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Das Pro-Argument „Dagegen Partei“ [Update]

Als ich auf die Seite www.die-dagegen-partei.de stieß, war zunächst unsicher. Ist das nun ein genialer Schachzug der Grünen das angebliche Image als Blockierer und Verhinderer für sich zu nutzen, oder steckt dahinter eine ausgebuffte Kampagne der politische Gegner? Und es wird einem ja auch nicht ganz einfach gemacht; bei Google erscheint die Seite so:

Die Dagegen-Partei bei Google

Auch die Kampagnenseite an sich erscheint in der namensgebenden Signalfarbe der Partei. Auf einer übersichtlichen Landkarte sieht man, gegen welche lokalen Projekte Bündnis 90/ Die Grünen sich aktuell engagieren. Erst am Fuße dann der Hinweis:

CDU Aktion

Die CDU versucht sich also im „negative campaigning“, und die Schwesterpartei CSU sprang ihr jetzt noch mit einem Video bei:

Für eben dieses hagelt es jetzt Kritik, das Video hat bei 80.000 Views fast 3.000 mag ich nicht kassiert und dabei ist davon auszugehen, das die Meisten dem Video eingebettet auf eine Webseite begegnet sind, wo es diese Abstimmungsmöglichkeit nicht gibt. Gut fanden das Video knapp über 300 Menschen. Doch auch darüber hinaus schlägt das Video Wellen: Die Kommentarfunktion auf den Unionswebseiten werden genutzt. Die meisten lesen sich so: „Peinlich, Niveaulos.“ Die Medien werten das Video ebenfalls zum großen Teil als Verzweiflungstat. Und auch innerhalb der Partei regt sich Kritik. Ortsvorstand Peter Strauch zitiert die sueddeutsche wie folgt:

„So eine Kampagne kann doch nicht Euer ernst sein.“ Als Ortsvorsitzender komme er vor der Presse in Erklärungsnot und müsse sich für so eine Kampagne bei den politischen Gegnern fast schon entschuldigen“. Dann sein Appell: „Bitte stoppt die Kampagne!“

„Negative Campainging“ ist aber auch eine wirklich eine, nun sagen wir „gewagte“ Idee. Nicht umsonst gibt es zahlreiche Studien, die den erhofften Effekt von „negative campaigning anzweifeln oder ganz widerlegen. Oft fällt der negative Effekt nämlich direkt auf den Empfänger zurück. Wählerumfragen belegen, dass gerade in Deutschland die Akzeptanz von Negativkampagnen besonders gering ist.

Dabei hätte man doch lernen können. Der letzte Versuch ist noch gar nicht so lange her, dass war die SPD im Europawahlkampf mit diesem Spot:

Die SPD versuchte die Gegner in den Dreck zu ziehen und scheiterte grandios. 20,8% lautete das Ergebnis der ehemals stolzen Volkspartei. Der Werbemann Bernd M. Michael analysierte hinterher die Kampagne im Interview mit dem Westen und findet klare Worte:

Hat eine Negativ-Kampagne wie diese überhaupt jemals funktioniert?

Michael: So etwas hat noch nie auf der Welt funktioniert. Das Schlechtmachen anderer Leute führt nicht dazu, dass man selbst besser dasteht. Viel besser ist es, wenn Sie ein Vermissen-Erlebnis provozieren, wenn Sie sagen: Aus dem und dem Grund bin ich für Dich viel besser; wenn ich permanent sage, ich kann Dir bieten, was Dir der andere nicht bieten kann. Das ist die zweite große Regel: Rede davon, was der andere Dir nutzt, gib ihm einen Grund, weshalb er mit Dir besser dasteht. Menschen sind alle Ich-bezogen.

Aber steigen wir nochmal hinter das theoretische, hinein in das inhaltliche. Aus welcher Position heraus agrumentiert die Union?

Im August letzten Jahres zeigten sich 81% der Wahlberechtigten nicht zufrieden mit der Arbeit der Koalition aus CDU, CSU & FDP. ((Das bezieht sich auf Bundesebene und aktuell befinden wir uns natürlich in einem Landtagswahlkampf)) Welches Signal ist es da, die andere Partei mit „Dagegen-Partei“ als die wirksame Alternative hinzustellen? In einer Zeit, in der sich viele mit dem momentanen Verlauf unbefriedigt zeigen, bewirbt die Union also den politischen Gegner als wirksame Alternative. Was machen die Grünen? Das einzig Richtige, sie greifen die Argumentation auf und zeigen, warum sie wo gegen sind. Da wird hinterher ein fetter Scheck an die CSU fällig als Dank für die Wahlkampfhilfe und den Verantwortlichen sollte man vielleicht gleich fürs eigene Lager verpflichten.

Netzpoltik.org hat übrigens zu einem Remix des Spots aufgerufen, die ersten Ergebnisse sind schon da Und auch über netzpolitik, habe ich gerade auch noch dieses Video entdeckt: „Inside CDU – Wie der Anti-Grünen Werbespot enntstand“ und ich musste sehr schmunzeln, gerade wegen des hervorragenden Featurings von „Das Leben des Brian“.

Update: Die „heute show“ hat ausserdem noch einen Spot über die CSU gemacht:

Disclosure: Wer sich die Mühe macht, meinen Namen zu googlen wird wahrscheinlich irgendwann auf Hinweise stoßen, dass ich irgendwann einmal Mitglied der GJ Ravensburg war. In der letzten Wahl gehörte meine Stimme dennoch einer anderen Partei.

Von Jannis Schakarian

Geboren als Jannis Kucharz studierte Jannis Schakarian, Publizisitk und Filmwissenschaft. Hat funk mit aufgebaut, Kolmnen bei der Allgemeinen Zeitung geschrieben und arbeitete als Formatentwickler, Leiter des Social Media Teams und der Distributionseinheit beim ZDF, dann bei SPIEGEL als CvD Audio.

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3 Antworten auf „Das Pro-Argument „Dagegen Partei“ [Update]“

Danke für die nette Zusammenstellung auf Deinem Blog. Die Kampagne ist wirklich lächerlich, was ich aber viel schlimmer finde, ist die anti-demokratische Haltung, die dahinter steckt. In einer Demokratie gehört das „Dagegen“ dazu, wer dem politischen Gegner das Recht abspricht, dagegen zu sein, der begibt sich auf einen gefährlichen Weg: http://www.andreas-buehler.eu/allgemein/ruhe-ist-erste-buergerpflicht-die-kampagne-der-cdu-gegen-eine-politische-buergergesellschaft/

Ja, wahnsinn.
Ich hab das Video vor etwa einer Woche auf einem anderen Blog gesehn und musste herzlich lachen. Ganz billige Art und Weise. Auch mir ist dann sofort das Spd-Video eingefallen. Ich bin ja mal gespannt, wie es ausgeht. Aus Fehlern lernen scheint nicht allzu sehr das Ding der „Volksparteien“ zu sein.
Sehr peinliche Aktion.

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