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Wie das soziale Netz unsere Art zu Trauern verändert

Als mein Opa starb, hat es mir sehr geholfen, dass die ganze Familie zusammenkam und wir diese schwere Zeit gemeinsam durchlebt haben. Wir sammelten uns gemeinsam um den Esstisch, schwelgten in Erinnerungen und erzählten uns die schönsten und lustigsten Anekdoten.  So konnten jeder noch einmal erfahren, was diesen Menschen so besonders machte.

Trauern mit Twitter

Prominente Todesfälle haben mich bislang wenig bewegt. Das mag daran liegen, dass bislang wenige der bekannten Persönlichkeiten gestorben sind, die meine Generation geprägt haben. Doch das Digitale verändert unsere Art zu Trauern- Von Steve Jobs Tod damals erfuhr ein Großteil über ein Gerät, dass er selbst erfunden hatte. Übers Netz kann ich sehr schnell diejenigen finden, die auf eine ähnliche Weise vom Tod eines Menschen berührt sind und mich mit ihnen austauschen. Auf YouTube mir die schönsten Szenen mit Lauren Bacall noch einmal ansehen, auf Facebook unendliche Listen mit den besten Zitaten durchscrollen.

Man sammelt sich um das Hashtag

Nun war Robin Williams für mich nicht mal annähernd so wichtig wie mein Opa, aber es war doch der erste Schauspieler, dessen Namen ich mir merken konnte.  Ich weiß noch, dass ich ihn in „Flubber“ als verrückten Professor total cool fand und eine Weile brauchte, um zu verstehen das Robbie Williams kein Schreibfehler, sondern ein anderer Künstler war. Natürlich erfuhr ich von seinem tragischen Tod über Twitter. Doch nicht nur die Nachricht, auch ein Großteil der Trauer spielte sich auf Twitter ab. Man sammelte sich um das Hashtag #RIPRobinWilliams oder #CaptainMyCaptain, teilte seine Lieblingsszenen und viele die ihn persönlich kannten packten die lustigsten Anekdoten aus, so das man etwas darüber erfuhr, was diesen Menschen so besonders machte. Das hat sich auch nach Gemeinschaft angefühlt.  Es zeigt die Kraft von Vernetzung und, dass Emotionen einen auch erreichen, wenn sie sich über soziale Netzwerke verbreiten. Diese gemeinsamen Gefühle bringen uns den anderen Menschen näher. Dem Toten und allen anderen auf der Welt mit denen wir in diesem Moment ein Gefühl teilen.

So war das auch damals mit meiner Familie. Wir sind uns in dieser Zeit näher gekommen. Sogar ohne Hashtag.

Bild: CC-BY 2.0 Barbara Willi
Dieser Artikel erschien zunächst als Kolumne in der Allgemeinen Zeitung

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Danke für die Zukunft, Steve

Ein Macintosh Classic war es, der bei meinen Eltern im Schlafzimmer stand und auf dem ich ab und zu spielen durfte, Billard in Graustufen. Und so war und wurde ich Teil einer Apple Familie, lachte mit meinem Vater über „DOSen“, nur um dann in der Pubertät selbst auf einen Windows PC umzusteigen, wegen der Spiele.

Doch die Genialität der Apple Computer überzeugte mich immer. Und mit einem iPod und einem Macbook kam ich dann wieder zurück in die inzwischen gewachsene Gemeinde. Es waren Details, die mich beeindruckten: Wie das Design des iMacs. Warum war vorher niemand darauf gekommen, das Computer keine grauen Kästen sein müssen? Spotlight, dass den Computer in Echtzeit durchsucht. Warum war das bis dahin so umständlich?

Schnell lernte ich, wer hinter den vielen genialen Ideen stand: Steven Paul Jobs, Gründer von Apple und war noch mehr beeindruckt von dem Genie das in ihm steckte. Kreativ, visionär und detailverliebt erschuf  und formte er die Zukunft.

In nur einem Leben revolutionierte dieser Mann mehrere Industrien und prägte unser aller digitales Leben: Die Musikindustrie krempelte er mit dem iPod komplett um, den Telefonmarkt mit dem iPhone, den Tabletmarkt kreierte er erst mit dem iPad und auch dem Kino fügte er mit Pixar viel neues hinzu. Ich glaube nicht, dass viele Menschen auch nur eines diese Felder so durchdachten, wie Jobs es tat.
Steve Jobs lebte in der Zukunft, sah was möglich war und machte es möglich.

Oder, wie Larry Page sagt „He always seemed to be able to say in very few words what you actually should have been thinking before you thought it.“ Oft wird er mit Henry Ford verglichen, zu recht, denn erfand Ford mitdem T-Modell das Auto für die Massen, so ging es auch Steve Jobs darum komplizierte Dinge allen zur Verfügung zu stellen. Vielleicht nicht preislich aber konzeptionell: Mit dem Apple stieg er in den Personal Computer Markt und machte diese erschwinglich, Programme wie iMovie machen jeden zum Regisseur und Garage Band jeden zum Komponist. Darum ging es ihm: Gute Produkte einer möglichst großen Maße zur Verfügung stellen und mit weniger als der Perfektion war er nie zufrieden. So wurde Apple zu einer Firma, die in erster Linie mit sich selbst konkurriert. Deren Anspruch es ist, die eigenen Produkte immer wieder zu überholen, während die Mitbewerber noch dabei sind den Vorgänger zu kopieren.

Wie schaffte er das? Mögliche Antworten bieten seine heute viel zitierte und inspirierende Rede in Stanford:

[quote_box_center]“When I was 17 I read a quote that went something like ‚If you live each day as if it was your last, someday you’ll most certainly be right.‘ It made an impression on me, and since then, for the past 33 years, I have looked in the mirror every morning and asked myself, „If today were the last day of my life, would I want to do what I am about to do today?“ And whenever the answer has been „no“ for too many days in a row, I know I need to change something. Remembering that I’ll be dead soon is the most important thing I’ve ever encountered to help me make the big choices in life, because almost everything–all external expectations, all pride, all fear of embarrassment or failure–these things just fall away in the face of death, leaving only what is truly important. Remembering that you are going to die is the best way I know to avoid the trap of thinking you have something to lose. You are already naked. There is no reason not to follow your heart.“[/quote_box_center]

Die permanente Aussicht auf den Tod als Antrieb, der ihn am Ende dann doch einholen sollte. Und dennoch wird er uns noch lange begleiten, mit seiner Firma Apple mit all den Dingen die er erschuf und die uns in dieser Form noch lange erhalten bleiben werden. „And there may be no greater tribute to Steve’s success than the fact that much of the world learned of his passing on a device he invented.“ (Barack Obama)

Ruhe in Frieden und Danke, Steve.

Bild: Apple.com

 

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Zum Tode Frank Gierings: If only…

Das ist natürlich ein wahnsinnig egoistischer Gedanke, aber ich hatte mir das anders vorgestellt. Ich hatte gedacht, dass ich mich mit etwa 50 Jahren darauf einstellen müsste, von den Helden meiner Kindheit und Jugend Abschied zu nehmen (von denen aus dem Plattenschrank meiner Eltern übernommenen Helden vielleicht etwas früher).

Douglas Adams starb im Jahr 2001, mit unfassbaren 49 Jahren. Elliott Smith (34) und Johnny Cash (71) starben, bevor ich mich richtig mit ihrem Werk beschäftigt hatte. Als Heath Ledger (28), Michael Jackson (50) und Stephen Gately (33) starben, verschwanden plötzlich Leute, die ich beim Aufwachsen irgendwie in meinem Sichtfeld gehabt hatte.

Jay Reatard war 29, als ich wusste (wieder so ein egoistischer Gedanke), dass ich nie eines seiner Konzerte würde besuchen können. Stuart Cable war auch gerade mal 40 — und die Stereophonics hatten mit 16, 17 schon eine große Rolle in meinem Leben gespielt.

Jetzt also Frank Giering, der Mann mit den traurigsten Augen. “Absolute Giganten”, der wohl größte Film, der einem 16-Jährigen vor die Füße fallen kann, und dessen Mischung aus Sehnsucht, Party und Melancholie natürlich all das vorwegnahm, was da im eigenen Leben noch so kommen sollte. Oder habe ich versucht, mein eigenes Erwachsenwerden durch die Kameralinse von “Absolute Giganten” zu sehen? Wie kann man denn nicht bei Sonnenaufgang auf der Rückbank eines Autos sitzen, ohne “Wie spät ist es eigentlich?” zu fragen und dabei an Frank Giering zu denken.

Es war ja nur eine Meldung, auf einer nicht gerade vertrauenswürdigen Newsticker-Seite im Internet. Keine Quellenangabe. Aber warum sollte man Falschmeldungen über Schauspieler verbreiten, die nicht gerade auf den Klatschseiten der Trashmedien zuhause sind? Also: Warten und googeln und dabei Interviews finden, die man vor der Ahnung eines viel zu frühen Todes natürlich sofort ganz anders liest. Aber was muss das für ein zerbrechlicher Mann gewesen sein, wenn man das jetzt so liest. Scheiße, wieso denn “gewesen sein”? Und dann die Bestätigungen.

Es gab in meinem Leben keine Berührungspunkte mit Frank Giering. Sebastian Schipper, den Regisseur von “Absolute Giganten”, habe ich vor acht Jahren auf der Berlinale getroffen, wobei “überfallen” vielleicht das richtigere Wort ist: Ich sah ihn von weitem, rief seinen Namen, rannte ihm aufgeregt hinterher und muss wie ein Wasserfall gewirkt haben, als ich ihm sagte, wie viel mir sein Film bedeute. (Dass Schippers weitere Filme eher so “geht so” waren, lässt das Debüt natürlich noch ein bisschen heller strahlen.) Mit Florian Lukas und Antoine Monot Jr., den anderen “Giganten”, habe ich E-Mail- und Telefoninterviews geführt, in denen ich gar nicht an “Absolute Giganten” vorbeikam. Von Frank Giering kannte ich nur diesen einen beeindruckenden Film, der ausgereicht hat, um ihn unsterblich zu machen — ein Adjektiv, das plötzlich gleichermaßen unpassend wie tröstend wirken kann.

Weißt du, was ich manchmal denke? Es müßte immer Musik da sein. Bei allem, was du machst. Und wenn’s so richtig scheiße ist, dann ist wenigstens noch die Musik da. Und an der Stelle, wo sie am allerschönsten ist, da müßte die Platte springen, und du hörst immer nur diesen einen Moment.

(Sebastian Schipper: “Absolute Giganten”, Europa Verlag Hamburg/Wien 1999)

Musik!

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Dieser Artikel stammt von Lukas Heinser, der auf coffeeandtv.de sehr persönlich von Frank Giering Abschied genommen hat und mir freundlicherweise erlaubt hat den Beitrag hier zu übernehmen. Lukas Heinser betreibt neben coffeeandtv.de auch das Bildblog und war zusammen mit Stefan Niggemeier in Oslo.

Frank Giering war wohl eines der größten deutschen Ausnahmetalente der Schauspielerei, erzielte seinen Durchbruch mit Michael Hanekes „Funny Games„. Sein Kultfilm „Absolute Giganten“ ist leider bei amazon im Moment nicht wirklich verfügbar.

Das Bild-Copyright liegt bei X-Film.