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Worum es in Fight Club wirklich geht

Eine Fight Club Interpretation ist gar nicht so einfach. Der Film bietet unendlich vielschichtige Charaktere und vor allem mit seinem Twist am Ende auch viel Stoff Hinweise zu entdecken.

Fight Club Interpretation

Die Konsumkritik, die sich durch den gesamten Film zieht. Die Schizophrenie, die Selbsthilfegruppen in die Edward Norton stürmt. Wie er sich durch die Anwesenheit von Frauen gestört fühlt. Die Unterdrückte Gewalt und die Auflehnung gegen die Gesellschaft und ihre Regeln.

Anforderungen an die Männlichkeit

Folding Ideas hat alle diese Ansätze unter einen gemeinsamen Hut gebracht und das Überthema des Films „Fight Club“ herausgarbeitet: Männlickeit und die geforderten Verhaltensweisen. Nach seiner Fight Club Interpretation zeigt sich an vielen Stellen der Kampf um das „Mann sein“, wie es die Gesellschaft erwartet. Und das der Erzähler (Edward Norton) genau damit Probleme hat. Diese gefühlten Anforderungen an einen Mann in der Gesellschaft kann er nur in den Selbsthilfegruppen loslassen, deshalb fühlt er sich auch von Marlas Auftauchen dort gestört. Die Drohung der Kastration zieht sich durch den Film: Das man seiner Männlichkeit beraubt wird gilt als ultimative Strafe.

Tylor Durden als ultimativer Macho

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Alle diese wahrgenommen Anforderungen an einen Mann manifestiert der Erzähler in Tyler Durden, seinem idealen Männerbild. Er ist roh, gewaltätig und gegen über Frauen ein Macho. So interagiert der Erzähler mit Marla vor allem durch Tyler Durden. Interessanterweise rekonstruieren sie durch Tyler Durden im „Fight Club“ das selbe Modell des Rechts des Stärkeren. Der Fight Club basiert auf dem selben Männlichkeitsbild und baut auf abstrakter Ebene die Gesellschaft nach. Deshalb die abschließende „Fight Club“ Interpretation: Eine Veränderung der Gesellschaft ist nur möglich, wenn das Rollenverständnis von Mann (und Frau) aufgegeben wird.

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Fight Club – Das Buch von Chuck Palahnuik

Was fällt dir zum Namen „Fight Club“ als erstes ein? Film. Brad Pitt. Edward Norton. Tyler Durden. Marla. Chuck Palahnuik. Und schon fragt die Hälfte „Wer?“ und die andere Hälfte sagt „Der Autor des Buches“ – „Fight Club gab es als Buch?“

Das Vorwort im Fight Club Buch

Und schon sind wir mittendrin im Vorwort des Fight Club Buches. Denn wer kennt dieses Problem besser als der Autor selbst? Eben. Und so beginnt Chuck Palahnuik aufzulisten: Ja, zu Fight Club gab es ein Buch.

“Bevor es den Film gab…bevor Donnatella Versace Rasierklingen in Männerkleidung einnähte und das den Fight Club Look nannte…bevor Gucci-Models ohne Hemd und mit Veilchenaugen, blutig und bandagiert über den Laufsteg gingen…bevor junge Männer sich mit Lauge oder Sekundenkleber Kussmünder in die Hände ätzten…bevor junge Männer in aller Welt offizielle Anträge stellten, ihren Namen in ‚Tyler Durden‘ zu ändern…” – es geht seitenweise weiter.

Und noch mehr erfahren wir über die Wurzeln des Fight Club – es war eigentlich nur eine Kurzgeschichte. Im Mittelpunkt eine Prügelei und eine Firma, die sich nicht um den Gesundheitszustand des Protagonisten schert. Am Ende nur eines von insgesamt 30 Kapiteln.

Zum Inhalt will ich gar keine großen Worte verlieren, wahrscheinlich kennt jeder den Film, große Unterschiede gibt es im Fight Club Buch nicht. Der Stil ist extrem nahe am Film, von der ständigen direkten Ansprache „Du erwachst auf Sky Harbor International“ bis hin zur Readers Digest-Parodie „Ich bin Joes wütender Gallengang/ knirschende Zähne/ entzündete, geblähte Naselöcher/ etc.“ ist die erzählerische Umsetzung nahezu 1:1 gelungen.

Nur zu gern wird Tyler Durdens Monolog, im Buch aus dem Mund eines Mechanikers wiedergegeben, über die Situation der Menschheit zitiert:

„Ich sehe die stärksten und klügsten Menschen, die je gelebt haben, und diese Menschen zapfen Benzin oder servieren Essen. […] Die Werbung lässt diese Menschen nach Autos und Kleidern jagen, die sie nicht brauchen. Ganze Generationen haben bis heute in Jobs gearbeitet, die sie hassen, nur damit sie kaufen können, was sie gar nicht brauchen. Wir haben in unserer Generation keinen Krieg oder eine große Depression. Was wir aber haben, ist ein Krieg unseres Geistes. Wir haben eine große Revolution gegen die Kultur. […] Stellt euch vor, wir rufen einen Streik aus, und alle Leute verweigern die Arbeit, bis wir den Reichtum in der Welt neu aufgeteilt haben.”

Das Problem der Männlichkeit im Fight Club Buch

Besonders wären hier die Männer betroffen, da diese oft ohne Väter aufwuchsen und nun orientierungslos in der Welt herum irren. Palahnuik beschreibt eine Generation von Männern, die sich nach einer neuen Gesellschaft sehnen, nach neuen Regeln, einer neuen Verteilung der Spielkarten, einem Neubeginn. Zuerst umgesetzt im kleinen: Der Fight Club ist von der restlichen Gesellschaft abgeschirmt. Beruf, Aussehen, akademischer Grad und das Vermögen sind nichts wert. Nicht einmal der Sieg in einem Kampf lässt den Kämpfer an Wert gewinnen. Es regieren lediglich die Regeln des Fight Clubs.

Anschließend folgt die Umsetzung der Fight-Club-Philosophie auf eine höhere Ebene: Das Projekt Chaos bzw. Projekt Mayhem wird geboren. Eine Gruppe von Lemmingen hat unsagbaren Spaß daran, einfach die Regeln des Projekts zu verfolgen, und zwar mit einer so kritikresistenten Zielstrebigkeit und Hörigkeit, dass man meinen könnte, man hielte Morton Rhues „Die Welle“ in den Händen.“ Regel Nummer Eins: Es werden keine Fragen gestellt.“

Palahnuik zeigt damit ein weiteres Problem auf: nicht nur die aktuelle Gesellschaft, in der die Männer ihre Perspektiven und Berufungen zu verloren zu haben scheinen, sondern auch die Befriedigung, die aus einem gesellschaftlichen Umschwung gezogen wird und so groß ist, dass seine Richtigkeit und Zielsetzung nicht mehr hinterfragt, sondern lediglich euphorisch akzeptiert wird.

Und so gipfelt das Fight Club Buch schließlich in einem totalen Neubeginn. Unrealistisch? Ganz sicher nicht. Dass Palahnuik den Puls der Zeit traf, macht alleine das Vorwort mehr als deutlich. Eine unüberschaubare Masse an Menschen hat sich nach Fight Clubs gesehnt – ob dem Autor das bewusst war, ist nicht sicher. Ein Freund Palahnuiks äußerte demnach einst Bedenken, Menschen könnten eventuell Taten aus dem Buch nachahmen. Palahnuik entgegnete, er und sein Freund wären doch nur ahnungslose Nullen in der Provinz von Oregon und wüssten nicht, was für Millionen von Menschen vielleicht schon längst selbstverständlich wäre. Dass er damit Recht behalten würde, bestätigte ihm ein begeisterter Leser mit den Worten “Margaret Thatcher hat mein Sperma gegessen. Mindestens fünf mal…”

Und so ungern Künstler ihr Werk normalerweise erklären, umso dankbarer bin ich diesem hier für das Vorwort, das den “Fight Club” im Buch in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt.

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Bild: Teils CC BY-2.0 shutterhacks