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Bewegen & Beschäftigen Netz & Politik

Wikileaks – Hinter den Kulissen der Netzaktivisten [Update]

Die Causa Wikileaks mit all ihren Facetten belagert nach wie vor alle Kanäle. Noch sind nicht alle Dokumente veröffentlicht, aber vor allem die Verhaftung – Freilassung – Hausarrest von Julian Assange halten das Thema oben.  Dabei wird immer mehr über die Arbeitsweise der Organisation bekannt, Wikileaks selbst rückt in den Fokus. Das muss man großteils begrüßen, denn eine Organisation, die so viel Macht hat muss auch selbst transparent. Schließlich ist das ihr eigenes Motto: Transparenz der mächtigen Machenschaften. Diese Kritik an Wikileaks vertritt nicht nur der ehemalige Spreche Daniel Domscheit-Berg, der im Januar ein Buch mit eben dem Titel „Inside Wikielaks“ veröffentlichen möchte.  Gleichzeitig sehen sie sich natürlich einer Vielzahl von Gegnern gegenüber, wie die Schmierenkomödie vor den Gerichten dieser Welt beweist und diese profitieren von jeder Information über diese Organisation, die gleichzeitig geheim Arbeiten muss. Allerdings sind CIA und Co wahrscheinlich an ganz anderen Details interesiert und bereiten ganz andere Aktionen vor, als die, die ich mit euch hier teilen möchte. Es gibt nun sogar eine extra Task Force speziell für Wikileaks. Die Abkürzung lautet schenkelklopfender Weise W.T.F. (Wikileaks Task Force).

Als erstes gibt es da eine  Dokumentation der schwedischen Journalisten Bosse Lindquist und Jesper Huor. Diese haben Julian Assange und sein Team für 6 Monate begleitet und zeigen so noch einmal die Geschichte und die wichtigsten Enthüllungen der Whistleblower-Plattform. Netzpolitik.org hat die deutsche Version dankenswerter Weise online gestellt:

WikiLeaks – Rebellen im Netz from netzpolitik on Vimeo.

Wer sich für die Medienkooperationen von Wikileaks interessiert (ein weiterer Kritikpunkt von Daniel Domscheit-Berg und nun auch ein Fall für den Presserat), dem sei diese hochspannende Folge des Medienradios empfohlen. Darin spricht Philip Banse mit Holger Stark vom Spiegel, der die Recherchen betreut hat. Auch er plant übrigens Ende Januar ein Buch zu Wikileaks.

Sowohl in der Dokumentation, als auch im Medienradio-Interview wird deutlich, wie wichtig die eingegangenen Medienkooperationen sind. Wikileaks ersetzt eben nicht den Journalismus, sondern ergänzt ihn und umgekehrt. Wikileaks hat die Dokumente, der Journalismus das Know-How und die Recherchekapazitäten. Wikileaks war die wohl wichtigste Organisation dieses Jahr und wird uns sicher und hoffentlich noch weit bis ins nächste hinein begleiten. Umso unverständlicher, dass das TIME-Magazin Mark Zuckerberg anstatt Julian Assange zur „Person of the Year“ ernannt hat. Doch auch dazu hat sich Assange geäußert, wenn auch vertreten durch das Saturday Night Live Team:

Update: Ergänzend noch das Interview von AlJazeera mit Julian Assange bei „Frost over the World„:

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Bücher

Malte Welding & die Generation Lieblos

Als ich hörte, Malte Welding schreibt ein Buch, habe ich mich gefreut. Als ich hörte es wird ein Ratgeber, dachte ich: „Ach, du Scheiße!“. Als ich dann noch hörte einer über Liebe, dachte ich weiter: „Grundgütiger, nicht noch einer! Warum nimmt man nicht lieber die wunderbaren Geschichten des Liebestöters Paul und versucht sie zwischen zwei Buchdeckel zu pressen?“ Als er dann seine Rubrik in der Berliner Zeitung über eben dieses Thema startete, freute ich mich wieder auf das Buch, schrieb einen fanzigen Kommentar auf Facebook, woraufhin Malte Welding so nett war, mir das Buch zu schicken zu lassen.

„Frauen und Männer passen nicht zusammen – auch nicht in der Mitte.“

Welding zerpflückt in seinem Debüt „Frauen und Männer passen nicht zusammen – auch nicht in der Mitte.“ gekonnt das Liebesleben oder -sterben. Dabei gelingt es ihm nicht in Ratgebersprech zu verfallen, sondern er hat sich den Blogger beibehalten. Die Kapitel hängen lose zusammen, erzählen und erörtern anekdotisch verschiedene Aspekte. Im Buch begegnen uns verschiedene Schicksale: Karsten, der schwule Nerd, der hübsche Thomas, der eigentlich Sex ohne Ende hat – Dank seines raffinierten Kakaotricks – aber trotzdem nie eine Beziehung, der weniger hübsche Jonas, die alleinerziehende Clara und Terminchen, die nichtmal Zeit hat sich von ihrem Freund zu trennen, aber Zeit ihn permanent zu betrügen, aber auch das macht ihr nicht richtig Spaß. Das ist die Stärke des Buches, anstatt auf  amerikanische-Wissenschaftler-haben-herausgefunden-Fakten zu setzen oder der peaseischen Evolutionstheorie anzuhängen, folgt er einer genauen Beobachtungsgabe. Viele dieser Beobachtungen kommen einem dabei bekannt vor, gibt es sie wirklich oder sind das Klischees?

„Manchmal gibt es Sachen, die sind so sehr Klischee, dass ich sie lieber nicht schreiben würde. Aber vielleicht sind sie nur Klischee, weil sie so oft vorkommen.“

Doch es geht längst nicht nur um diese Einzelschicksale, Welding zeichnet viel mehr ein Bild einer gesamten Generation bzw. Gesellschaft, die es verlernt hat zu lieben und der Liebe ihren Platz zu schenken. Feierten die Großeltern noch goldene Hochzeiten bis zum Umfallen, ist die Elterngeneration geschieden und die jungen bekommen es anscheinend gar nicht mehr hin. Warum? Welding identifiziert den grassierenden Narzissmus und Bindungsängste als Ursache. So sind wir beispielsweise allzeit bereit für den Job umzuziehen, für die Liebe? Wer weiß wie lange das hält. In einer dauergestressten Gesellschaft hat jeder sein Päckchen zu tragen, will aber seine Last nicht teilen, schließlich steckt da die ganze mühselig zum Schutz aufgebaute kaputte Persönlichkeit drin. Zwischen diese Gesellschaftsanalysen gesellen sich die kurzen Ratgeberabschnitte, amüsant geschrieben und teilweise durchaus denkanregend. Als Zielgruppe scheint Malte Welding dabei durchaus auch jene Twitterer im Kopf zu haben, die pausenlos twittern, dass sie keinen Sex haben (was vielleicht damit zusammenhängt, dass sie pausenlos twittern, dass sie keinen Sex haben). Erst gegen Ende driften seine Ratschläge und Betrachtungen etwas in Richtung Gesamtlebenshilfe ab. Das ist gleichzeitig aber wieder Weldings Stärke, dass er die Liebe nicht beschränkt aufs Bett betrachtet, sondern eingebettet in jenes soziale Gefüge, mit dem wir uns herumschlagen. Am Ende schafft es aber Welding tatsächlich, dass man sagt: irgendwie muss es doch gehen. Oder um es mit den Worten von Maxim Biller zu sagen: „Wenn Malte Welding über die Liebe schreibt wirkt sie auf einmal ganz leicht.“ Eigentlich müsste man nur weniger Arschloch Narzisst sein und sich Zeit nehmen für dieses Liebesding. Vielleicht fang ich gleich mal an, in dem ich eines von Weldings Büchern verschenke. An euch. Und wenn ihr noch ein last Minute Geschenk sucht, dann tut es mir doch gleich, Menschen mit Liebesproblemen hat sicher jeder genug im Bekanntenkreis.

Wer sich noch nicht sicher ist, schaut bei Malte Welding im Blog vorbei, da gibt es Lese- und Hörproben vom Buch, Outtakes (1,2,3) und noch mehr Stimmen.

Verlosung

Pünktlich zu Weihnachten, dem Fest der Liebe, sollt ihr nicht leer ausgehen. Deshalb verlosen wir eines von Malte Weldings Büchern „Frauen und Männer passen nicht zusammen – auch nicht in der Mitte“. Was ihr dafür tun müsst? Wir wollen euern besten Liebestipp hören. Wie klappt das mit Mann und Frau?

Diesen Tipp postet ihr dann hier in den Kommentaren, auf Twitter mit dem Hinweis auf diesen Text (Link: http://netzf.eu/MaltesLiebe) oder ihr hängt ihn an unsere Facebook-Wand. Oder ihr macht alles 3 und verbessert so eure Chancen. Schluss damit ist am 24.12 um 18.00 Uhr. Danach ist Bescherung. Ausgeschlossen sind der Weihnachtsmann, Netzfeuilletonverbandelte und der Rechtsweg.

Viel Glück.

Update: Der Zufall hat gesprochen und gewonnen hat Hirsch Nadja. Herzlichen Glückwunsch, das Buch ist unterwegs! Auch allen anderen vielen Dank fürs Mitmachen!

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Flimmern & Sehen Kleines Fernsehen TV Tipp

Stuckrad Late Night – Verschollene Piloten II

Diesen Sommer gab es einen weiteren Piloten, der Fernsehgeschichte schrieb, ganz ohne Fernsehen. Das ganze Land steckte irgendwo in einem Sommerlochsumpf in dem es von grauhaarigen Monstern mit runden Brillen wimmelte, die wie wild Schwarz-Rot-Weiße Bücher und provokative Äußerung um sich warfen. Und als sich alle fragten, wer jetzt dümmer sei die Muslime, Thilo Sarrazin oder die Journalisten die es einfach nicht schafften ein Ersatznessi für die Titelseiten zu finden, tauchte ein Ausschnitt auf Youtube auf, der die Diskussion noch weiter anheizte:

Thilo Sarrazin, der Linksausleger der NPD Rechtsausleger der SPD, spricht über Joseph Goebbels: „Der Man war sehr gut mit Worten, er war ein Menschenverführer.“ Jackpot. Was brauchte es noch mehr aus dem Mund dieses Mannes, der schon so viel Grütze verzapfte? Der Ausschnitt machte die Runde. Es war die Pilotsendung von „Stuckrad Late Night„, die im Juni für ZDFneo aufgezeichnet, aber noch nicht ausgestrahlt wurde. Als Reaktion auf die Leaks einzelner Ausschnitte stellte ZDFneo dann schließlich die komplette Folge auf Youtube und strahlte sie am 15. September auch im Fernsehen aus. Die Show wurde alleine über Youtube mehr als 100.000 mal abgerufen. Die Presse umjubelte den barreschen Zettelmoment, Stuckrads Subtilität und seine perfide beiläufige Art zu Fragen.

Der zweite Pilot ist schon abgedreht, noch nicht auf Youtube zu sehen, aber heute Abend im Fernsehen. Um 22.30 Uhr auf ZDFneo wird sich zeigen ob Benjamin von Stuckrad-Barre das Niveau halten kann. Mitentscheidend sind sicherlich die Gäste, Gregor Gysi und Guido Westerwelle ((na ob der sich noch traut?)) sind bereits eingeladen. Ab dem 6. Januar soll es wöchentlich weiter gehen. Stuckrad Barre ist dabei nicht allein, im Hintergrund steht als Produzent Christian Ulmen, vorne steht er als Uwe Wöllner. Oben auf dem Balkon sitzen  Hajo „Waldorf“ Schuhmacher und Jörg „Statler“ Schönbohm und rufen dazwischen. Ich bin gespannt, ob sich hier eine weitere Late Night Hoffnung für Deutschland etabliert.

Hier die komplette Pilotfolge auf Youtube oder in der ZDF Mediathek.

Foto unter CC-BY-Lizenz von LAC-BAC

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Kleines Fernsehen

Charlotte Roches „Wahrheit oder Pflicht“ – Verschollene Piloten

Das Fernsehprogramm, ewig das gleiche, nie was neues. Copycats auf allen Sendern. Doch einige hören nicht auf Widerstand zu leisten und produzieren immer wieder Pilotsendungen mit durchaus unterhaltsamen Konzepten. Diese versenden sich oft, sind entweder erfolgreich oder schnell vergessen. Ihnen wird eine Chance gegeben oder nicht genug Zeit gelassen. Oder sie bekommen eine Chance, werden dann aber so umgebaut, dass nichts von dem Charme der ursprünglichen Debütsendung übrig bleibt.

Ein Glück gibt es Youtube, das Fernsehen der Gegenwart. Dort kann man, zwischen all den tanzenden Babys auf jene Juwelen finden die nur einmal oder gar nie über den Äther flimmerten. Zwei davon habe ich gefunden, einer ist die von Charlotte Roche selbst produzierte Sendung „Wahrheit oder Pflicht“. Zu Gast sind Roger Willemsen, Ferris MC, Mieze (MIA.) und Kim Fischer. Was eine irre Mischung. Diese 5 treffen sich also in Charlotte Roches WG und spielen das beliebte Partyspiel „Wahrheit oder Pflicht“.

Für mich ist dieses Stück Fernsehen, dass es nie ins Fernsehen schaffte ein Beleg, dass in Sendungen mehr Alkohol getrunken werden sollte. Ich erinnere mich noch eine TV Total Silvester Sendung mit Bully und ich glaube Elton, schon vor 12 fingen die Gäste und der Moderator an Sekt zu tringen und siehe da, sie wurden richtig lustig. Nun stelle man sich mal vor bei Anne Will würde statt Wasser, Wein asugeschenkt. Würde das nicht manche Diskussion auflockern? Die Politiker aus ihrer sturen Rolle fallen lassen. Dass das funktioniert hat uns Gerhard Schröder in der historischen Elefantenrunde bewiesen.
Gleichzeitig würde es natürlich nicht auf Dauer funktionieren und so ist es vielleicht auch gut, dass „Wahrheit oder Pflicht“ zwar trotz seiner youtubeonly Veröffentlichung mediales Feedback erzeugt aber nie einen Sender gefunden hat. Denn mal ehrlich, wäre in der Lage und bereit gewesen Roger & Roches Gemeinschaftspinkeln noch zu toppen? Niemals wären vor einem großen Publikum noch solche Bekenntnisse möglich gewesen, wie Willemsens Bericht von seinem ersten Analverkehr. Welcher hochkarätige Gast hätte sich das, sagen wir auf einem 3sat Sendeplatz getraut? Wäre es dennoch passiert, hätte es nach kalkulierter Eskalation geschmeckt. So bleibt es ein Stück Fernsehgeschichte ohne Fernsehen. Ja, soweit ist das Internet bereits.

Bei dem Foto handelt es sich um Propaganda der U.S. Army unter CC 2.0-Lizenz.