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Wie der Onlinehandel unsere Zahnpasta verändert

Wenn Sie in den Supermarkt gehen und eine Zahnpasta kaufen möchten, dann finden Sie dort Regalreihen über Regalreihen an Tuben. Seien wir ehrlich: Die meisten davon unterscheiden sich nicht groß, sie machen extra-super-weiße Zähne, versprechen der ein oder anderen Zahnkrankheit vorzubeugen und die meisten schmecken immer noch nicht besonders gut. Und viele davon gehören im Endeffekt zum selben Unternehmen. Denn das war bislang eine der beliebtesten Strategien von Unternehmen, um sicher zu gehen, dass Sie eines ihrer Produkte kaufen: Möglichst viel Regalplatz besetzen, so dass, egal wonach Sie greifen, Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Produkt des Unternehmens in Ihren Einkaufskorb legen. Und so hat man einfach immer neue Namen mit -blend und -dent und -med generiert und so immer neue Marken geschaffen. 

Wie Marken auf den Onlinehandel reagieren

Nun hat Procter & Gamble vor kurzem angekündigt, dass sie 90 bis 100 ihrer Marken loswerden wollen, damit bleiben dem Unternehmen zwar immer noch 70 bis 80 Marken übrig, und vermutlich kann sie trotzdem keiner im Unternehmen auswendig aufsagen, aber es deutet auch einen Strategiewechsel an, der mit einer Veränderung darin wie wir Einkaufen einhergeht. Die Marken müssen auf den Onlinehandel reagieren. Denn in Onlineshops ist Regalplatz plötzlich nicht mehr begenzt. Amazon und den meisten anderen Onlineversandhändlern ist es egal ob sie sieben oder zehn Zahnpasten nebeneinander listen. Im Gegenteil- es tauchen immer mehr neue unabhängige Marken auf, es gibt Nischenprodukte und das Grundrauschen ist unendlich höher. Das heißt, es wird viel schwieriger mit einer eigenen Marke überhaupt gehört zu werden. Geschweige denn mit zehn.
Man kann auch keinen Platz besetzen oder jemand anderen aus dem Sichtfeld des Einkaufenden verdrängen. 

Suchschlitz statt Regalfach

Außer vielleicht in der Suche. Plötzlich zählt als Unternehmen, dass die eigene Zahnpasta am besten auf Platz eins in den Suchergebnissen auftaucht, wenn jemand nach Zahnpasta googelt. Oder sich der Kunde am besten an den Namen erinnert. Da ist es eher hinderlich wenn alle mit -blenda, -denta oder -med enden und ich auch nicht mehr weiß, ob ich nun „extra frische“ oder „milde frische“ wollte. Dazu ist es gut, möglichst wenige starke Marken zu haben, die von vielen erkannt werden, die eindeutig für ihre Kategorie stehen und auf die man seine Anstrengungen fokussiert. Und so verändert der Onlinehandel auch unsere Zahnpasta.

Diese Kolumne erschien zunächst in der Allgemeinen Zeitung
Bild: CC BY-ND 2.0 Sam Hawkins

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Wieso fängt alles Social an und endet im Commerce?

Wenn man nach Social Media in Verbindung mit dem Wort “Unternehmen” googelt, bekommt man den Eindruck nach zwei untrennbaren Ausdrücken zu suchen – Leitfänden für die richtige Nutzung, Statistiken über enorme Umsatzentwicklungen, Lobgesänge auf Imageverbesserungen und Beispiele super-toller Streber-Unternehmen, die den nächsten viralen Trend auslösen.

Alles in allem hat man das Gefühl man hechelt dem rasenden Social-Commerce Zug immer ein wenig hinterher.

Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen? Wieso stört uns die Trennung zwischen privat und commerce nicht (mehr)? Wieso fängt alles mit sozialer Interaktion an und endet in einer Verkaufsveranstaltung?

Momentan kann diese Entwicklung bei Instagram beobachtet werden. Angefangen als eine sehr persönliche, ständig über- oder unterbelichtete Laien-Foto Plattform, ist sie mittlerweile zu einem fancy Marketing-Tool avanciert, für Unternehmen die ihr Image auf Hochglatz polieren wollen.

Trotz einiger Hindernisse, wie Instagrams fehlender Möglichkeit externe Links einzubauen, schaffen es einige Unternehmen mit Bravour ihre Marke zu positionieren und bei vielen Usern im Feed aufzutauchen (siehe Starbucks oder H&M).

Das Geheimnis heißt kreativer, authentischer und einzigartiger Content. Doch wie authentisch ist eine Marke, welche meist aus Umsatzzwecken ins Leben gerufen wurde?

Unternehmen sind keine bedingungslosen Freunde, pfuschen aber in unser Privatleben rein

Die ursprüngliche Definition von Social Commerce laut Steve Rubel, der den Begriff Ende 2005 geprägt hat, lautet:

[quote_box_center]“Creating places where people can collaborate online, get advice from trusted individuals, find goods and services and then purchase them.“[/quote_box_center]

Doch was mittlerweile in den Social Media Kanälen passiert geht über das Rede-und-Antwort-Stehen hinaus. Unternehmen mischen aktiv in unserem Privatleben mit. Natürlich muss man sie dafür ein Mal mit einem kleinen Like zulassen. Social Commerce war gedacht als Involvieren der Käufer, als Ausgang der User aus der fremdverschuldeten Unmündigkeit, als direkter Draht ins Herz des Unternehmens.

Doch manchmal, in einem stillen Moment muss man sich fragen: Sind die Aktivitäten und Bemühungen der Unternehmen, in meinem persönlichen Feed mitzumischen, nicht einfach eine andere Art der manipulativen Werbewirkung? Ein Überzeugungs- und Verkaufsgespräch im anderen Gewand? Nicht mehr der schleimige Vertreter, der an die Tür klopft und die nicht offensichtlichen Vorzüge des Produktes erklärt, sondern die sexy Frau, die sich mit ins Bett legt, um ihre neuste Unterwäsche zu zeigen?

Denn egal ob lukrative Schnäppchenangebote, kreative Gewinnspiele oder heiße Filter-Fotos- wir können nie mit einem Unternehmen eine bedingungslose Freundschaft eingehen. Auch nicht durch Social Media.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Miss SocialCommerce.
Dort erscheint heute auch ein Artikel zu Social Seeding.

Bild: CC-BY Loredana Lavino