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Politik

Geheimdienste außer Kontrolle

Der deutsche Untersuchungsausschuss der NSA-Affäre hat große Angst vor Whistleblowern. Dabei verdankt er seine Existenz dem Whistleblower Edward Snowden. Aber auch den möchte man lieber nicht dabei haben und windet sich ihn als Zeugen einladen zu müssen.

Danke Snowden, aber mach das nicht nochmal!

Noch größere Angst hat man vor Whistleblowern aus den eigenen Reihen. Die Bundesregierung hat nun einzelne Vernehmungen als streng geheim eingestuft. Kanzleramtsminister Peter Altmeier hat öffentlich mit einer Anzeige und Strafverfolgung gedroht, sollten noch einmal sensible Informationen aus dem Ausschuss nach außen gelangen. Diese Absurdität muss man sich mal vor Augen führen: Da setzt man einen Untersuchungsausschuss ein, um aufzuklären, aber nichts davon soll an die Öffentlichkeit.

Geheimdienste Kontrolle, zahnloser als ein Ameisenbär

Leider hat das bei der „Kontrolle“ der Geheimdienste System. Das parlamentarische Kontrollgremium, das normalerweise die geheimdienstlichen Tätigkeiten überwacht, ist zahnloser als ein Ameisenbär. Zwar hat es theoretisch das Recht seine Nase in alle Angelegenheiten der Geheimdienste zu stecken, ist aber praktisch vom Auskunftswillen der Dienste abhängig.

Die Gefahr dabei etwas Brisantes zu erfahren ist in etwa so hoch, wie in der Fußgängerzone von erwähntem Ameisenbär angefallen zu werden. Und sollten sie doch einmal etwas erfahren, ist ihnen nicht gestattet damit an die Öffentlichkeit zu treten.

Dabei sind die Mitarbeiter und Vorsitzenden der Geheimdienste nicht demokratisch gewählt. Sie überdauern im Zweifel die Amtszeiten vieler Politiker und unterliegen keiner öffentlichen Kontrolle.

Geheimdienst Kotrolle: Zahnlos wie ein Ameisenbär

Geheimdienste haben demokratische Prinzipien außer Kraft gesetzt

In Laura Poitras Dokumentation „Citizenfour„, besucht sie neben Edward Snowden auch ein Gerichtsverfahren in den USA. Mit diesem versuchen einige Bürger sich gegen die Überwachung durch ihren Staat zu wehren. Der Staatsvertreter bringt zu seiner Verteidigung an, dass man die Angelegenheit doch besser der Legislative und Exekutive überlassen soll. Als der Richter nachfragt, ob man ihn als Judikative und dritte Gewalt im Staat damit ausschließen möchte, reagiert der Regierungsvertreter ertappt und antwortet ausweichend. So weit sind wir: Die Geheimdienste haben die demokratischen Prinzipien außer Kraft gesetzt, werden nicht kontrolliert und Verfahren finden im Verborgenen statt. Währenddessen können sich die Geheimdienste weiter wie ein Krebsgeschwür unkontrolliert in der Gesellschaft ausbreiten.

Titelbild: BND-Quartier in Berlin, CC BY-NC-SA 2.0 Andreas Levers
B
ild: Ameisenbär im Zoo, CC BY-NC-ND 2.0 zutaten

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Flimmern & Sehen Politik

Drohnen-Angriffe: Wenn der blaue Himmel tödlich wird

Drohnen bringen eben nicht nur Geschenke, sondern auch den Tod. Und inzwischen sind Drohnen-Angriffe zu Präsident Obamas liebster Methode geworden, Menschen aus der Ferne zu töten. Das große Problem dabei ist, die Grundlage auf der das passiert. Denn so ganz sicher ist man sich immer nicht, wen die Drohen da erwischt, wenn man sie losschickt. Ob das eigentlich jetzt einTerrorist war oder nicht. Identitäten kennt man dabei nicht, will sich aber sicher sein schon die richtigen zu treffen. Das alles geschieht allein auf Datensätzen, vermutlich auch denen der NSA. Ein falsches Metadatum kann mir also einen Drohnenbesuch bescheren. Oder die falsche Körpergröße.

Nur 4% der Drohnen-Opfer in Pakistan eindeutig Al Quaida


Update: Der Tribune hat einen Bericht nach dem gerade einmal 12% der 2379 Opfer von Drohnen Angriffen in Pakistan als militant eingeordnet werden konnten. Eindeutig Al Quaida zuordnen konnte man nur 84, aber mann kennt ja auch nur die Namen von rund 700 der Opfer.

John Oliver erklärt was mit Drohnen-Angriffen falsch läuft

Wo früher wenigstens ein Soldat noch einen Fehler machen konnte, schickt man heute ein unbemanntes Flugobjekt. Weniger Risiko für die eigenen Leute und die Stimmung im eigenen Land. Aber Automatismen haben eben das Problem, das sie irgendwann kaum noch überprüft werden. Man kennt kein Gesicht kein nichts. Das ist erst recht gefährlich, wenn sie über Leben und Tod entscheiden. Und während die Drohnen-Angriffe der USA zunehmen ist zu den Hintergründen, dem genauen Verfahren, bis hin zu schlichten Zahlen wenig bekannt. So hat man zahlreiche Schlupflöcher geschaffen, wann man Drohnen-Angriffe fliegen darf. Es lässt einen sprachlos zurück, dass bei zivilen Opfer einfach junge Männer rausgerechnet werden, die theoretisch in dem Alter wären, in der sie einer militärischen oder terroristischen Vereinigung sein könnten. Ach und wieviele man dabei genau umgebracht weiß man auch nicht so genau. Was alles genau schief läuft hat John Oliver mal wieder hervorragend erklärt.

Drohnen-Angriffe werden geflogen ohne die Identitäten der Opfer zu kennen.

Bild: CC BY 2.0 Horia Varlan

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Bewegen & Beschäftigen Gesellschaft Politik

Menschliche Mitarbeit nicht benötigt

Als zweite industrielle Revolution gilt die Digitalisierung schon längst, aber wie diese langfristig die Arbeitswelt verändern und unsere eigene Arbeitskraft ersetzen wird, darüber wird noch wenig nachgedacht.

Digitalisierung – Die zweite industrielle Revolution

Bislang gilt die Digitalisierung als etwas, dass uns vor allem die Arbeit erleichtert. Der Traum vom Papierlosen-Büro, schnelldurchsuchbaren Dokumenten, asynchroner aber unmittelbarer Kommunikation. Computer sollen stupide Arbeiten übernehmen, für die eine Mensch überqualifiziert ist. Das Computer und Roboter den Menschen dabei ganz ersetzen erscheint ein Zukunftstraum.

Roboter ersetzen uns

Dabei sind die Einschläge schon viel näher als gedacht. Das selbstfahrende Auto ist intensiv getestet und kurz vor der marktreife, wie lange eine flächendeckende Abdeckung noch dauert ist nur eine Frage der Zeit. Und nicht mal die entscheidende: Schon jetzt übernehmen Roboter Jobs in der Logistik, in Lagerräumen und Lagerhallen. Amazon und Google testen die Lieferung mit Drohnen – der Logistiksektor dürfte wohl als erster von den Robotern übernommen werden. Denn, wie CGPGrey im oben eingebundenen Video sagt, dazu müssen sie nicht perfekt sein, sondern nur besser als wir Menschen. Und wir Menschen sind ziemlich miserabel mit all den Unfällen die wir bauen. Sicher gibt es noch einige ethische Fragen, aber die Aufgabe etwa von A nach B zu befördern ist ziemlich simpel.

Roboter übernehmen auch geistige und kreative Arbeit

Dabei können Roboter längst mehr. Auch in der Zukunft des Journalismus lauern Roboter, ach was in der Gegenwart. Der Guardian bringt eine Zeitung heraus, die von einem Algorithmus zusammengestellt wird. Computer können ohne Probleme Sportmeldungen schreiben, schließlich bestehen diese sowieso vokalem aus Zahlen und Daten. Roboterjournalismus nennt man das dann. Und Computer können auch komponieren, also kreativ sein. Sie lernen selbstständig dazu, weil sie unendlich input haben. Wir telefonieren mit Ihnen und im Zweifelsfall hat ein Roboter den Job zu entscheiden, wann wir im Krankenhaus behandelt werden.

Kein Job ist sicher

Kein Job ist sicher. Also mal um zu übertreiben. Aber Computer sind besser in vielem: Sie können sortieren, machen keine Flüchtigkeitsfehler, werden nicht müde. Und sind langfristig billiger. Und wie CGPGrey auch erwähnt, es müssen nicht alle ihren Job verlieren, damit es uns schlecht geht. Während der großen Depression waren es 25%. Arbeitslosigkeit, wir stehen aktuell bei 6,7%. Die Logistikbranche hat in Deutschland 2,8 Millionen Beschäftigte.

Ich will nicht schwarz malen, sondern dazu anregen endlich zu überlegen, wie wir in Zukunft arbeiten wollen. Und was Arbeit bedeutet.

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Politik

Digitale Agenda: Wie der Staat unsere Sicherheit aufs Spiel setzt

Die Bundesregierung hat mit ihrer Digitalen Agenda und dem IT-Sicherheitsgesetz endlich Konsequenzen aus dem massiven Spähangriff auf Deutschlands Bürger gezogen. Das könnte man zumindest meinen, nachdem die Pläne öffentlichkeitswirksam mit gleich drei Ministern und schicker Webseite vorgestellt wurden.

Digitale Agenda: Bunt aber funktioniert nicht

An vielen Stellen sind sie aber das Gegenteil. Das die Webseite dabei schön bunt ist, auf dem Tablet aber nur mäßig, ist dabei symptomatisch. Die meisten Punkte sind vage, werbend und sagen alles soll besser werden, ohne dabei Geld ausgeben oder konkret werden zu wollen. Das wäre nicht einmal dramatisch, wären sie nicht an anderer Stelle ein Rückschritt zu dem, was im Koalitionsvertrag versprochen wurde. So will man jetzt zwar „innovativer Staat“ sein, verliert aber kein Wort darüber, wie genau so ein innovativer Staat aussieht. Dabei hatte man im Koalitionsvertrag konkret angekündigt gegenüber den Bürger transparenter zu werden.

Zwei Klassen bei der Totalüberwachung

Zum blanken Hohn wird die Digitale Agenda aber, wenn es genau um die ständige Totalüberwachung aller deutschen Bürger geht. Im Koalitionsvertrag wurde hoch und heilig versprochen, man wolle die Geheimdienste stärker kontrollieren. Schließlich stehen die deutschen Geheimdiensten den US-amerikanischen kaum in etwas nach, was ihre Allmachtsfantasien und ihren Informationshunger angeht und an vielen Stellen verbünden sie sich gerne mit dem großen Bruder. Von einer strengeren Kontrollen ist nun keine Rede mehr. Im Gegenteil- die Geheimdienste sollen gestärkt und mit mehr Mitteln ausgestattet werden. Darunter ausgerechnet auch der Verfassungsschutz, der vor allem für seine NSU-Misserfolge und wahllose Überwachungsmaßnahmen bekannt ist.

Erstaunlich konkret wird die Digitale Agenda nur, wenn es um die verbesserte Kommunikationssicherheit der Regierungsmitarbeiter geht. Hier möchte man erhalten und erhöhen. Das bringt den bitteren Geschmack wieder hoch, dass zwar Frau Merkel inzwischen ein neues Handy hat, die restlichen 116 Millionen Handys in Deutschland aber weiter munter abgehört werden können. Hier erhebt sich die politische Klasse über seinen Souverän.

Staatliches Versagen bei der Sicherheit

Wie interessiert die Bundesregierung an der Sicherheit der Daten ihrer Bürger ist, hat sie bereits 2013 bei der Einführung der De-Mail gezeigt. Als Kritik an dem mangelnden Verschlüsselungsverfahren des Dienstes aufkam, der es ermöglichen soll rechtsverbindlich sensible Informationen wie Gehaltsnachweise oder Steuerunterlagen zu verschicken, erlies man einfach das eGovernment-Gesetz. Das besagte, dass die Kommunikation via De-Mail von da an als sicher zu gelten habe.

Wer mit solchem technischen Sachverstand die Sicherheit seiner Bürger garantieren will, hat als Staat im 21. Jahrhundert versagt.

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Politik

Snowden-Enthüllungen: Es ist zum Verzweifeln

Durch einen Fehler in der Produktion erschien meine erste Kolumne in der Allgemeinen Zeitung gleich zweimal. Darin ging es um die Post-Snowden-Ära und wie es ist mit dem Wissen zu leben, überwacht zu werden. Und eigentlich könnte sie noch ein drittes Mal erscheinen, denn seither hat sich  nichts geändert.

Über ein Jahr nach den Snowden-Enthüllungen hat sich nichts geändert

Über ein Jahr nach den ersten Snowden Enthüllungen leben wir immer noch mit dem Wissen, überwacht zu werden. Man kann sich die Finger wund schreiben und es tut sich nichts. Einige tun das auch. Sascha Lobo hat seit den Snowden-Enthüllungen jede seiner Kolumnen bei Spiegel Online der Überwachungsdebatte gewidmet, ein weiterer Spiegel Online Redakteur twittert automatisiert wöchentlich seine Artikel zu den Überwachungsprogrammen Prism und Tempora mit den Worten „Immer noch wahr“.
Eben weil sich nichts geändert hat. Daraus spricht eine gewisse Verzweiflung, aber auch Wut.

Wut, dass sich so wenig getan hat. Dass unsere Regierung so wenig tut. Dass sie sich nach einem Jahr mit viel Hin und Her gerade einmal dazu durchgerungen hat, in dem Fall von Merkels Handy-Überwachung zu ermitteln. Währenddessen bleibt die Überwachung von Millionen Bundesbürgern ohne Konsequenzen.

Wut mit ansehen zu müssen, wie ein Überwachungsapparat ausgebaut wird

Es ist diese Wut darüber, dass man zusieht, wie ein Überwachungsapparat ausgebaut wird, der die Tätigkeiten der Stasi mit ihren begrenzten Mitteln fast dilettantisch wirken lässt. Dass unsere Regierung stattdessen sogar akzeptiert, wenn die USA grundsätzliche demokratische Rechte aushebelt.

Und dann bringen auch Sie mich noch zum Verzweifeln, genau Sie lieber Leser. Denn offensichtlich ist einem Großteil der Bürger schlichtweg egal, dass sie digital überwacht werden.

Was, wenn ihre Postkarten gespeichert würden?

So wie Sie es vermutlich zu Recht verwunderlich fänden, wenn ein Geheimdienstmitarbeiter den Inhalt all Ihrer Postkarten speichern würde, akzeptieren Sie es derzeit im Digitalen mit der E-Mail. Dabei gäbe es hier die Möglichkeit sich zu wehren. Eine E-Mail-Verschlüsselung einzurichten ist nicht schwer. Aber selbst wenn ich Ihnen jetzt rate einen anderen SMS-Ersatz als Whats-App herunterzuladen, werden es vermutlich die Wenigsten tun.

Zum Jahrestag der Snowden-Enthüllungen gab es einen Aktionstag, der den Nutzen von Verschlüsselung propagieren sollte. Das Echo war verhalten. Dabei wäre ein konsequenter Einsatz von verschlüsselter Kommunikation ein wirksamer und vielleicht der einzige Weg, um sich gegen die Überwachung zu wehren. Aber die Wenigsten tun es. Da kann man verzweifeln und wütend werden. Und mir bleibt wohl nicht viel anderes übrig, als mir die Finger wund zu schreiben.

Bild: CC-BY 2.0 Thierry Ehrmann
Dieser Text erschien zunächst in der Allgemeinen Zeitung

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Kleines Fernsehen Politik Video

John Oliver erklärt Netzneutralität. Und es ist großartig.

John Oliver hat endlich seine eigene Show bekommen. Nachdem er letzten Sommer Jon Stewart bei der „Daily Show“ unfassbar großartig vertreten hat, hat HBO ihm mit „Last Week Tonight“ eine eigene Show gegeben. Leider eben bei HBO, so dass man die Sendung nicht einfach frei im Netz nach schauen kann, sondern sich legalerweise auf die kurzen Schnipsel verlassen muss, die auf YouTube gestellt werden. Das macht meistens Lust auf mehr, seine Pointe zum „Recht auf Vergessen“ war zwar vorhersehbar, aber gleich in der zweiten Sendung hat er sich mit der Todesstrafen auseinandergesetzt und das war schon sehr cool.

Netzneutralität. Oder Preventing Cable Company Fuckery

Diese Woche hat er sich gleich dem nächsten komplexen Thema angenommen: Netzneutralität. Das veruracht normalerweise Gähnen, obwohl es so immens wichtig ist. Und in den USA steht die Netzneutralität gerade enorm unter Beschuss, um mal noch zu untertreiben. Das hat auch John Oliver erkannt und schlägt deshalb vor, das Thema gleich in „Preventing Cable Company Fuckery“ umzubennen. Am Schluss fordert er noch die Kommentatoren zum Handeln auf. Pures Gold, mehr davon!

Wo sind eigentlich die deutschen Late Night Talker, die sich so etwas annehmen? Falsch: Wo sind eigentlich die deutschen Late Night Talker.

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Netz & Politik

Vertrauensmissbrauch & Herzbluten

Vertrauen ist immer ein Vorschussgut. Ich kann nur bewerten, ob es richtig war jemandem zu vertrauen, wenn er dieses Vertrauen bricht. Ich weiß also erst, dass es falsch war, wenn es zu spät ist und bis dahin kann ich mir nie sicher sein, ob es richtig ist.

Vertrauen ist ein Vorschussgut

So haben wir zahlreichen Webservices unsere Passwörter und persönliche Daten anvertraut. Diese wiederum haben in der Mehrheit auf die Verschlüsselungstechnik openSSL vertraut. Nun hat sich herausgestellt, dass genau dieser Software eben nicht vertraut werden kann. Der Fehler ist passenderweise nach dem Gefühl benannt, dass verletztes Vertrauen hervorruft: Heartbleed (Herzbluten).

Ein weiterer Vertrauensvorschuss in der Welt der Software, besonders der openSource Software, ist dass wenn jemand einen Fehler findet ihn entweder meldet oder repariert. Das ist auch passiert. Aber erst später, denn es halten sich die Vorwürfe, dass die NSA genau diesen Fehler bereits seit Jahren ausgenutzt hat, um die Passwörter und privaten Informationen von uns allen herauszufinden. Zwar bestreitet die NSA das weiterhin, doch da sie das Vertrauen bereits einmal missbraucht hat, folgt daraus dass man ihr nun nicht mehr vertraut.

Die Regierung hat Vertrauen verspielt. Zurückgewinnen wird schwer.

Das ist der nächste Schritt nach einem Vertrauensbruch: Man vertraut demjenigen erst einmal nicht mehr und unterzieht ihn einer genaueren Kontrolle. Die Geheimdienste entziehen sich dieser Kontrolle und schaden damit massiv der Demokratie. Man misstraut nun nämlich nicht nur den Geheimdiensten, sondern auch der Regierung, die diese Kontrolle eigentlich durchführen sollte. Sei es das gescheiterte Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts zur Aufklärung der Verstrickung der Bundesregierung in die Späh-Affäre oder Obama zu zaghaften Zugeständnisse die NSA zu reformieren.

Der Staat muss den Bürger trauen

Sie alle haben damit enormes Vertrauen verspielt. Vertrauen zurückzugewinnen ist noch schwerer. Das ist ein langsamer und langwieriger Prozess. Das basiert zum einen auf Gegenseitigkeit. Der Staat muss also seinen Bürgern Vertrauen zeigen, und sie nicht mit Maßnahmen wie einer Vorratsdatenspeicherung als potentielle Verbrecher behandeln. Zum anderen geht es darum, dass man sich selbst kontrollieren lässt. Im Fall der Regierung haben wir Kontrollorgane, wie die Öffentlichkeit und die Presse. Im Fall der Geheimdienste sind wir auf zufällige Veröffentlichungen, wie durch den Whistleblower Edward Snowden angewiesen. Der parlamentarische Kontrollausschuss gilt weithin als zahnloser Tiger.

Wenn die Regierung unser Vertrauen zurückgewinnen möchte, sollte sie anfangen ihre Geheimdienste besser zu kontrollieren. Wir kontrollieren solange, ob wir alle Passwörter erneuert haben.

Diese Text erschien zunächst in der Allgemeinen Zeitung

[quote_box_center]Wie reagiert ihr auf den Überwachungsskandal und wie habt ihr die Berichterstattung dazu wahrgenommen? Dazu bin ich gerade Teil eines Uniprojekts und ihr könnt helfen, indem ihr 5 Minuten diese Onlinebefragung beantwortet.[/quote_box_center]

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Netz & Politik

Netzneutralität & geschenkte Gäule aus Troja

Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, sagt der Volksmund. Das wurde schon den Trojanern zum Verhängnis, als sie das geschenkte Holzpferd der Griechen dankend in Empfang nahmen. Denn nicht hinter allen Geschenken stecken gute Absichten. So gehen nun auch Netzbetreiber im Mobilfunk und Internet dazu über den Kunden einige Dienste gratis oder vergünstigt anzubieten. So zählen zum Beispiel bei der Telekom die Daten für den Musikstreamingdienst Spotify nicht mehr in das knapp bemessene Volumen, wenn man den Tarif direkt über sie bucht. Für den Kunden großartig: Endlich reichen die knappen Megabyte des Mobilfunkvertrages bis ans Monatsende oder man kann wenigstens nach der Drossel noch weiter Musik hören.

Die Netzneutralität ist ein Grundprinzip des Internet

Dahinter steckt jedoch die Absicht eines der Grundprinzipien des Internets abzuschaffen: Die Netzneutralität. Unter Netzneutralität versteht man, dass im Netz alle Daten gleich befördert werden, unabhängig davon was sie enthalten oder wer ihr Absender ist. Dieser Grundsatz hat die vielen Möglichkeiten eröffnet, die das Netz heute bietet. Er hat Künstlern erlaubt, ihre Musik auch außerhalb von Labels zu veröffentlichen, Dienste wie YouTube geboren. Er sorgt dafür, dass Sie sich unabhängig informieren können, weil Sie Facebook, meinen Blog und die Webseite dieser Zeitung gleichberechtigt aufrufen können.
Die Abschaffung der Netzneutralität hingegen führt dazu, dass sich nur noch wenige große Unternehmen eine schnelle Datenlieferung zum Nutzer leisten können.

Managed Services: Wer darf auf die Überholspur?

Der Internetprovider verabredet mit dem Unternehmen, dass sein Dienst gegen Bezahlung auch nach einer Drosselung noch schnell gesendet wird oder grundsätzlich bevorzugt wird. Als Nutzer wird man dann von diese Verträgen abhängig. Angenommen es gäbe tatsächlich eines Tages ein soziales Netzwerk mit besserem Datenschutz, dass sich als Alternative zu Facebook positionieren wollte. Um überhaupt eine Chance zu haben müsste es ähnlich lukrative Verträge mit den Internetprovidern aushandeln. Deshalb steht den Providern der Sinn nach Geschenken. Irgendwann wird aber auch mit Geschenken Schluss sein. Im nächsten Schritt könnte auch der Nutzer zur Kasse gebeten werden. Dann gibt es einen Standardinternettarif, hinzukommen aber Zusatzgebühren für bestimmte Dienste. Zum Beispiel für eine ruckelfreie Youtube-Wiedergabe oder ARD-Mediathek. Im selben Schritt würden andere Dienste diskriminiert und langsamer angeboten. Übertragen auf die analoge Welt, wäre das so, als dürfte auf der Autobahn die Überholspur nur noch von BMW-Fahrern benutzt werden.

Bild unter CC-BY-ND 2.0 von Andrew Stawarz
Dieser Text erschien zunächst in meiner 2-wöchtentlichen Kolumne in der Allgemeinen Zeitung.

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Gesellschaft Netz & Politik

Leben in der Post-Snowden-Ära

Wie lebt es sich mit dem Wissen überwacht zu werden? Was man früher im Geschichtsunterricht mit Blick auf die Stasi-Zeit nur schwer nachvollziehen konnte, erleben wir heute alle am eigenem Leib. Und zunächst ändert sich gar nicht so viel. „Heute schon was für die NSA gepostet?“, witzelt man über die eigenen Facebook-Aktivitäten und versteckt hinter diesen Witzen doch nur die eigene Machtlosigkeit. Doch auf zweiter Ebene passiert noch etwas anderes: Langsam überlegt man sich: Was kann ich noch schreiben, was kann ich noch sagen, wenn ich weiß, dass alles im Zweifel gegen mich verwendet wird?

Manche mögen sagen, dass man sich das immer schon hätte überlegen sollen, denn im Prinzip ist alles, was man ins Netz stellt nur einen Klick von privat zu öffentlich entfernt. Aber was aktuell passiert, geht viel weiter. Führt der Urlaub im falschen Land dazu, dass ich auf einer Liste lande, von der nicht weiß, warum sie existiert? Verweigert man mir beim nächsten USA Besuch eventuell die Einreise aufgrund eines kritischen Kommentars? Das ist das wirklich Perfide. Wir alle entwickeln eine Schere im Kopf, die uns nicht mehr so frei kommunizieren lässt, wie vorher. Sollte sich nichts an der massiven Überwachungssituation ändern, haben uns Endwards Snowdens heldenhafte Enthüllungen im ersten Schritt unfreier gemacht als zu vor, weil wir anfangen uns selbst zu zensieren. Das ist einer Demokratie unwürdig.

Dies war meine erste Netzfeuilleton-Kolumne für die Allgemeine Zeitung

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Politik

„Mir fehlt der Mut der Bundesregierung“ – Daniel Domscheit-Berg zum NSA-Skandal

Die Auswirkungen des NSA-Skandals werden durch die ständig neuen Enthüllungen von Edward Snowden immer größer. Daniel Domscheit-Berg war lange Zeit der zweite Kopf hinter Wikileaks. Nach einem Streit mit dem Gründer Julian Assange trennte er sich von der Plattform und beschäftigt sich heute mit Netzwerksicherheit und engagiert sich für die Piratenpartei. Diese Woche war er in Mainz zu Gast und diese Zeitung sprach mit ihm über die Auswirkungen der NSA-Affäre.

Daniel, nach deinen Erfahrungen früher bei Wikileaks, inwieweit warst von den Snowden-Enthüllungen noch überrascht?

Es gibt Teile dieser Enthüllungen, die vorher schon bekannt waren oder man hatte eine Idee davon. Es ist bekannt welche Technologien es gibt und man kann, wenn man sich dafür interessiert eine Idee entwickeln, was da passiert. Die Dimensionen sind aber noch einmal etwas ganz anderes. Das Wichtigste an diesen Enthüllungen ist, dass wir uns bewusst werden, dass es hier nicht um eine kleine Sammlung von Daten geht. Hier ein System so groß geworden, dass niemand sich das überhaupt vorstellen kann. Ausgedruckt würde der Datenbestand der NSA das 1,7-fache der Fläche Europas bedecken. Das macht das Ganze vielleicht etwas verständlicher.

Gab es für dich denn einen Schlüsselmoment, in dem du das Ausmaß des Skandals erfasst hast?

Ich habe solche Schlüsselmomente mit jedem Teil dieser Enthüllungen. Alles, was wir bisher gehört haben zeigt weitere Facetten dieses Problems auf und zeigt welche technischen Komponenten attackiert werden. All das macht mich persönlich betroffen, denn ich habe eine Vorstellung davon wie viel von der Integrität dieser Komponenten in einer vernetzen Welt abhängt. Ich weiß, dass wenn all diese einzelnen Bausteine wegbrechen, sich das zu einem richtigen Problem entwickelt.

Es macht betroffen – und es macht hilflos. Was kann man dann jetzt tun? Zunächst mal auf einer politischen Ebene. Denn selbst wenn die Verstrickungen in Deutschland aufgeklärt würden, ist damit noch nicht abgestellt was die NSA mit dem internationalen Internetverkehr in den USA tut.

Zunächst würde ich mir wünschen, dass unsere Bundesregierung einen Untersuchungsausschuss einsetzt. Dieser Untersuchungsausschuss braucht eine Beteiligung der Zivilgesellschaft. Für mich ist wichtig, dass unabhängige Experten an der Aufklärung beteiligt werden, die in unserem Interesse agieren. Natürlich braucht es auch Informationen der Amerikaner. Da müssen wir klarer kommunizieren, dass wir mit den Informationen, die wir bisher bekommen nicht zufrieden sind. Wir müssen mehr Transparenz einfordern und auch den politischen Mut haben, einem Verstoß von Seiten der Amerikaner mit Konsequenzen auf diplomatischer Ebene zu begegnen.
Wieso sollen wir mit ihnen über neue Wirtschaftsabkommen verhandeln? Wieso sollen wir Abkommen, wie die SWIFT-Verträge und die Weitergabe von Fluggastdaten aufrecht erhalten, wenn wir wissen, dass das gegen uns verwendet wird? Da fehlt mir der Mut in der Bundesregierung. Wir sind in Deutschland nicht so abhängig. Wir könnten viel aggressiver unsere Rechte einfordern und unsere Souveränität verteidigen. Ich finde es beschämend, dass unsere Regierung, das nicht im Ansatz hinbekommt.

Bis wir soweit sind, was kann man denn auf individueller Ebene tun? Kann man sich schützen? Muss man all seine E-Mails verschlüsseln oder Aufhören in sozialen Netzwerken zu kommunizieren?

Idealerweise würden wir per se sicherer kommunizieren. Die Forderung, dass mehr Menschen ihre Mails verschlüsseln sollen ist älter als der Skandal. Aber das ist Teil eines Lernprozesses, reifer mit diesen Medien umzugehen. Will ich heute einen Brief schreiben, schreibe ich ja auch einen Brief und keine Postkarte. Insofern ist die Debatte wichtig. Nicht damit jeder lernt, wie er zum Krypto-Experten wird und sich in Zukunft ein Wettrüsten gegen den Staat liefert, sondern dass Leute für die Thematik sensibilisiert werden und ein paar der Fragen hören, die sie sich selbst stellen müssen. Dazu gehört: Welche Daten gebe ich überhaupt zu wem? Weiß ich, wie derjenige mit diesen Daten umgeht? Diese grundlegenden Fragen sind viel größer als die NSA-Affäre.

Was kann denn mit diesen Daten passieren? Wo entsteht denn der Nachteil, wenn man sich selbst nichts vorzuwerfen hat?

Das Problem ist, dass die Verknüpfung einem gar nicht bekannt ist. Ich weiß vielleicht, dass ich mich bei Facebook und bei einem anderen Dienst angemeldet habe. Da habe ich mittlerweile auch eine Vorstellung davon, was das für mich bedeutet. Problematisch wird es, wenn alle diese Daten hinter meinem Rücken zusammengeführt werden. In dem Moment, indem jemand meine Kommunikation kennt und mein Verhalten und diese beiden Dinge verknüpfen kann, kann er ein Profil von mir aufbauen. Beispielsweise, wenn es um sexuelle Vorlieben geht. Darum ob ein Homosexueller Safer Sex praktiziert. Dieser Datensatz wird dann von Anderen, wie einer Krankenkassen gekauft und plötzlich geht es um die Entscheidung einer Lebensversicherung, die dann nicht gewährt wird. Es gibt viele Bereiche, in denen das schwer vorstellbar ist, in der Realität aber sehr detaillierte Profile angelegt werden können. Erst vor kurzem kam raus, dass Versicherungen auch Informationen aus Facebook nutzen wollen, um Menschen besser einstufen zu können. Ebenso wenn man bei der Bank einen Kredit beantragt, dann wird in die Risikobewertung mit einfließen, wie ich mich in sozialen Netzen verhalte. Das ist doch eine komplett verrückte Welt und man hat keine Möglichkeit, das zu steuern. Das ist das eigentliche Problem.

Deine Trennung von Wikileaks und Julian Assange erfolgte ja damals im Streit. Siehst du es kritisch, dass Edward Snowden die Nähe zu Julian Assange, beziehungsweise umgekehrt, sucht?

Wer da wessen Nähe sucht, weiß ich nicht. Ich würde sagen, es ist eher umgekehrt. Das ist für mich aber zweitrangig. Das paradoxe und traurige an dieser Situation ist, dass der mutigste Mensch auf diesem Planeten, der uns allen als Zivilgesellschaft einen Riesengefallen getan hat, momentan kann kaum Freunde finden kann. Da ist es doch wichtig, egal wer das nun ist, das ihn Leute auch öffentlich unterstützen. Da ist mir natürlich auch egal, wie ich mich mit denen verstehe. Da geht es um die Sache.

Nachdem ich mich jetzt mit Dir unterhalten habe und wenn man deine Vergangenheit bei Wikileaks mit einbezieht, werde ich jetzt auch überwacht?

Davon würde ich mal schwer ausgehen, spätestens wenn Sie mir eine Mail schicken. Dann sind aber nicht nur Sie, sondern auch ihre Kinder und Bekannten, und deren Freunde und Verwandte mit drin. Die NSA zumindest geht bis zur dritten Ecke. Das System kennt eben kein Limit mehr. Die Menschen müssen endlich verstehen, wie einfach es ist auf diese Liste der Überwachten zu geraten. Die Absurdität der Liste schützt vor Überwachung nicht.
Das muss eigentlich dazu führen, dass möglichst viele Menschen in diese Solidargemeinschaft der Überwachten kommen und sich daraus dann hoffentlich ein Protest bildet.

Eine gekürzte Fassung dieses Interviews erschien auch in der Allgemeinen Zeitung. Bild & Kamera: Alex Boerger

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