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ZDF-Chefredakteur Peter Frey: Statt Quote ein Preisschild für verschiedene Plattformen

Wir haben in der Reihe „Meet the Media Executives“ mit dem ZDF-Chefredakteur Peter Frey über die Digitalisierung beim ZDF, die Bedeutung der Fernsehquote in einer zunehmend digitalen Welt und die Zukunft der Nachrichten gesprochen.

Herr Frey, das ZDF darf sich ja immer Fragen nach der Quote anhören und meine erste Frage wäre jetzt: Wie wichtig ist die Quote eigentlich noch und in wieweit werden auch digitale Abrufzahlen in den Mediatheken immer wichtiger?

ZDF-Chefredakteur Peter Frey:

Ich halte die Quote für wichtig, weil sie uns einfach sagt, wie das was wir machen beim Publikum ankommt. Und ich glaube jeder Journalist will gehört werden. Die Quote gibt Aufschluss darüber, ob wir gehört werden mit unseren heute-Nachrichten, mit dem heute journal, mit den Magazinen und im Unterhaltungsbereich ist es natürlich genauso. Wenn wir nicht auf die Quote achten würden, hieße dass eigentlich, dass wir an der Öffentlichkeit vorbeisenden. Das kann es nicht sein. Gerade bei einem beitragsfinanzierten System. Also die Quote ist wichtig, aber natürlich ist sie nicht alles, weil wir uns auch ein bestimmtes Profil leisten, leisten müssen und auch weniger erfolgreiche aber wichtige Themen dann sozusagen im Schlepptau von erfolgreichen Serien, Spielfilmen, Fußballspielen mitnehmen.

Zukunft der Quote: Ein neues Preisschild für unterschiedliche Plattformen

Aber gerade in den Digitalkanälen ist es ja so, dass für junge Sendungen, wie auf zdf_neo, hinterher in den Mediatheken höhere Abrufzahlen haben, als vorher Quoten gemessen wurden. Also was spielen hier die Messwerte für eine Rolle?

Peter Frey:

Im Grunde versuchen wir im Moment ein Preisschild zu entwickeln, wo wir die Wahrnehmung auf den unterschiedlichen Plattformen dann auch messen. Es ist ja häufig so, dass ein Film zum ersten Mal im Hauptprogramm läuft und dann macht er seine Karriere. „Terra X“ läuft zdf_neo, Phoenix, läuft auf zdf_info und zwar in hohen Frequenzen. Wir hatten im letzten Jahr 1.800 Wiederholungen von „History“, unserem Geschichtsformat, quer über alle Plattformen, da kommen dann wirklich viele Millionen Zuschauer zusammen. Also der Erfolg bei der Erstausstrahlung sagt in der Tat nicht alles und die Abrufzahlen online werden immer wichtiger.

Was bieten sie eigentlich für ein jüngeres Publikum im Hauptprogramm, oder andersherum gefragt: Schieben Sie das junge Publikum in die Digitalkanäle ab? Weil sie diese dann sowieso nur noch Online erreichen und es nur irgendwo gesendet haben müssen, damit es auch online stehen darf?

Peter Frey:

Natürlich sind wir im Hauptprogramm in einem Spagat und die Mehrzahl des Publikums des ZDF ist ein älteres Publikum und trotzdem wollen und müssen, und geben uns alle Mühe auch für Jüngere, und das heißt bei uns ja unter 50-jährige, ich rede ja nicht von Jugendlichen, ein Angebot zu machen. Wenn ich sage Spagat, dann wissen wir auch, dass gewisse Genres bei Jüngeren gut ankommen, wir aber Verluste bei Älteren zu gegenwärtigen haben und das müssen wir miteinander in ein vernünftiges Verhältnis bringen. Es gibt aber eine ganze Reihe von Sendungen, die bei Jungen und Alten gleich erfolgreich sind, wenn ich an die heute-show denke zum Beispiel. Auch das heute-journal ist als anspruchsvolle, 30-minütige Nachrichtenhintergrundsendung dann bei Jüngeren erstaunlich erfolgreich.

Nachrichten für die Generation YouTube

Wenn wir dann doch mal unter 50 und bei den ganz jungen schauen, die jetzt mit YouTube aufwachsen, da auch eine ganz andere Optik mit wilden Jumpcuts und ganz, ganz kurzen Formaten kennenlernen, machen Sie sich da schon Gedanken, wie für eine solche Zielgruppe Nachrichten aussehen müssen?

Peter Frey:

Erstens sind wir ja schon da bei YouTube, wir sind auch schon da bei den ganz jungen, beim Kinderkanal, das ist ja auch ein Kind von ARD & ZDF. Was die Nachrichten angeht ja, wir haben eine Arbeitsgruppe „Jüngere Nachrichten“ eingerichtet, um mal zu definieren, wie definiert man das eigentlich. Definiert man das in erster Linie über den Inhalt, gibt es andere Inhalte die für jüngere Leute interessant sind oder definiert man es in erster Linie über die Form. Ich glaube nicht, das nehme ich schon mal vorweg, dass immer schneller, immer kürzer das richtige Rezept ist. Es kann kein Zufall sein, ich komme nochmal darauf zurück, dass eine so seriöse, solide und auch anspruchsvolle Nachrichtensendung, wie das heute-journal auch für Jüngere attraktiv ist und übrigens auch die tagesschau, die gute alte tagesschau ist häufig genug bei der ARD die jüngste Sendung des Tages.

Aber gerade die tagesschau steht ja gerade in der Kritik, dass dieses Sprechermodell nicht mehr so aktuell ist. Gerade auch für eine immer komplexer werdende Welt, in der es nicht mehr reicht nur Fakten aufzuzählen. Haben sie da mit dem heute-journal den besseren Ansatz?

Peter Frey:

Ich glaube das sind zwei ganz unterschiedliche Genres und ich bin jedenfalls froh, dass das hintergründige, erklärende, nachhaltende, was das heute-journal bietet, sein Publikum findet.

Themen statt Technik

Gut und als Abschlussfrage: Was glauben sie muss ein Medienmanager der Zukunft mitbringen?

Peter Frey:

Begeisterungsfähigkeit. Begeisterungsfähigkeit für die Themen. Manchmal kommt es mir so vor, dass diese sehr technisch getriebene Debatte ein bisschen das unterpflügt, was wir eigentlich inhaltlich dem Publikum nahebringen wollen. Darum geht es ja auch, was bieten wir eigentlich an, welche Themen sind die, die Gesellschaft weiterbringen, aufregen, aufwühlen. Aber sicher auch Begeisterungsfähigkeit für all das neue und frische, was wir im Moment ja in einer Schlagzahl zu verkraften haben, wie es noch nie vorher der Fall war.

Das gesamte Interview mit ZDF-Chefredakteur Peter Frey:

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 Dieser Beitrag erschien zunächst für das TV 2.0-Blog des TV2.0Summit.

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VP Booz & Company: „Die Kostenloskultur im Internet gibt es nicht“

Interview Booz & Company in der Reihe „Meet the Media Executives“

Thomas Künstner, Vice President bei Booz & Company, hat mit uns über Medien und die Digitalisierung gesprochen. Wir haben ihn gefragt, wo es hingeht und wie die Medien reagieren müssen um Konsumenten und Werbekunden in Zukunft anzusprechen.

Die Kostenloskultur im Internet gibt es nicht

Dabei hat Booz&Co. in einer Studie für Google über die Digitalisierung der Medien auch erörtert: Die Mär der Kostenloskultur im Internet stimmt so nicht. Im Gegenteil:

„Das Wachstum im Bereich Medien ist im wesentlichen Getrieben von Digitalisierung. Und wenn man die Erlösströme anschaut, Konsumenten gegenüber Werbung, ist es vor allem von den Konsumenten getrieben.“

Das heißt die steigenden Erlöse im Medienbereich kommen weniger aus dem Bereich Werbung, als durch direkte Zahlungen der Kunden.

„Die Zahlungsbereitschaft nimmt auch in den digitalen Medien zu, aber auch dort muss man differenzieren. Das klassische Beispiel ist General Use, die sehr sehr schwer zu monetarisieren sind und auch in Zukunft zu monetarisieren sein werden. Aber Gegenbeispiel: Video monetarisiert sich heute schon relativ vernünftig.“

Also düstere Aussichten für alle PaidContent und PayWall-Pläne?

„Im klassischen journalistischen Bereich sieht man international, in den USA, immer mehr Beispiele, dass wenn man den Kundennerv trifft, das dort auch die Zahlungsbereitschaft da ist und abgeholt werden kann.“

Es geht als genau darum, den Kundennerv zu treffen und zu bedienen.

„Man muss sich noch stärker auf den Konsumenten konzentrieren, als man das in der Vergangenheit getan hat. Ich sehe Medien als eine sehr kreative Industrie, aber nicht unbedingt als eine Innovative Industrie. Ich glaube das ganze Thema Innovation auch über Formate über unterschiedliche Plattformen nachzudenken wird sehr, sehr wichtig sein.“

Content Marketing ist mehr als ein Buzzword

Und wie sieht es aus, mit der anderen Seite des Marktes, in dem sich Medien bewegen, den Werbekunden? Diese entdecken immer intensiver Content Marketing für sich und nehmen von klassischen Werbeformen abstand. Ist das ein echter Trend oder nur ein Hype?

„Content Marketing ist schon mehr als ein Buzzword. Wenn man sich anschaut, was da in der Industrie passiert, es werden Teams aufgebaut, es wird ernsthaft investiert. Auf der anderen Seite sieht man typischerweise nach so einer Welle der Euphorie auch eine Welle der Ernüchterung, das wird meines Erachtens an der Stelle schon auch einkehren. Ich glaube, da wird man dann spiegelbildlich auch eine Renaissance der klassischen Medien sehen, das wird definitiv kein Abgesang auf die Medien sein.“

Medien auf dem Weg zu Dienstleistern

Wie können die Medien darauf reagieren, wenn sie einen Stück dieses Kuchens abhaben, beziehungsweise behalten wollen?

„Generell, das gilt nicht nur für das Stichwort Content Marketing, muss man sich auf ein sehr viel komplexeres Umfeld als Medienanbieter einstellen und auch ein sehr viel komplexeres Spektrum an Leistungen anbieten. Weg von der klassischen Medienleistung hin zu auch anderen Dienstleistungen, zumindest besteht hier sicherlich auch eine signifikante Möglichkeit zusätzliches Geschäft zu entwickeln.“

Und an anderer Stelle führ er aus:

„Das ganze Thema 30-Sekünder Spots im Fernsehen oder halbe Seite in den Magazinen das wird sicherlich in der Bedeutung abnehmen. Es wird auch dort um vielfältigere Dienstleistungen gehen, um dem Werbekunden auch  in der Gesamtheit seiner Bedürfnisse abzuholen und hier nicht nur Inventar zu verkaufen.“

Das heißt Medien müssen sich insgesamt mehr zu Dienstleistern für ihre Werbekunden entwickeln, die statt einfacher Werbeflächen ganzheitliche Konzepte über mehrere Plattformen und Formate hinweg anbieten. Für viele sicher noch ein weiter Weg, aber auch eine Chance.

Interview Booz & Company

Wir entschuldigen uns etwas für die Schatten in Herrn Künstners Gesicht, es war das erste Interview in der Reihe „Meet the Media Executives“, das wir geführt haben. Das heißt, da werden noch viele weitere kommen, um diese nicht zu verpassen kann man den YouTube-Kanal abonnieren oder sich in den morgenlinks Newsletter eintragen.

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Springer CTO: „Viele der Geschäftsmodelle kann man auch betreiben, ohne ein Verlag zu sein.“

Axel Springer CTO elektonische Medien Ulrich Schmitz erklärt die digitale Strategie.

Ich hatte vor einigen Wochen die Gelegenheit mich mit Ulrich Schmitz, dem CTO elektronische Medien, über die digitale Strategie von Axel Springer zu unterhalten. Die Maßgabe, die schon Mathias Döpfner ausgegeben hat, ist dabei eindeutig:

„Wir wollen das führende digitale Medienunternehmen werden.“

Ich habe natürlich auch gefragt, welche Rolle darin noch der Journalismus spielt, denn schaut man sich das digitale Portfolio an, finden sich dort von Preisvergleichen bis Jobportalen allerhand, aber immer weniger Journalismus.

„Viele der Geschäftsmodelle kann man auch betreiben, ohne ein Verlag zu sein.“

Darauf angesprochen gab Schmitz zu: „Viele der Geschäftsmodelle kann man auch betreiben, ohne ein Verlag zu sein.“, betonte aber dass der Journalismus tief in der DNA von Springer stecke. Aber das ist eben nicht alles, vor allem mit Blick auf die Zukunft:

„Unser Geschäft war immer mehr als journalistische Inhalte abzudrucken und zu verkaufen. Das hatte immer mit Werbung zu tun, es ging immer um Marktplätze, viele Rubriken. Letztendlich machen wir vieles von dem heute weiter, mit eigenständigeren Unternehmen und häufig mit einem anderen Massstab. Als Beispiel das Immobiliengeschäft, das war früher ein stark regional geprägtes Geschäft und ist heute ein nationales Geschäft. Im Grunde haben wir jetzt die Chance genutzt, dass was wir vorher gemacht haben, jetzt in einem anderen Maßstab weiterzubetreiben.“

„Wir definieren uns zunehmend weniger als Printunternehmen.“

Ich habe ihn auch nach der Rolle von Print gefragt. Eine Frage die natürlich nach der letzten Woche wieder in einem ganz anderen Licht erscheint. Und ich weiß nicht, ob ich mir sein Zögern bei dern Antwort nun im Nachhinein einbilde oder ob das den Verkauf des Großteils des Printportfolios schon vorweg nahm.

„Print spielt eine große Rolle bei uns. Es ist wie die 40% (digitaler Umsatz) sagen, der größere Anteil. Wir definieren uns zunhemend weniger als Printunternehmen. Wie definieren die Marken zunehmend weniger als Printmarken, sondern als Medienmarken. Wir bespielen alle Kanäle und wir sehen auf absehbare Zeit, dass Print ein großer Anteil dabei ist. Natürlich sinken die Auflagen bei Print, aber sie werden über einen längeren Zeitraum noch einen größeren Anteil haben. Kurz: Wir sehen uns als Medienunternehmen, das verschiedene Medienkanäle bespielt.“

Ich habe Ulrich Schmitz in diesem Zuge auch kurz auf BILD+ angesprochen. Zugegeben er ist dafür nicht der 100% korrekte Ansprechpartner, aber auch das gehört natürlich zur digitalen Strategie Springers. Vor allem dass das BILD+-Abo mit Print günstiger ist, als reines Print, schien mir interessant und inwiefern das ein Klammern an einen Ast ist.

„Bild+ ist überhaupt kein Klammern an einen Ast, sondern ein bewusster Vorstoß und einer, den wir jetzt nicht in den luftleeren Raum hinein machen. Wir haben vor einigen Jahren angefangen die ersten bezahlten Apps anzubieten und das war ein kühner Vorstoß, da waren wir die Ersten, es gab keine Beispiele. Wir haben festgestellt, es gibt viele Leute die solche Medienangebote kaufen und wir sind da auch wieder optimistisch, dass das für unsere neuen Angebote gilt. Aber das können die Kollegen von der Bild noch besser beantworten, als ich.“

Leistungsschutzrecht & Start-Up-Kultur: „Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun“

Wie gestern schon in meinem Kommentar angekündigt, bin ich auch gesondert darauf eingegangen, wie der Vorstoß in Sachen Accelerator „Axel Springer Plug and Play“ mit Gesetzesinitiativen zum Leistungsschutzrecht zusammen geht:
Jetzt versuchen Sie einerseits Start-Up-Kultur zu umarmen, auf der andern Seite war Axel Springer auch federführend bei einem Gesetz wie dem Leistungsschutzrecht. Das auch von vielen Gründern so aufgenommen wurde, als hätte man das Internet nicht verstanden. Wie passt das zusammen?

„Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun und es wird immer wieder kontroverse Themen geben. Ich glaube, dass viel von dem Kontroversen auch darin liegt, dass viel mit Schlagworten gearbeitet wird und weniger tatsächlich dort hineingeschaut wird. Aber ich kann jetzt hier für die Frühphase sprechen, dass ist etwas, wo wir so viele Möglichkeiten haben, zusammenzuarbeiten und da sehe ich nur Chancen für beide Seiten.“

Das war nur die erste Folge in der Reihe „Meet the Media Executives“, in der wir (Thomas Wagenkencht & Jannis Kucharz) eine Reihe von Medienentscheidern interviewt haben. Diese werden in den nächsten Wochen online gehen. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass unter anderem noch eines mit ZDF-Chefredakteur Peter Frey in der Pipeline ist. Wer diese also in Zukunft nicht verpassen will, kann entweder uns auf Twitter folgen, bei Facebook liken oder sich in unseren wöchentlichen morgenlinks Newsletter eintragen.