vision verwirklichen, ohne von den Hollywood-Studios dazwischen gepfuscht zu bekommen. Dieser einfache Satz hat so einen Rattenschwanz hinten dran. Wenn es sich weiter entwickelt kann das viel mehr werden, als ein Pre-Order für coole iPhone-Halterungen, seltsamen Uhren oder erfolglose Dokumentarfilme. Wenn sich jetzt nach und nach die großen Namen Kickstarter & Co. zuwenden, dann ist Crowdfunding die Re-Ermächtigung des Publikums, das Ernstnehmen der Zielgruppe und der Künstler, das endgültige Wegschneiden der Mittelmänner (Sieht man von der Neuinstallation Kickstarter ab) und es könnte heißen, dass Product Placement in Filmen bald wieder Geschichte ist, bevor es in Deutschland richtig an Fahrt aufgenommen hat. (Realistischer Weise natürlich nicht, denn warum soll ich mich mit popeligen 200.000 $ vom Publikum zufrieden geben, wenn ich noch 1,5 Mio von Werbetreibenden oben drauf bekomme? Wobei.) Aber Studios würden eventuell an Macht verlieren, nicht mehr verlangen, dass Megan Fox in eine Film mitspielt oder es gäbe am Ende sogar Filme ohne Happy End! Die Bindung zwischen Zuschauer und Künstler wird eine ganz neue, viel enger, direkter, mit Austausch…

Können Kickstarter, Indiegogo und andere Plattformen also das System Hollywood absetzen? Sicherlich „The Avengers“ kostet 220 Millionen $ und nicht nur 4 Millionen, aber es lässt einen träumen. Und bevor ich den Fall jetzt noch weiter auseinandernehme verweise ich hier auf das Video von pbsIdeaChannel, der sich genau das fragt und von allen Seiten beleuchtet:

Also vielleicht nicht ersetzen, aber ergänzen? Was meint ihr? Wie sieht die Zukunft der Filmförderung und die Zusammenarbeit mit dem Publikum aus?

Bild: Screenshot pbsideachannel

 

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