Die große Suche nach dem neuen Twitter
Wer macht das Rennen als Twitter-Ersatz? Bluesky, Mastodon, Threads oder doch wieder X? Wer wird das neue Echtzeitmedium? Die Social-Media-Plattform für Breaking News?
Nun, vielleicht brauchen wir gar keine. Das ist mir an dem Wochenende mit dem schrecklichen Magdeburg-Attentat klar geworden.
Ein Wochenende Breaking News
Hätte ich früher noch die Zeit damit verbracht, Stunden vor Twitter-Feeds zu verbringen, um Informationshäppchen und wilde Theorien zu lesen, habe ich mich zum Glück von vielen Kanälen ferngehalten. Stattdessen war ich im Wald spazieren, Weihnachtsgeschenke besorgen, solche Dinge. Das bedeutet, ich war nicht so eingeklinkt in diese Breaking News rund um Magdeburg. Ich habe das nebenher verfolgt und war auch sehr wenig auf Social Media.
Stattdessen habe ich später die Live-Blogs auf spiegel.de durchgelesen, als es schon gesicherte Erkenntnisse gab, und war für diese Informationen tatsächlich sehr dankbar.
Warum die Alternativen alle nicht überzeugen
Aber warum? Schauen wir uns die Alternativen und den potentiellen Twitter-Ersatz mal an: Die Diskussion auf X/Twitter ist so vergiftet und von Verschwörungstheorien und Spinnern übernommen, dass sie nicht mehr zur Information taugt.
Der Threads-Algorithmus informiert einen frühestens drei Tage später. Bluesky ist zu nischig, Mastodon zu nerdig.
Was Journalismus besser kann
Aber es ist auch nicht die Aufgabe dieser Plattformen.
Dafür haben wir Journalismus. Dafür haben wir professionelle Journalisten.
Wann Twitter wichtig war
Der Trend zu Twitter als Breaking-News-Medium begann zu einer Zeit, als die Online-Medien noch nicht so weit waren. Sie hatten noch keine Live-Blogs. Sie hatten kaum Live-Berichterstattung, waren dafür weder aufgestellt noch ausgestattet. Oder haben alles im Zweifel noch für die Printausgabe zurückgehalten.
Wenn also etwas passierte, hatte man so ein ungutes Gefühl: Da passiert etwas, und ich weiß nicht was. Und als einzige Informationsquelle gab es dann Twitter. Dort gab es in Echtzeit Updates, da hat die Polizei vielleicht etwas gemeldet oder Augenzeugen berichtet.
Fakenews aussitzen
Das brauchen wir heute nicht mehr.
Wir können einfach auf Spiegel.de gehen, zur New York Times, wenn es international ist, Zeit, Süddeutsche, wo auch immer. Und die werden uns das zusammenfassen.
Die schreiben das sehr schnell auf, und das Beste: Sie haben die Informationen bereits geprüft.
Als Journalist muss man sich vielleicht in die sozialen Medien begeben, und von da den Anstoß bekommen Informationen zu verifizieren. Aber als Konsument muss man sich da nicht reinstürzen. Und dieser gefühlte Vorsprung, den man früher hatte – „Ich habe auf Twitter gelesen und kann dir jetzt schon sagen, es gab zwei Attentäter“ – diesen Vorsprung gibt es nicht mehr. Es sind so viel Fakes im Umlauf, dass man sowieso abwarten sollte, bis alles überprüft und entlarvt ist. Das können wir getrost den Journalisten überlassen und abwarten.
Das Thema habe ich ausführlich in Folge 370 von „Haken Dran“ mit Gavin Karlmeier diskutiert. Meine Gedanken und News zu Social Media gibts außerdem regelmäßig im streamletter.