Blogs sind mittlerweile über 20 Jahre alt, wobei der genaue Umriss des Begriffs von Anfang an schwierig war und bis heute einem Wandel unterliegt. So ist aus vielem, was einst als persönliches Internettagebuch gestartet ist mittlerweile ein ausgewachsenes Onlinemagazin geworden. Etwas das Blogs jedoch auszeichnete, war die Vernetzung untereinander. Blogs sind mit Schuld oder Ursprung des Web 2.0, das eine höhere Interaktivität mit sich bringt. Doch die Standardblogsoftware und das Setup der meisten einzelnen Blogs ist dabei gleich geblieben:
Eine Homepage auf der ein oder mehere Autoren schreiben und linken. Getrennt von anderen. Ist es doch einerseits etwas sehr schönes eine eigene Anlaufstelle im Netz zu haben über die man die Hoheit besitzt, ist genau dies aber auch der Grund, warum Blogs immer wieder, vor allem hierzulande, gegen eine Mauer laufen, wenn es darum geht ein größeres Publikum zu erreichen. Ja, die Vernetzung untereinander ist über die Jahre sogar zurückgegangen, ein Grund warum die Deutschen Blogcharts seit ihrer jüngsten Wiederbelebung Bloglinks, genannt Trackbacks, nicht mehr erfassen. Der Hinweis auf andere Webpräsenzen hat sich auf andere Netzwerke wie Twitter, Facebook & Co. verlagert. Das heißt Blogs als Technologie haben verschlafen mit dem Schritt zu halten, was sie einst begründete: Die vernetzte, Interaktivität der Social Web. Die Blogosphäre bleibt ein loser Haufen, der es kaum schafft, neue Leser zu erreichen. Ein Blick in die ARD-ZDF-Onlinestudie zeigt, dass Blogs seit 2007 bei einer regelmäßigen Nutzung von um die 2% liegen beziehungsweise stagnieren. Zwar ist das durch die Zunahme der Onlinenutzer insgesamt eine Steigerung, aber ein Abheben sieht anders aus. Was fehlt also Blogs? Dazu lohnt es sich einen Blick auf die Services zu werfen, die immer wieder als Zukunft des Bloggens bezeichnet werden.
tumblr
Tumblr ist im Prinzip eine Weblog Plattform. Doch selbst wenn das aufsetzen eine WordPress-Blogs einfach ist, das erstellen eines Tumblogs ist dagegen ein Kinderspiel. Innerhalb von Sekunden habe ich eine personalisierte Plattform, die es mir mit schönen großen Buttons ermöglicht verschiedene Inhalte zu veröffentlichen. Ein Bild, ein Video, Text, Audio oder ein GIF mit wenigen Klicks. Da hält WordPress mit seinen Kategorien, Menüstrukturen etc. nicht Stand.
Aber noch viel entscheidender ist: Tumblr ist auch ein Social Network. Tumblr lässt mich einfach anderen Blogs folgen und präsentiert mir neue Beiträge zentral in einem Dashboard. Ich kann innerhalb des Netzwerkes Beiträge liken und mit der reblog-Funktion übernehmen. Diese reblog-Funktion macht es unheimlich einfach neue Blogs zu entdecken, es ermöglicht es Beiträgen viral zu gehen und Trends zu setzen, Memes zu generieren. Tumblr ist eine Community, mit vielen Ecken und auch einer Menge schmutzigen, aber es ist sozial, an Stellen an denen sich „normale“ Blogger auf externe Netzwerke wie Facebook und Twitter verlassen müssen, die natürlich immer irgendwo einen Medienbruch bedeuten.
Und mit der Größe, die tumblr inzwischen hat ist klar, dass dort bereits ein Publikum sitzt, während ich für meinen selbstgehosteten Blog dieses erst im Netz auf anderen Plattformen suchen muss.
Medium
Auch Medium.com wird immer wieder als Zukunft des Bloggens beschrieben und Twittergründer Evan Williams hat die Seite auch unter dieser Ansage gelauncht. Dabei verfolgt auch Medium.com den Aspekt des „publikumsmitbringen“. Medium.com ist dabei nicht für jeden offen, sondern öffnet seine Schreibfunktion nur für etablierte Schreiber und auf Empfehlung. Das sorgt für Qualität auf der Seite und bringt Publikum. Auch hier ist der Soziale Aspekt mit gedacht: Texte werden empfohlen und bekommen dadurch mehr Sichtbarkeit auf der Seite. Ausserdem werden Geschichten in thematische Sammlungen sortiert, die es einem ermöglichen zu einem Thema Artikel zu verfolgen. Von verschiedenen Autoren. Und die Seite ist einfach schön, was man von vielen Blogs da draussen auch nicht behaupten kann <ref>Da nehmen, ich dieses Blog nicht mal aus, aber ich sitze an einem Redesign.</ref> Außerdem ebenfalls einfach zu bedienen, es beherbergt der ersten wirklichen WYSIWYG-Editor in dem man Texte direkt auf der Anzeige-Seite bearbeitet und schreibt.
Youtube
Bereits auf der re:publica 2011 bezeichnete Sascha Pallenberg Youtube als die Zukunft des Bloggens. 70% seiner Einnahmen macht Sascha, der eigentlich das Blog mobilegeeks.com/de betreut, über seinen Youtube-Kanal. Was uns gleich zu einem Punkt führt, der bei Youtube im Gegensatz zu klassischen Blogs funktioniert: Das Geschäftsmodell. Bei den Blogs hat mit netzpolitik.org eines der größten Probleme sich zu refinanzieren, auf der anderen Seite gibt es bereits etliche Youtuber, die von ihren Videouploads leben können. Ich würde mal schätzen in Deutschland können das mehr Youtuber als Blogger. Woran liegt das? Während AdSense auf den meisten Webseiten nur ein paar klägliche Cents einbringt, funktionieren die Werbeformen auf Youtube wesentlich besser mit mehr Klicks auch und vor allem weil Youtube hier sehr aktiv vermarktet und das Modell pusht. Natürlich ist der Weg auch hier lang und hart und kein einfacher, aber die Metrik stimmt dennoch. Bei jeweils 5000 Aufrufen auf Blog und meinen zwei Youtube-Kanälen haben die Youtube Kanäle in den vergangenen 30 Tagen fast das 2000fache an Einnahmen erzielt. Das klingt exorbitant in Wirklichkeit sind es auch nur Cent-Beträge, aber es zeigt den Maßstab.
Darüberhinaus erfüllt Youtube auch die Kriterien der obengenannten Dienste: Es ist eine Community mit Optionen zum weiterverbreiten, man kann Kanäle abonnieren und bekommt dann mit, was es neues gibt und es gibt ein riesiges Publikum.
Und die „normalen“ Blogs?
Das wichtigste Netzwerk der meisten Blogger ist wohl immernoch Twitter um ihre Beiträge zu verteilen, als zentrale Hub dient irgendwie rivva. Wobei rivva glaube ich im Publikum recht abgeschlossen ist und selten neue Blogs hinzukommen. Was nicht das Problem von Rivva ist, der Algorithmus bildet ja nur, wie die Blogger verlinken. Und das bringt uns zu dem Punkt, denn ich auch schon mit meinem Artikel „Die Netzgemeinde und die verlorene Youtubegeneration“ versucht habe auszusagen: Man erreicht wenig Publikum, dass übr die eigene Blase hinausgeht.
Auch habe ich den Eindruck, dass die Blogger insgesamt untereinander schlecht und nicht ausreichend vernetzt sind. Ein spannendes Projekt von Daniel Rehn und Luca Hammer versucht das gerade das zu Ergründen, in dem möglichst viele Blogger Deutschlands in einer Facebook Gruppe zusammenkommen, um dann die Vernetzungen untereinander zu visualiseren. Aber auch das Sharing untereinander könnte besser sein. Das ist eine alte Kritik, dass oben mit den Deutschen Blogcharts schon angesprochen wurde.
Von Youtube-Netzwerken lernen
Auch hier könnte Youtube ein Vorbild sein: Dort gibt es Netzwerke, die zwar auch vor allem der Vermaktung dienen, aber nebenher betreiben sie auch Cross Promotion und pushen sich gegenseitig mit Gastauftritten und Verlinkungen. Ein Vorbild für die Blogosphäre? Hier gibt es bislang nur Werbenetzwerke wie Populis oder AdVice. In Bereich der Modeblogs gibt es zumindest Facebookgruppen, die sich abstimmen und gemeinsame Artikelstrecken planen. So was könnte man doch auch für andere Blogs tun, oder? Und so gegenseitig sich dem Publikum der anderen vorstellen und sich helfen. Ich habe ja Ende des letzten Jahres das Netzfeuilleton-Blognetzwerk gestartet, dessen einziger Grund am Anfang nur war, das Skisprungblog und micropayme.de zu starten, aber ich denke gerade darüber nach das in diese Richtung zu erweitern. Wäre das was?
Auf zu neuen Ufern
Mit Google Reader ist auch eine der zentrale Anlaufstellen weggefallen in denen alle Blogs zusammenliefen. Ja, es gibt andere RSS-Reader, aber seien wir ehrlich: Das hat sich nie wirklich durchgesetzt. So genial RSS ist, es ist einfah zu geeky. Eigentlich wäre es doch schön, wenn man einen zentralen Ort hätte, an dem man all die Blogs lesen kann, die man möchte. Neue, interessante Vorschläge bekommt etc. Ähnlich eben dem tumblr Dashboard oder dem Youtube-Abostream. Sicher ist das nur ein erster Gedanke und auch nochmal Raum für einen weiteren Artikel. Deswegen stoppe ich jetzt hier erstmal mit meinen Gedanken und bin gespannt auf eure Einwürfe und Vorschläge, wie man Bloggen erneuern, erweitern und zu neuen Ufern führen kann.
Abschließend nochmal als Klarstellung: Ich bin nicht gegen den selbstgehosteten Blog, im Gegenteil. Ich sträube mich ja selbst einen tumblr zu eröffnen und regelmäßig zu befüllen und nach dem Aus von posterous habe ich erst recht lieber alles unter Kontrolle. Aber die Dezentralität bringt eben immer auch Nachteile mit sich. Und ich mache mir eben Gedanken wie man die Lücken etwas überwinden und näher zusammenrücken kann, nicht mehr und nicht weniger.
75 Antworten auf „Die Zukunft des Bloggens“
Ich erzähle schon lange, dass die Standardblogger sich besser vernetzen müssten und auch die Nutzern auf anderen Plattformen abgraben. Das machen die Modeblogger ziemlich gut. Die würde ich mir einfach als Vorbild nehmen. Dann passt das schon in Zukunft.
Deine Idee, daß sich Blogger ähnlich wie bei YouTube zu Netzwerken zusammenschliessen sollten, kann eine Alternative sein, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Allerdings muß man bedenken, daß der Grund, weshalb es diese Netzwerke auf YouTube gibt ein ganz einfacher ist, es sollen mehr Klickzahlen generiert werden und dadurch mehr Werbung abgesetzt werden können. Nicht umsonst, können nur YouTube-Partner ab einer gewissen Größe einem Netzwerk beitreten. Durch die Netzwerke bei YouTube passiert meiner Meinung nur folgendes, die großen der Plattform werden größer und verdienen mehr Geld, die kleinen werden noch kleiner und werden an den Rand gedrängt.
Netzwerke und Vernetzung sollte deshalb nicht unbedingt unter monetären Gesichtspunkten gesehen werden, denn sonst geht meiner Meinung nach, viel an dem verloren, was das Bloggen ausmacht, nämlich die Vielfalt der Themen und Meinungen.
Nachtrag: Ich habe inzwischen, basierend auf meinen Kommentar von gerade eben und einem Kommentar auf Facebook, der sich durch das Teilen, dieses Artikels auf Facbook und eines Kommentares darauf entwickelt hat, einen eigenen Beitrag zur Zukunft des Bloggens, in meinem Blog gepostet -> http://bit.ly/ZKAVd0
Im Posting werden meiner Meinung nach zwei Dinge vermischt, erstens die Vernetzung der Blogger untereinander durch Backlinks und Blogrolls und zweitens die Erhöhung der Reichweite durch soziale Netze. Beides hat nur bedingt miteinander zutun. Ich persönlich blogge nicht für andere Blogger und was sie schreiben interessiert mich in Bezug auf meine Blogs nur am Rande. Ich blogge zielgruppenorientiert bzw. nur um meine Gedanken zu veröffentlichen. Deshalb habe ich mich bewusst von Backlinks und Blogroll verabschiedet. Eigentlich ist es mir letztendlich egal ob und wer meine Posts liest. Ich bin überzeugt das die Leute für die meine Inhalte gedacht sind diese auch erreichen. Desweiteren habe ich auch bewusst auf Werbung auf meinen Blogs verzichtet. Neue Posts zeige ich meistens in Google+ an und die dazugehörigen G+ Seiten verbreiten dies dann noch automatisch über Twitter. Andere Blogs habe ich per RSS abonniert, teilweise auch nur bestimmte Kategorien dort.
Auf paper.li ist es möglich interessante Blogs RSS Feds, Twitter news etc. in Form einer Zeitung bzw. eigenes Blog zu personalisieren.
Ein Angebot, dass der Dezentralität entgegenwirkt und mehr seyappeal hat als der Google Reader…
[…] für die ganzen Blog-Nerds ist schon zwei Jahre her – aber ich hab heute nen Artikel über die Zukunft des Bloggens gelesen der nochmal schön aufzeigt dass die deutschen, selbstgehosteten Blogs einfach alles […]
[…] Über die Zukunft des Bloggens macht sich das Netzfeuilleton Gedanken […]
[…] Die Zukunft des Bloggens. Ein lesenswerter Artikel der die verschiedenen Plattformen skizziert und die Anfänge, das Jetzt und Zukünftiges betrachtet. “So ist aus vielem, was einst als persönliches Internettagebuch gestartet ist mittlerweile ein ausgewachsenes Onlinemagazin geworden. Etwas das Blogs jedoch auszeichnete, war die Vernetzung untereinander”. Pfff, die Vernetzung hat merklch nachgelassen, Blogrolls sind Schnee von gestern und mir kommt die Blogszene (viel bekomme ich nicht mit) ziemlich autistisch vor. […]
[…] Nummer 1 im Ring. Aber es machen sich Alternativen auf den Weg, dies womöglich zu ändern. Jannis Kucharz bloggte letzte Woche darüber, was Blogs und damit im wesentlichen WordPress basierten Blogs […]
[…] Die Zukunft des Bloggens sind die heutigen Blogs ein Auslaufmodell? Netz blog […]
[…] Jannis Kucharz darüber wie das Bloggen in der Zukunft aussehen […]
[…] 10:02 Kathrin Ganz über ein gleichberechtigtes Netz. 19:38 Jannis Kucharz darüber wie das Bloggen in der Zukunft aussehen könnte. 28:30 Kati Kürsch über die jungen Frauen mit der großen Twitterklappe. […]
Bin echt mal gespannt in welche Richtung sich das Bloggen bewegen wird und vor allem, ob es in ein paar Jahren immernoch so beliebt sein wird.
[…] Netzeuilleton.de […]
[…] Und die Leser sollten auch davon profitieren können. Denn was sind denn Blogs ohne das entsprechende Publikum? Dann wären wir ja auch wieder bei den Gedanken-Müllhalden der Geeks, Freaks und Nerds. Es kommt doch keiner auf die Idee, sich unzählige Blogs zu abonnieren. Dann nämlich wird auch wieder nur unnützer Datenverkehr produziert. Das fand auch Jannis Kuchartz vor 2,5 Jahren: […]
[…] bieten auch die meisten Webseiten klassischer Medien eine Kommentarfunktion. Viele Blogs sind inzwischen eher Onlinemagazine, die eine ganze Redaktion im Hintergrund habe. Umgekehrt werden aus Sparmaßnahmen die […]
[…] nun Blogs eine strahlende Zukunft haben oder zu Grabe getragen werden müssen, wird immer wieder kontrovers diskutiert. Ich persönlich habe eher den Eindruck, […]
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