Friedrich Kauz a.k.a. Prinz Porno a.k.a. Prinz PI zeigt eindrucksvoll, wie intelligenter deutscher Hip-Hop mit Aussage gemacht werden kann. Bereits 1999, als er sich mit seinem bis heute berühmtesten Song „Keine Liebe“ in der Berliner Rapszene etablierte, tat er sich in sozialkritischen Texten hervor. Nach dem Namenswechsel von Porno zu PI im Jahr 2005 – er wurde zu unrecht in die immer populärerwerdende Pornorap-Ecke geschoben – scheint nun ein weiterer großer Schritt in der Entwicklung von Prinz PI gegangen worden zu sein, indem er von den klassischen Hip-Hop Beats Abstand nimmt und zu mehr „selbstgemachter Musik“ tendiert.
Rebell ohne Grund
Wieso nun der Name „Rebell ohne Grund“? Prinz PI erklärt es selbst: Er ist in einer wohlhabenden Berliner Gegend aufgewachsen und nie ernsthaft mit Autoritäten, beispielsweise der Polizei oder auch Lehrern, aneinandergeraten. Er sieht sich als Teil einer Wohlstandsjugend, die sich auflehnt und ist selbstbewusst und einsichtig genug, sich dies einzugestehen.
Thematisch dreht sich das Album um Liebe und Gesellschaft. Eifersucht, Liebeskummer, Liebe zum eigenen Kind – Friedrich Kauz erzählt uns ungewohnt offen, was los ist in seinem Leben. Was auf dem Vorgängeralbum „Teenage Mutant Horror Show II“mit dem Track „Du Hure 2009“ schon angeschnitten wurde, wird auf Tracks wie „Du bist“, „Schlaflied“ und „Eifer & Sucht“ fortgeführt. Lyrisch, durchdacht, damit allerdings auch nicht für jeden zugänglich. Umso erstaunlicher, dass das Album sofort die Top Ten erstürmte.
… dope bis in die Haarspitzen…
Prinz PI wäre aber nicht Prinz PI, wenn nicht auch unsere Gesellschaft ihr Fett wegkriegenwürde. In „Drei Kreuze für Deutschland“ und „Krieg@Home“ thematisiert er, wie die Gesellschaft ihre unterschiedlichen Probleme lieber weglügt oder wegschaut, anstatt diese anzugehen und zu lösen. Dies verpackt er, wie auch bei allen anderen Liedern, mitungewohnten, aber (auch für klassische Hip-Hop Heads) hörbaren Beats, gewohnt gutem Flow und interpretationsfähiger Lyrik – bei der man einige Lieder durchaus auch mehrmals hören kann, ohne genau rauszukriegen, was uns der werte Herr Kauz denn mitteilen möchte.
… PI ist der Beweis dagegen…
Man merkt, PI ist erwachsen geworden. Er traut sich Dinge anzusprechen, auszusprechen und sich aufzulehnen. „Rebell ohne Grund“ macht seinem Namen alle Ehre. Nach seinen letzten Alben Neopunk und Teenage Mutant Horror Show 2, kommt 2Rebell ohne Grund“ als logische Schlussfolgerung. Und wie die Chartpositionierung beweist, trifft erdamit scheinbar den Nerv der Zeit. Hip-Hop sind nicht nur Musikvideos voll von Autos, Titten und nichtssagende Texte. Prinz PI und „Rebell ohne Grund“ sind der Beweis dagegen.
Anspieltipps:
- Track 3: „Du bist“ – die Single-Auskopplung die bei Twitter & Co schon (zurecht) in denHimmel gelobt wurde. Der neue Stil von PI: selbstgemachte Musik & lyrische Sprache.
- Track 12: „Marathonmann“ (feat. Kamp) – der persönliche Lieblingstrack des Autors. Klasse Text, gutes Feature und Synthie-Beat.
- Track 14: „Königin von Kreuzberg“ – wer einmal durch Berlin Kreuzberg gelaufen ist, wird es bemerkt haben: Die (Wahl-) Berliner laufen so „individuell“ rum, dass sie in der Masse von Individuellen schon gar nicht mehr auffallen. Zudem ein Track mit ungewohntem Gitarrensound, der thematisch gut passt.
- Track 17: „Laura“ – der Selbstmord der Ex-Freundin. Das emotionalste und persönlichste Lied auf dem Album
Autor dieses Textes ist Benjamin Fleck, auf Twitter zu finden unter @we1rdo.
7 Antworten auf „Prinz PI – Ein Wohlstandsrebell ohne Grund“
würde eher sagen er ist ein rapper ohne grund
Schöner Artikel.
Und recht haste!
[…] Prinz PI – Ein Wohlstandsrebell ohne Grund Von mir bisher völlig verkannt, dank Jannis jetzt erstmal angehört. […]
Hab mir das Teil nach der hammer Single vorbestellt, wurde nicht enttäuscht. Einer der besten, den wir hier haben. I love you, Heimatrap.
nicht das in der ansehnlichen promoschrift angestrebte „sgt. pepper“ aber immerhin ein klasse rap-album und deshalb auch bei campusradio mainz „album des monats“ :0)
„marathonmann“ ist wirklich klasse. „laura“ und „eifer & sucht“ sind für mich auch highlights!
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