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Facebook – ein (zu Recht) undemokratisches Netzwerk

Am 10. Dezember wird sich Facebook von der Demokratie verabschieden. Das Unternehmen lässt gerade seine Nutzer über Regeländerungen abstimmen und sie dabei auch entscheiden, ob sie in Zukunft noch ein Mitspracherecht haben wollen. Bindend ist das Ergebnis für Facebook nur, wenn mindestens 30 Prozent aller Nutzer an der Abstimmung teilnehmen. Und da ziemlich sicher auch dieses Mal nicht genug Stimmen zusammenkommen werden, wird diese Abstimmung wohl der letzte Demokratieversuch von Facebook sein.

Dass Facebook nun über die Abstimmung abstimmen lässt, ist nicht nur eine logische Entwicklung, sondern auch sehr ehrlich. Schließlich war das Recht des Nutzers, mitbestimmen zu können, kaum mehr als ein schicker PR-Trick. Um zwei Dinge vorwegzunehmen: Ich bin selbst bei Facebook. Ich nutze das Netzwerk gerne, auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin, was in den AGBs steht. Und ich bin sicher nicht gegen Demokratie. Auch ich fände es wünschenswert, wenn ein Konzern mit einer solchen Meinungsmacht seine Nutzer bei Regeländerungen mitbestimmen ließe. Aber ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass ein gewinnorientiertes Unternehmen wie Facebook darauf aus ist, sich in seine Geschäfte reinreden zu lassen.

Allein die Tatsache, dass die Abstimmungen in der letzten Ecke versteckt werden, zeigt, wie gering Facebooks Wille zur Demokratie ist. Die Hürde von 30 Prozent – also mehr als 300 Millionen Nutzer auf der ganzen Welt, die ihre Stimme abgeben müssen – ist unter diesen Umständen utopisch hoch angesetzt. Würde Facebook wirklich wollen, dass die Nutzer etwas zu sagen haben, könnte es die Abstimmungen auf der Startseite ankündigen, so wie die Einführung der Timeline oder neue Fotofunktionen. Eine Mitteilung ganz oben, am besten mit Abstimmmöglichkeit, fertig. Immerhin: Zum ersten Mal informiert der Konzern seine Nutzer per Mail über die Wahl, denn nichts anderes ist es doch: Die Wahl, ob Facebook alleine bestimmen darf oder ob das Netzwerk von seinen eigenen Nutzern in die Schranken gewiesen werden kann. Bei mir kam die Mail heute an. Bis zum 10.12. muss ich meine Stimme abgegeben haben. Ein relativ kurzer Zeitraum und ein weiterer Hinweis darauf, dass Facebook zwar die Illusion von Teilhabe vermitteln will, in der Realität jedoch den Einfluss möglichst gering hält.

Aber auch die Nutzer selbst sind schuld, dass Facebook seine Demokratieversuche wohl beerdigen wird. Bei der letzten Regeländerung stimmten nur 0,04 Prozent aller Nutzer ab. Noch einmal in Worten: Null Komma null vier Prozent! Das ist erbärmlich wenig. Jedes Gerücht einer AGB-Änderung wird massenhaft gepostet. Mit dem aktuellsten dieser Kettenbriefe will jeder, der ihn verbreitet, Facebook sämtliche Urheberrechte an von ihm veröffentlichten Inhalten absprechen. Dass dies nicht durch ein einfaches Posting erledigt werden kann, interessiert kaum jemanden. Mindestens zwanzig Mal habe ich diese Worte in den letzten Tagen auf meiner Zeitleiste gesehen. Über die reale Abstimmung, die in diesem Moment stattfindet, schreibt hingegen niemand.

Tatsache ist: Die wahre Macht der Nutzer liegt woanders. Nicht in den Regeln, sondern in der Mitgliedschaft an sich. Jeder kann frei entscheiden, ob er bei Facebook sein will. Mehr als eine Milliarde Menschen haben sich dafür entschieden. Wenn sie von den Datenschutzbestimmungen abgeschreckt worden wären, wenn sie sich wirklich dafür interessieren würden, wäre das Netzwerk nie so groß geworden. Doch darum geht es dem Einzelnen gar nicht. Es geht ihm darum, dabei zu sein, nichts zu verpassen, in Kontakt mit Freunden, Bekannten, sogar Fremden zu bleiben. Erst wenn die Leute sich entscheiden, Facebook zu meiden, weil ihnen die Regeln nicht gefallen, wird das eine Wirkung haben, denn sinkende Nutzerzahlen schlagen sich ökonomisch nieder. Und das ist es, was Facebook als börsennotiertes Unternehmen wirklich interessiert. Nicht die Demokratie.

Bild: Montage mit Material von USDAgov

Sara Weber ist Journalistin und Schülerin an der Deutschen Journalistenschule in München. Sie schreibt unter anderem für „Horizont“, „Der Spiegel“ und „Uni Spiegel“ und in ihrem Blog. Als Nachrichtenjunkie hat sie ein besonderes Faible für Medien- und Digitalgeschichten.

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