Was die Amerikaner können, können wir schon lange nicht. Neustes Beispiel ist wohl die Adaption des amerikanischen „Don’t Vote“-Spots, der mit vielen namhaften Prominenten besetzt wurde. Was in den USA durch gekonnte Inszenierung, verständlichen Sarkasmus und intelligenter Regie (Steven Spielberg) für viel Zuspruch sorgte, will in der deutschen Fassung nicht wirklich gelingen. Deshalb könnte man, diesen Spot auch einfach ignorieren, hätten sich die Macher nicht eines genialen Kniffs bedient: Vor Start der eigentlichen Kampagne stellten sie nur eine Teil der Kampagne online. In diesem fehlt der entscheidende Umschwung vom “Geht nicht wählen!” zu “Geht doch Wählen!” und besonders die Aussagen von Tagesschau Sprecher Jan Hofer sorgten daher für Diskussionen. (Besonders widerlich wird diese PR-Maßnahme, bedenkt man, dass nicht gewährleistet ist, dass alle die bis jetzt den Wahlboykott-Aufruf ihrer “Testimonials” gesehen haben, auch den zweiten Teil zu Gesicht bekommen.) Nun ist der zweite Teil, da und was soll man sagen?
Geht nicht hin – oder doch?
Vielleicht müssen die Verantwortlichen noch ein bisschen üben, wie man einen ironischen Satz mit einer gewissen Tonlage als solchen kennzeichnet oder ganz auf völlig andere Leute setzen. Den allermeisten Mitwirkenden will man nämlich nicht so ganz abkaufen, dass sie politisch engagiert und interessiert sind. Würde man jeden teilnehmenden Prominenten zu derzeitigen politischen Themen ausfragen, so würde die Hälfte ein sehr peinliches Bild preisgeben müssen. Das amerikanische Original sieht da schon anders aus. Vielleicht liegt es daran, dass in den USA persönliche Geschichten genauso wie eigene Meinungen sehr viel gefragter sind. Huscht also Ellen DeGeneres durch die Kamera, ist klar, dass sie kein Experte für Wirtschaftspolitik ist, dennoch steht sie beispielsweise für Aussagen zur gleichgeschlechtlichen Ehe. In der deutschen Variante sind die Wenigsten für politisches Engagement bekannt, wenn sie denn überhaupt bekannt sind. Denn der zweite Kritikpunkt ist die Besetzung aus Menschen, die nur bestimmten Nischen einen Begriff sein sollten. Beispielsweise Rapper Massiv, der ehemalige MTV-VJ Patrice oder Vodafone-Laufjunge Sascha Lobo1.
Amerikanisches Vorbild
Die Idee selbst ist eins zu eins kopiert worden. Im zweiten Teil erscheint die Kehrtwende als Aufruf zur Wahl wie eine Parodie auf das Original, ist aber ernst gemeint und wirkt insofern unglaublich lächerlich. Die einfallslosen Drehbuchautoren bedienen sich zwar dreist am Vorbild, schaffen es aber dennoch nicht, den Spin des Original-Spots überzeugend nachzustellen. Das Ziel der Selbstreflexion der Bürger ist absolut verfehlt. Letztendlich zeigt sich an diesem Beispiel nur wieder, dass eine Kopie amerikanischer Prinzipien nicht unbedingt zum gewünschten Ergebnis führen muss. Wenn die etabilierten Parteien ein bisschen Twitter und Facebook machen, dann heißt das noch lange nicht, dass sie dem Erfolg des Obama-Wahlkampfs nahe kommen werden. Lädt man Frau Merkel bei RTL ein und lässt sie vom Publikum befragen, so ist nicht unbedingt zu erwarten, dass sie im amerikanischen Stile grundlegende Antworten geben wird. Doch selbst wenn, würden diese Aussagen bei N24 und N-TV sicherlich nicht nach dem Vorbild amerikanischer Nachrichtensender erheblich diskutiert werden.
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7 Antworten auf „Geht nicht wählen – oder doch?!“
Auf den Punkt gebracht, obwohl ich die Aufregung um Lobo und Vodafone (trotz der Zensur-Diskussion und Vodafones Meinung dazu) nicht wirklich nachvollziehen kann. Sehr deutsch dieser Wirbel um nichts, uebrigens auch wie dieser Werbespot :)
die meisten „promis“ hat mal wohl schon mal irgentwo gesehen aber bei mehr als der hälfte könnte ich so auf anhieb partout nicht einorden was die machen oder warum man die kennen sollte ..vermutlich promi-dinner oder so..nun hat deutschland natürlich nicht die weltstardichte wie amerika aber ein paar bekanntere leute die vieleicht auch für irgentwas stehen hätten es schon sein können..die ganzen gangsterrapper(?nehm einfach mal an das das welche sin denn ausser massiv kenn ich keinen von diesen vögeln?) wirken so hilflos jugendanschleimend..achrgh..und wie du ja auch schon durchscheinen lässt nimmt man ihnen den aufruf zum nichtwählen einfach viel eher ab als das bemühte gequatsche am ende..
Eigentlich zum lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Warum muss ich denn Ironie immer mit dem Holzhammer unter die Leute bringen? Ist doch lächerlich. Was glauben die Leute eigentlich, wofür sich Leute wie Jan Hofer hergeben würden? Tut mir leid, aber so einfach lass ich die Menschen, die ernsthaft glauben, Promis würden sich vor die Kamera stellen und zum Nichtwählen aufrufen, nicht davonkommen! Leben wir denn in einer Republik voller Bauerntölpel, in der man mit den Fingern zählt?!
[…] Der Spot “Geh nicht hin!” hat ja bereits für einige Diskussionen gesorgt hat, weil er maximal mangelhaft klar macht, warum man nicht wählen gehen sollte. Nachdem es aus Bloggerkreisen bereits eini Antwort in Form der Parodie “Geh nicht raus!” gab, folgt nun ein ernsthafterer Verusuch es besser zu machen. […]
[…] hört sich doch wesentlich besser an als das massive “Geh nicht hin!”-Gelaber und ist dabei auch noch, ganz ohne Vorschlaghammer, lustiger. Mit anderen […]
[…] als auch bei “Neues aus der Anstalt”, die in ihrer aktuellen Folgen vor allem das Thema Wählen-Nichtwählen […]
[…] Der Spot “Geh nicht hin!” hat ja bereits für einige Diskussionen gesorgt hat, weil er maximal mangelhaft klar macht, warum man nicht wählen gehen sollte. Nachdem es aus Bloggerkreisen bereits eini Antwort in Form der Parodie “Geh nicht raus!” gab, folgt nun ein ernsthafterer Versuch es besser zu machen. […]