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Featured Netz & Politik

Wenn das Internet unterschätzt wird…

Wer in der letzen Zeit die Blogszene verfolgt hat, hat von dem Fall schon gehört.

Es geht um DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger gegen den unbedeutenden kleinen Blogger und freien Sportjournalisten Jens Weinreich.
Dr. Theo „20er“, wie er inzwischen liebevoll gennant wird, (wann sagt wohl der erst falscher 50er?) dachte wahrscheinlich, er hätte das perfekte Opfer gefunden, um einmal ein Exempel zu statuieren, was passiert, wenn jemand sein Majestät ihn beleidigt. Er veklagte Jens Weinreich, weil dieser ihn in einem Kommentar auf www.direkter-freistoss.de, aus gegeben Anlass, einen „unglaublichen Demagogen“ genannt hatte. Der DFB-Präsident versuchte eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Doch er scheiterte mit diesem Vorhaben gleich zweimal und bekam wohl langsam kalte Füße. Denn es regt sich durchaus Widerstand. Vor allem durch Jens Weinreich selbst, der das gesamte Vorgehen in seinem Blog öffentlich machte. Doch auch andere Blogger sprangen ihm bei. Die Sache wuchs Zwanziger über den Kopf, schließlich hatte er Weinreich nur als eine kleine unbedeutende Station auf seinem Weg zur angestrebten „Kommunikationsherrschaft“ (Noch ein Grund, weshalb Zwanziger "Demagoge“ nennen könnte) betrachtet. Deshalb entschloss er sich das ganze kurzerhand zu beenden.

Er verschickte eine Pressemitteilung an alle im DFB-Verteiler enthaltene Journalisten, einige Bundestagsabgeordnete und das ganze auf der DFB Homepage veröffentlichte. In dieser behauptete er, Jens Weinreich habe sich inzwischen quasi entschuldigt und stellte das ganze noch einmal aus seiner Sicht dar.
Er nutze seine Kommunikationsmittel und hoffte, ja erwartete, dass die „Qualitätsmedien“ diese Darstellung übernehmen und er so doch noch den „Sieg“ über den doch-nicht-so-kleinen-Blogger davon tragen würde.

Offenbar ist ihm nicht bewusst, dass Journalisten inzwischen als ersten Punkt ihrer Recherche googlen und, dass sie, schon allein aus Angst selbst darin aufzutauchen, den Blog Stefan Niggemeiers lesen. So mussten sie zwangsläufig auf die Darstellung Weinreichs stoßen. Die doch einiges wahrheitsgetreuer anmutet, als die offizielle des DFB.
Und so kann man jetzt in der Frankfurter Rundschau, beim Gießener Anzeiger auf ntv.de und im Deutschlandfunk einen großen Teil der Wahrheit lesen, bzw. hören kann.

Theo Zwanziger hatte das Internet unterschätzt.

Dieser Fehler ist am Wochenende noch jemandem unterlaufen. Lutz Heilman.

Follow up:

Ein Name der über Nacht ein Begriff wurde, weil auch er die Regeln des Internets nicht kannte. Heilmann war nicht zufrieden mit der Darstellung seiner Biografie auf Wikipedia.de. Anstatt die Möglichkeiten der Korrektur auf wikipedia.de selbst nutzte und den Artikel bearbeitete ging er den „einfachen“ Weg. Vor Gericht.
Einstweilige Verfügung. Die Weiterleitung von wikipedia.de wurde unterbrochen. 100.000 Artikel wren nicht mehr direkt verfügbar.
Millionen von deutschen Internetnutzern wurden ins Leere geleitet.
Das Lustige: Gesperrt war nur die Adresse www.wikipedia.de, die Artikel liegen auf einem Server in den USA und sind unter http://de.wikipedia.org/ die ganze Zeit weiter erreichbar gewesen. Und dort wurde der Artikel nun umso häufiger abgerufen:


von recentchanges.de

Lutz Heilmann wurde Opfer des sogenannte Streisand-Effekt. Durch seine spektakuläre Sperre zerrte er die Dinge über seine Person noch mehr in die Öffentlichkeit. Und ruinierte ganz nebenbei an einem Wochenende nicht nur seinen Ruf, sondern den seiner ganzen Partei.
Die Linkspartei, schon bisher argwöhnisch beobachtet, steht nun endgültig als demokratiefeindliche, zensurwütige Partei da. Als SED-Nachfolger.
Auch er unterschätzte die Wirkung des Internets. Er unterschätzte die Popularität der Internetseite Wikipedia. Und ihre Symbolkraft für freie Meinung und freies Wissen.

Wikipedia unterdessen kann sich freuen. Erreichte einen Spendenrekord und die Spenden gingen vielfach mit dem Hinweis ein, dass sie als Unterstützung des Kampf für freies Wissen und gegen die Linkspartei sind.

Es gibt noch einen dritten, dem das Internet in seiner Tragweite nicht bewusst ist: ORF-Programmdirektor Wolfgang Lorenz. Bei einer Podiumsdiskussion sprach er von dem Scheiß-Internet(inzwischen ein geflügeltes Wort der Blogosphäre). Er ging sogar noch weiter. Im Verlauf wurde klar, dass er von dem Internet, in das sich die Jugendlichen „verkrümeln„, keine Ahnung hat. Er forderte die Jugend auf, die seinem Sender als Zuschauer zunehmend fehlen, sich doch mal öffentlich zu melden. Das sie das im Internet zu tausenden tun, hat er nicht wahrgenommen, es ist ihm auch „scheißegal„.

Dieser Mann macht Fernsehen. Ist Programmdirektor. Hat eine Mitsprache an der Gestaltung und zukünftigen Entwicklung des Programms. Und keine Ahnung vom Internet! Offensichtlich hat er noch nicht mitbekommen, dass das Internet bei den
Jugendlichen das Fernsehen als Leitmedium längst abgelöst hat. Wie kann er seinem Sender dienen, wenn er nicht weiß, was die Zukunft bringt? Wenn ihm das junge Publikum abhanden kommt und er nicht bereit ist darauf einzugehen?

Wie ist so jemand für seinen Sender tragbar? Wie ist ein Lutz Heilmann für die Linkspartei weiter tragbar? Und wie ein Theo Zwanziger für den DFB?
Und dann wundern sich Institutionen aller Art, dass ihnnen der Nachwuchs fehlt, wenn sie an entscheidenden oder zumindest repräsentativen Punkten Perosnen sitzen haben, die offensichtlich keine Ahnung von der aktuellen, geschweigenden zukünftiger Entwicklung haben?

Diese drei sehr verschiedenen Beispiele und ihre Auswirkungen zeigen, dass sich Organisationen das, wollen sie zukunftsfähig bleiben, nicht mehr leisten können. Sie verprellen die Zielgruppe!

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Featured Flimmern & Sehen Großes Kino

Er sagt nicht „Bond, James Bond“!

Der neue Bond ist der wohl intelligenteste bisher.
Zwar ist die Handlung nicht ganz so vielschichtig und wendungsgespickt wie beim letzten Teil, aber wie es scheint ist man wirklich endlich weg von den ewig gleichen Bondklischees, die die kreative Freiheit einschränkten und es unmöglich machten eine Geschichte zu erzählen, in der nicht alles vorgegeben war, weil alle Running Gags vorgegeben waren und abgehandelt werden mussten.

Danke, denn bei „Die Antoher Day“ war es wirklich kaum auszuhalten. Man war nur noch damit beschäftigt, die eigenen Superlative zu übertreffen. Das Auto brauchte jedes Mal ein neues Feature, aber als es dann unsichtbar war, war eigentlich alles in diese Richtung erfüllt.
Jedes Mal musste die Erde eigentlich direkt und insgesamt bedroht sein. Aber wie viele Satelliten mit versteckten Laser-Atombomben-Waffensystemen sollten noch um die Erde schwirren?

Davon ist man mit Daniel Craig abgerückt. Deutlich. Erstmal spielen die neuen Bonds ja quasi vor den alten (That’s real StarWars Shit!). So hat man sich von dem Techniksuperlativen losgesagt (Wobei M im neuen Bond fast über die selbe Technik verfügt wie CNN). Was auch deshalb konsequent war, weil es schließlich gab eh keinen Ersatz für „Q“ gab(so sehr ich John Cleese mag).
Ausserdem ist man, wie auch im letzten Bond, deutlich näher zu einem realistischeren Verbrecherbild gekommen. Es gibt nicht mehr die verrückten Superbösewichte mit Riesenwaffen, sondern sie sind viel zivilisierter und dennoch ist die Bedrohung gerade dadurch viel direkter und akuter, als durch einen Riesensatellit.

Auch hat man sich, zumindest für diesen Teil, ein großes Stück weit vom Sex getrennt. Von der einen Sexszene sieht man eigentlich gar nichts und das wirkliche Bondgirl geht gar nicht in die Horizontale. Aber schließlich hat Bond ja auch noch den Verlust seiner Liebe verdauen, denn dieser Film ist eine direkt Fortsetzung des letzten Teils. Ohne den vorherigen Teil gesehen zu haben, kann man hier gar nicht mitkommen, denn schließlich ist der Tod von Vesper immer noch ungerächt…

Follow up:

P.S.: Wovon man sich nicht losgesagt hat ist das Product Placement, aber das gehört ja schließlich auch zu Bond, wie der einmalige Humor und der stets passende Spruch auf den Lippen. Aber bemüht man sich nicht um realistisches Product Placement? Es hat schon sehr skurrile Züge, wenn es in mitten der staubigsten Wüste nur so vor nagelneuen, blitzblanken FORD-Modellen wimmelt…

Apropos:

UPDATE: Irgendwie war ich mit meiner Kritik schneller als alle anderen. :D Was Spreeblick dazu meint hier.

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Featured Politik

Peter Sodann, die deutsche Sarah Palin?!

Nach Herrn Reich-Ranicki betreibt nun auch Peter Sodann Rundum-Medien-Bashing.

Meldung vom Presseportal und die Zitate von Herrn Sodann:

„[Die Medien haben] natürlich auch Schuld daran, dass unser Volk
möglicherweise nicht auf der Höhe seiner Denkfähigkeit ist“

„[Wenn] jemand die Frankfurter Allgemeine Zeitung [liest] –
oder wie sie alle heißen, diese Zeitungen, dann bin ich schon voller
Grauen. Ich möchte dann aus dem Flugzeug aussteigen und nebenher
laufen, aber das geht nicht.“

„Ich guck mir oftmals die BILD-Zeitung an, da
weiß ich dann, was die anderen Zeitungen schreiben, und das reicht
mir eigentlich.“

Nur um uns das nochmal Klarzumachen, Peter Sodann ist Tatortkommisar (gut, die dürfen von mir aus sowas sagen), aber er ist eben auch Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten!!!

Gerade heute, hat uns der Professor in der Vorlesung erzählt, was wir Leuten sagen sollen, die sagen „Ach, in den Zeitungen steht eh nur Mist!“. Nämlich, dass ohne Medien Demokratie nicht funktioniert. Schließlich haben Medien den Auftrag zur öffentlichen und politischen Meinungsbildung beizutragen und das Sprachrohr zwischen Bürgern und Politik zu sein.

Irgendwie seltsam wenn ein Kandidat für das höchste Amt der Bundesrepublik so über ein Zentrales Organ der Demokratie spricht.
Aber er hält unsere Demokratie ja sowieso für „beschädigt“ und geht davon aus, dass auch nach der Wende Medienzensur gebe.

Um das zu verbessern vertrauen wir am Besten in Sie, Frau Palin.

Aber vielleicht tue ich ihm da auch Unrecht, Sarah Palin kannte keine Tageszeitung die sie angeblich liest. Er liest immerhin Bild….

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Featured Flimmern & Sehen Kleines Fernsehen Musik

Nachtrag zu den Kürzungen bei MTV

Es sind weitere Details zu den Sparmaßnahmen bei MTV Networks Germany bekannt geworden.
So sind nicht nur 11 Mitarbeiter gekündigt wurden, es es werden wohl auch die auslaufenden Verträge von bis zu 50 weiteren Mitarbeitern nicht verlängert. Damit sind also insgesamt an die 60 Mitarbeiter von den Einschnitten betroffen.
Ausserdem werden bis Jahresende keine Dienstreisen mehr gestattet.

Auf der freiwerdenden Frequenz von Comedy Central, dass ja mit Nick zusammengelegt wird, plant man kein neues Sendekonzept.
Auch zu den gestrichenen Sendungen gibt es Neuigkeiten, so werden die Genreprogramme Urban und Rockzone gar nicht komplett gestrichen, sondern sollen als Clipstrecken weiterlaufen.

Was sonst noch übrigbleiben soll von MTV ist nicht klar.
Gibt es jetzt wieder Musik bei MTViva aber ohne redaktionelle Betreuung? Youtube ohne Suchfunktion im Fernsehen?
Sollte das Musikfernsehen nicht eher schauen, dass es Qualität bietet um sich von den Web2.0 Angeboren abzusetzen? Sollte es nicht schauen, dass es Hintergrundinformationen aufbereitet? Den Zuschauer tiefer in die Materie einführt?

Das ist es doch was das Fernsehen noch vom Internet unterscheidet, und worauf es seine Zukunftsberechtigung bauen darf.
Deswegen denke ich hat sich Viacom mit diesem Schritt höchstens kurzfristig saniert, aber langfristig sicherlich viel verbaut. Aber so ist das wohl, wenn Controller über Inhalte bestimmen.

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Featured Flimmern & Sehen Kleines Fernsehen

Das Ende des deutschen Musikfernsehens

Jeder Musikfan, der bisher dachte: „Finanzkrise, was interessiert mich das?“ oder „Finanzkrise? Ich bin zum Glück nicht betroffen!„, wird nun eines besseren belehrt. Denn durch die Finanzkrise, droht auch der Medienbranche eine Krise, aus Angst vor aubleibender Werbung und schrumpfenden Einnahmen. Und gerade für das Deutsche Musikfernsehen hat eine dunkle Stunde geschlagen.

Schon gestern abend wurde bekannt, das der Sender Comedy Central in siner bisherigen Form eingestellt wird. Erst 2 Jahre ist das ambitionierte Projekt alt, aber man hat die Erwartungen, aus eigener Sicht und mit Sicherheit auch aus Sicht der Zuschauer, nicht erfüllen können. So hieß es am Anfang man wolle ein Viertel des Programms mit Eigenproduktionen bestücken und diesen Anteil eventuell sogar noch erhöhen. Doch viele der selbst produzierten Inhalte zündeten nicht (vorallem, weil sie zum Großteil schlicht und ergreifend nicht lustig waren) und wurden wieder abgesetzt.Und noch vor einem Monat hieß es: „Bei Comedy Central ist sicher noch sehr viel drin. Wir haben in diesem Jahr in der Primetime schon um 48 Prozent zugelegt
und gehen im Oktober mit einem neuen Programmschema auf Sendung“.
Doch nun ist es nichts mit neuem Programmschema, beziehungsweise, das Programmschema sieht so aus, dass zum Jahreswechsel nicht mehr als eigenständiger Sender agiert, sonden zum Programmfenster bei dem Kinder- und Cartoonsender Nick! zusammenschrumpft. Ab sofort heißt es dort von 20.15 Uhr bis 6 Uhr in der früh: „Ich bin Michaela Schaffrath und Sie gucken Comedy Central!“.(Um den Audience-Flow zu garantieren zeigt man übrigens als erstes mit „Family Guy“ und „Futurama“ zwei Cartoon-Serien) Wenigstenshat man sich ja bei Viacom inzwischenvon der Call-In Show „Money €xpress“ getrennt, so dass noch ein paar Stunden für Comedy übrigbleiben.
Allerdings wird man diese Zeit nicht mit den zu Beginn noch angekündigten Eigenproduktionen füllen und so „nicht nur Mainstream“-Comedy zu fördern, sondern man füllt diese Zeit vorallem mit „billigerer Lizenzware“. Was da dann an deutschen Comedians übrigbleibt ist nicht sicher. Zumindest hat man sich jetzt die Wiederholungsrechte für „Rent-a-Pocher“ eingekauft und eventuell wird auch die ambitionierte Show „Nightwash“ weitergeführt, aber wie gesagt: nichts ist sicher in Zeiten der Krise.

Womit wir eben bei den Musiksendern wären:
MTV (Deutschland) und Viva stellen massiv ihre deutschen Programme ein. Wobei das natürlich nicht MTV Networks Germany und Viva selbst beschlossen haben, sondern die Eigentümer von Viacom, denen eben die MTV Senderfamilie gehört.
11 Entlassungen drohen bei MTV. MTV TRL gibt es nur noch einmal die Woche. Gar nicht mehr gibt es, haltet auch fest: Das MTV News Mag, MTV Rockzone, MTV Masters (!?!) und MTV URBAN!
Bei Viva wird „Viva Live!“ auch nicht mehr täglich, sondern nur noch 3 mal wöchentlich zu sehen sein. Und „Viva feat.“ wird ebenfalls drastisch reduziert.
Nun sagt mir mal was da noch an Eigencontent übrigbleibt?
Das schlimmste ist eigentlich die Begründung:

„Hintergrund der Entscheidung ist die Optimierung der Kostenstruktur
und Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Sender, insbesondere
angesichts der herausfordernden aktuellen wirtschaftlichen Lage und der
schlechten Prognosen für das kommende Jahr.“ -Viacom Unternehmenssprecherin Stössinger gegnüber DWDL.de.

Es geht also nicht mal um den mangelnden Erfolg der Sendungen, sondern lediglich um die zu hohen Kosten. Es liegt nichtextrem schrumpfenden Einnahmen, sondern an dem Willen den Gewinn zu steigern und der Angst dieEinnahmen könnten sinken.

Die Hälfte des deutschen Musikfernsehens starb schon, als Viva von Viacom übernommen wurde und nun fällt auch noch der lumpige Rest dieser Heuschreckentaktik zum Opfer.
Wer bei der Berliner Zeitung noch nicht verstanden hatte, was Fremdinvestoren für einen verheerenden Einfluss auf die Medienlandschaft haben können, wird es nun hoffentlich begreifen.

Eine Hoffnung bleibt: Das die freigewordenen Sendeplätze endlich wieder mit Musik bestezt werden. Allerdings befürchte ich uns blühen einfach noch ein paar weiter Datingshows und Partnersuchen mit immer „neuen“ Konzepten…

[Quellen: DWDL.de [1],[2], Faz.net, medienpraten.tv]

UPDATES:

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Das Griechenland-Spiel war langweilig? Es geht noch schlimmer!

Mein Gott, war das eine träges Spiel der Griechen gestern. Minutenlang schoben sie den Ball in der eigenen Hälfte hin und her ohne das irgendetwas passierte. Dagegen war ja das Frankreichspiel fast schon ein Fußballthriller. Noch langweiliger war nur die Vor- und Nachbetrachtung durch Günther Netzer und Gerhard Delling. Die dehnten das hin-und-herschieben gleich über Studen aus und häuften bei ihrer Phrasendrescherei auch noch jede Menge Fehlpässe an.

Ich will jetzt nicht von ihren Frisuren anfagen, denn die Diskussion ist inzwischen auch schon so veraltet, dass wer weiß, am Ende sind die Firsuern bald wieder Trend, sind. Schließlich kehren Modetrends ja alle 30 Jahre wieder. Erstaunlich ist es, dass es Netzer, trotz seiner langen Tätigkeit als Kommentator immernoch nicht schafft, vollständige Sätze zu bilden, geschweigedenn direkt auf Fragen zu antworten, aber das sind wohl die chronischen Fussballerbeschwerden, die man nie so wird ganz ablegen können. Umso erstaunlicher, dass das Duo noch im Mai 2008 aufgrund ihres „hohen sprachlichen Niveaus“ mit dem Medienpreis für Sprachkultur ausgezeichnet worden sind.

Gerhard Delling & Günther Netzer
Die Urgesteine Gerhard Delling & Günther Netzer

Doch dieses Elend zieht sich durch die beinah gesamte ARD Berichterstattung.

Denn auch in „Waldis EM Club“ mangelt es an Steilvorlagen, wie auch die SZ bermerkte. 3 Gäste wiederholen das Geplänkel von vorher, zeigen noch einmal diesselben Ausschnitte, die man inzwischen zu genüge kennt und geben dazu ihre Sprüche ab die leider nur selten Torgefährlich werden und einen Lacher erzielen. Dafür klatscht das Publikum trotzdem, meistens an den unpassendsten Stellen, so dass man noch weniger versteht, aber wenigstens ist Stimmung da. Die fehlt bei Netzer & Delling in ihrer kleinen Box komplett. Das Studio der beiden ist so klein, dass es nicht mal für eine normale Kameraeinstellung reicht, ständig kommen die Lichter oben oder das Ende der Studioverkleidung am Rand ins Bild. Kein Wunder, dass sich in so einem engen Studio keine kreativen Gedanken für eine Sendung fassenlassen. Ein Glück hat Monika Lierhaus ein größeres Studio bekommen und bildet deshalb den einzigen Lichtblick. Kurz bevor der Zuschauer einschläft wird sie kurz eingewechselt und liefert mit ihrem Magazin zwar irrelevante, aber dennoch kurzweilige und frische Berichte die die starre Sendung auflockern. Und sie hat mit der RAPortage von Blumentopf immer nah den Deutschlandspielen ein echtes Schmankerl dabei. Leider gibt es dann wieder einen Rückpass zum Kommentatoren-Duo, die geben weiter an Pocher, doch auch ihm fällt nichts kreatives ein. Er verkleidet sich in seinen üblichen Rollen und begibt sich unter grölende Fans. Ende der Geschichte.

Die RAPortage von Blumentopf

Das krasse Gegenteil beim ZDF. Ein Studio, der Wahnsinn. Die Bregenzer Seebühne, auf der so eben noch James Bond gastierte bietet die Kulisse für das Trio aus Kerner, Klopp und Meier und die Ränge sind gefüllt mit Zuschauern, die auch nach Ende des Spiels die Stimmung noch auf die Nachberichterstattung übertragen. Kerner fragt gezielt und hält sich sonst angenehm zurück und Jürgen Klopp liefert umfangreiche und genaue Analysen. Urs Meier bringt die durchaus interessante Perspektive eines Profischiedsrichters mit ein, der das Geschehen
unparteiisch bewertet und eben strittige Schiedsrichter Entscheidungen erklären oder widerlegen kann.

Urs Meier, Johannes B. Kerner und Jügern Klopp
Das dynamische Trio aus Urs Meier, Johannes B. Kerner und Jügren Klopp

Einziger Kritikpunkt ist Michael Steinbrecher, der einen dazu bringt immer wieder größere Brocken zu erbrechen, mit seinen unnötigen Fragen an die Spieler oder Trainer nach dem Spiel. Doch diese sinnlosen Fragen gehören leider inzwischen zum Fußball, auch wenn mir bis heute nicht klar ist, warum man einen Spieler nach 2 Torschüssen und einem glanzvollen Sieg fragen muss, wie er sich fühlt…

Wie man auf sinnlose Fragen reagren sollte, bewies dieser Handballer

Auch der Comedy Versuch von ZDF funktioniert mit „nachgetreten“ um einiges besser, denn hier wird sich nicht auf die spontane Kreativität der Gäste verlassen, sondern die Gags sind in 7 Tage – 7 Köpfe Manier vorgeschrieben und haben einen dementsprechend höhere Trefferquote (aber auch nicht höher als 7 tage – 7 Köpfe).

Also, ich freue mich, dass jetzt wieder 2 Tage ZDF Berichterstattung vor uns liegen und Netzer & Delling bzw. die ARD sollten vielleicht ihre Berichterstattung langsam dem modernen Fußball anpassen, den sie selbst immer fordern.
Und wenn man dann die Berichterstattung erneuert, könnte man ja vielleicht doch mal beim Firseur vorbeigehen.

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Featured Flimmern & Sehen Kleines Fernsehen Musik

Wie Oliver Pocher über Lady Bitch Rays Fotzensekret stolpert

Donnerstag, 22.45, in der ARD. Oliver Pocher betritt nach 2-wöchiger Sendepause die Bühne.
Er eröffnet Schmidt&Pocher mit dem Wochen (äh 2-Wochen)- Rückblick. Er ist niveaulos wie immer.
Aber dafür ist er ja da. Um der Sendung die Schamlosigkeit zurückzugeben, die Schmidt schon lange verloren hat.

Lady Bitch Ray

Aber es war nicht Pochers Tag.

Der Wochenrückblick war noch okay. Er machte ein paar gute Sprüche über Franjo Pooth und die neuen Baby-Show mit Jana-Ina.
Er erfüllt seine Aufgabe. Doch dann betritt Harald Schmidt die Bühne. Und von Oliver Pocher ist nichts mehr zu sehen und noch weniger zu hören.
Er sitzt nur noch da, kommt mit Schmidts Tempo nicht mit, versemmelt vorgeschriebenen Gags. Er ist weniger als ein Manuel Andrack.
Und so hangelt sich die Show von Einspieler zu Einspieler, die mal mehr, mal weniger lustig sind.

Doch es wird für Pocher noch schlimmer.
Groß als gast angekündigt ist „Dr. Fotze“, wie Harald Schmidt sie liebevoll nennt. Besser bekannt als Lady Bitch Ray. Sie hatte ja schon bei Maischberger einen denkwürdigen Auftritt und offensichtlich hofft man bei Schmidt&Pocher auf einen ähnlichen Erfolg. Und Oliver hat sich diesen Gast gewünscht, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass er sie in der Show mit einigen guten Sprüchen zerlegen kann. Doch nicht mit Lady Bitch Ray.

Als Doktorandin, Schauspielerin, Sängerin, Modedesignerin, Rapperin angekündigt betritt sie die Bühne und übernimmt sofort das Ruder, indem sie sich demonstartiv auf Schmidts Sessel in der Mitte setzt. Nun wartet man darauf, dass ein Gespräch beginnt. Doch es kommt nix, etwas Geplänkel von Harald Schmidt und dann der deutliche Hinweis, dass sie eigentlich der Gast von Oliver Pocher ist. Doch der sitzt nur perplex auf seinem Stuhl, wohl immernoch fasziniert von dem tief ausgeschnittenen Outfit mit freier Sicht auf Lady Bitchs Allerwertesten.
Also nimmt Schmidt das Gespräch in die Hand, fragt ob er sie „Fotze“ nenen darf und spricht sie auf ihre Vorlesungen an der Universität in Bremen an. Auch hier kann Pocher nicht nachhaken, da er ganz offensichtlich, auch nach Lady Bitch Rays Erläuterungen, keine Ahnung hat, was Semiotik sein soll.

Doch langfristig kann auch Schmidt nichts mit ihr anfangen, da Rayhan Sahin die Angewohnheit hat, immer wenn sich ein anständiges Gespräch entiwckeln könnte schnell in ihre Lady Bitch Ray Rolle zurückzufallen und mit „Fotze, Schwanz und Vagina“ nur so um sich zu werfen. Und das ist nicht Schmidts Bereich, zu mal er von der Rapszene wahrscheinlcih noch weniger Ahnung hat als Oliver Pocher. Doch der sitzt weiter nur still da und ist von Lady Bitch Rays Kommentaren überrollt. Seine Stärke, normalerweise, Gesprächspartner mit sponaten Kommentaren auszuhebeln hat er heute wohl an der Gaderobe abgegeben. Sogar er, der sonst mit Schamlosigkeit nur so um sich wirft, scheint von Lady Rays Äußerungen nur peinlich berührt. Doch auch das ist noch zu steigern.

Zum Abschied hat sie den beiden nämlich noch Geschenke mitgebracht, Harald Schmidt überreicht sie eine Boxershorts mit der Aufschrift „Harald Bitch“ und Pocher übergeibt sie ein kleines Döschen mit ihrem „Fotzensekret – 2 Sonntagsproduktionen“. Das ist zu viel für Pocher er sitzt auf seinem Stuhl, stammelt „Vielen Dank“ und kämpft gegen das Rotwerden.

Peinlicher Pocher mit Lady Bitch Rays Möschen Döschen

Ein Glück betritt nun Maria Mena die Bühne und trällert ihren nächsten Song. Eigentlich könnter damit der Mantel des Schweigen über diesen peinlichen Abend gedeckt werden, doch Pocher ist sich seiner „Leistung“  wohl selbst bewusst und versucht mit einem letzten Kommentar Ergebniskosmetik zu betreiben. Mit Bohlenstimme kommentiert er den Auftritt der jungen Sängerin aus Norwegen, zunächst lustig, dann jedoch einfach beleidigend und darin gipfelnd das er versucht der Dame das eben von Lady Bitch Ray erhaltene Döschen weiterzureichen.
Jetzt platzt Harald Schmidt ob dieser Inkompetenz der Kragen und er beendet schnell mit den Worten: „Das ist jetzt aber völlig umcharmant, für so eine kleine miese Type, die, wenn sie Fotzensekret überreicht kriegt erstmal so klein ist mit Hut und dann ’nem ausländische Gast so reinsemmelt, der kein deutsch versteht. Das ist uncool. Oliver Pocher – Nächstes mal hat er’s begriffen.“

Pocher steht nur verdutzt da und weiß erst recht nichts mehr zu sagen. Eine Standpauke vom Meister, noch in der Sendung, damit hatte er wohl nicht gerechnet.

Umso erstaunlicher, wie wenig Wellen dieser Vorfall geschlagen hat. Entweder man hatte versäumt Bild vorher anzurufen, oder Oliver Pocher (Der Pochers Anpfiff auf Bild.de übernimmt) und Lady Bitch Ray, die die Bild Zeitung schon bei ihrem Rausschmiss von Radio Bremen auf ihrer Seite hatte, sind einfach zu gute Kunden. So kam nur am nächsten Tag geblubbert man fordere Zensur! Doch auch die Feuilletons hielten sich zurück. Dabei war das doch endlich der Beweis ihres Mantras: „Pocher ist zu niveaulos, ist kein 2. Andrack…“.

Oder zeigt sich hier wie irrelevant Schmidt & Pocher mit ihrem seichten Geplänkel über das Boulevard geworden sind?

Auf jedenfall hoffe ich, dass Pocher sich wieder zusammenreisst. Er hat schon deutlich besser ausgesehen in dieser Sendung und war in manchen Sendungen sogar Schmidt überlegen. Diesmal nicht, da war er nur Publikumsanheizer vor der Show.

Gespannt darf man sein, wie der Vorfall in dieser Woche aufgegriffen wird oder ob man versucht stillschweigen zu bewahren.

Das Thema in den Medien:

* FAZ zu diesem Vorfall
* Bild.de – Reflexschrei nach Zensur
* FAZ die 2.: Niels Ruf als beste Late Night und Schmidt als gelangweilter Onkel
* DWDL.de : Die deutsche Late Night ist tot – und das schon lange

Das Thema in der hiphop.de Blogosphäre:

* Lady Bitch Rays Auftritt über Spit-Tv anschauen
* O.P.T. über den Auftritt

P.S.: Lady Bitch Ray spielt aktuell in dem Kinofilm „Chiko“ Eine Rolle als Nutte.

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Featured Musik

Massiv – Get Rich or Die Tryin‘ – Der Traum vom schnellen Geld

Ich habe über meine nächste Kolumne nachgedacht, wollte etwas schreiben über das Verhältniss von HipHop in Deutschland und den Usa, über den Wertewandel im deutschen Rapgeschäft, weg von Skillz hinzu Vermarktung und Verkauf. Und dachte an 50 Cent, der es in erster Linie mit seiner credibilen Geschichte von 9 Schusswunden schaffte über 6,5 Millionen Kopien seines Debütalbums Get Rich or die Tryin’“ abzusetzen und wann, oder ob so etwas auch in Deutschland möglich wäre. All diese Gedanken bewegten sich irgendwo in meinem Unterbewusstsein, als ich die hiphop.de-Startseite aufrief und mein Blick über die „New Blog Entries“ wanderte.

Neuer Massiv Track mit G-Unit Rapper Young Hot Rod [DOWNLOAD] + Massiv wurde angeschossen? [NEWS]

Schnell verdichteten sich die ersten Gerüchte und der Vorfall wurde von verschiedenen Seiten bestätigt. Von allen Seiten kamen Besserungswünsche, Solidaritätsbekundungen Joe Rilla nahm sogar einen Track für Massiv auf. Spiegel Online berichtete, RTL exklusiv und HipHop zeigte sich mal wieder im Licht der Öffentlichkeit, so wie die Öffentlichkeit es sehen will.

Doch etwas trübte das Beileid. Morgen erscheint Massivs neue Single „Weißt du wie es ist“. Die Videorotation schwächelt, die Single Vorverkäufe würde sich Sony/BMG sich auch höher wünschen und das Ansehen in der Szene?

Die Meinungen gehen weit auseinander. Einige freuen sich endlich einen echten Gangster gefunden zu haben, der von der Straße erzählt, der sie versteht und repräsentiert.

Andere können im nichts abgewinnen. Keine Skillz, flache Texte, dünne Reime. Ein Zuzug nach Berlin aus rein marketingtechnischen Gründen. Der frühe Einkauf eines Majors für 250.000 €. Verschiedene Vorfälle, bei denen immer wieder das Wort Promoaktion auftauchte. Schlägerei beim Konzert, Beef-Geschichten, Polizeirazzia beim Videodreh

Doch würde sich jemand für Promotion wirklich anschießen lassen? Sein Leben riskieren?

Dazu muss man ein wenig in Massivs Leben wühlen.

Wasiem Taha, wie Massiv mit bürgerlichen Namen heißt wurde bekanntlich in Pirmasens geboren als Sohn von libanesischen Eltern. Seine Biografie klingt wie ein Musterbeispiel für viele Einwandererkinder und für potentielle Gangsterrapper. 2. Generation, Probleme mit der Integration, der Traum vom schnellen Geld um endlich etwas in dieser Gesellschaft zu gelten, in der man nirgendwo richtig dazu gehört und überall mit Vorurteilen begegnet. Und Massiv gibt sich auf dem Weg zu seinem Traum alle Mühe diese zu bestätigen. Er wird gewalttätig, hat Schlägereien, landet im Jugendarrest und verkauft Drogen. Er will das Geld. Er will nach oben, seinen Eltern helfen, sie rausholen aus ihrem bisherigen kleinen Leben. Er ist aufgewachsen mit dem Bild vom Vater, der sich in Deutschland etwas aufgebaut hat. Massiv will das fortführen, will noch mehr erreichen, will seine Familie weiter nach Oben führen auf der Gesellschaftsleiter. Doch anfangs geht ihm das zu langsam, er will das schnelle Geld, will schnell das Ansehen. Bis er mit einem Bein im Knast steht. Und dann lässt sein Lebenslauf eine „anständige“ Karriere nicht mehr zu. Eine Zwickmühle. Wird er noch mal mit Drogen oder ähnlichem erwischt kann er seiner Familie gar nicht mehr helfen.

Der Traum ist zerplatzt.

Doch Massiv ist der, „der die Träume bewahrt“ und Massiv hört von einem neuen Trend, ein paar andere Unterschichten Kids haben es nach oben geschafft. Sie verdienen viel, haben ein ähnliches Schicksal wie er und sind Rapper. Da steckt Geld drin.

Als Rapper haben sie sich ein intensives Gangsterimage aufgebaut, das ihnen beim Absatz von Platten hilft. Massiv entdeckt parallelen, sieht seine letzte Chance darin. Da ist er wieder der Traum vom schnellen Geld, er kann doch noch wahr werden. Massiv ist besessen von dem Gedanken, dass dies sein Schicksal ist. Er geht zu seiner Familie und schlägt ihnen einen Umzug nach Berlin vor. Er erklärt ihnen, dass er es dort zu etwas bringen kann, verspricht ihnen, dass er für sie sorgen kann. Besser als sein Vater es mit seinem einfach Job kann. Er bringt nach einigen Diskussionen seine Familie dazu sämtliche Zelte in Pirmasens abzubrechen. Alle Freunde, Kontakte, das ganze mühsam aufgebaute Leben hinter sich zu lassen. Für einen Traum. Den Traum vom schnellen Geld.

In Berlin stellt sich Massiv geschickt an, das Schicksal scheint auf seiner Seite. Er findet in Wedding schnell Anschluss. Sein „Ghettolied“ wird zu einer Untergrund Hymne. Er bekommt einen Hype in der Szene. Er tritt als der nächste konsequente Schritt in der aktuellen Gangsterrap Entwicklung auf. Labels interessieren sich für ihn und durch sein bisheriges Schicksal auch HipHop-ferne Medien. Er bekommt ein Spiegel Porträt. Und dann kommt da dieser Riese. Sony/BMG. 250.000 €. Der Traum eines jeden Rappers. Der Major-Deal. Die Chance nach Oben, ganz nach Oben. Massiv unterschreibt. Das Re-Release seines Debütalbums „Blut gegen Blut“ steigt auf Platz 55 der deutschen Charts ein. Mit massiver Unterstützung von Deutschlands Top-Producer Dj Desue, den Sony/BMG an Land gezogen hat und begleitet von einem relativ großen Medienrummel.

Doch ist das 250.000 Euro wert?

Die Kollegen sido und Bushido besetzen mit ihren Singles regelmäßig die Top 10, fahren Gold- und Platinstatus ein. Auch die Singles sind mindestens Top 20.

Dahin muss Massiv auch. Sein „großes“ Album darf auf keinen Fall floppen. Dahin muss alle Anstrengung gelenkt werden, denn das ist seine Chance, seine letzte.

Er hat es doch seiner Familie versprochen.

Nach Angaben der Polizei wurde auf Massivs Homepage schon von dem Vorfall berichtet, als sich der Rappper noch auf dem Weg ins Krankenhaus befand.

Get Rich or Die Tryin’


Egal ob Promo oder nicht. Im Endeffekt ist Massiv und der Vorfall nur der konsequente nächste Schritt in der Entwicklung. Es wurde nach mehr Credibilität geschrieen, nach „echten“ Gangstern. Die Probleme wurde herab gespielt oder absichtlich übersehen. „So etwas gibt es in Deutschland nicht“. Natürlich kann man die Verantwortung an die Politik übergeben, die es versäumt hat hier etwas zu tun und versucht hat, mit Verboten und Indizierungen der Thematik Herr zu werden. Die Jugendliche lieber wegsperren und abschieben, als sich ernsthaft mit ihren Problemen beschäftigen und Wege für sie suchen will, ihnen Chancen zu bieten.

Doch die Verantwortung liegt auch – und da muss ich meinem Mann Ello absolut Recht geben – bei uns. Wir entscheiden was wir wollen. Wollen wir Entertainment? Wollen wir ein Stück Lebensgefühl? Wollen wir den Traum vom schnellen Geld? Wollen wir Tote? Wollen wir Amerika? Das Motto dafür haben wir ja schon.

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Die Emanzipation erreicht den Deutschrap – die Frauen übernehmen das Game!

Oft wurde er prophezeit, der Durchbruch des Frauenrap in Deutschland. In den Medien mussten dann Protagonistinnen wie Cora E oder Nina MC herhalten, die Skillmäßig eher schlecht als recht mit den damaligen Old Schoolern mithalten konnten. Oder Pyranja, die zwar von den Skillz ein paar Schritte weiter war bis heute aber auf ihren kommerziellen Durchbruch wartet. Den kann als einzige Sabrina Setlur vorweisen. Sie schaffte es immerhin mit mehreren Alben in die Top10, mit der Single „Du liebst mich nicht“ sogar auf die 1 in Deutschland. Doch nach ihrem Neuen Album „Rot“ scheint kaum noch ein Hahn zu krähen.

Schlechte Karten also für die Frauen im HipHop und so bleibt ihre relevanteste Rolle wohl das klischeehaft mit dem Arschwackelnde Videogirl.

Doh nun steht eine neue, viel versprechende Generation von Rapperinnen in den Startlöchern um eine der letzten Männerdomänen zu stürmen.

Da wäre zum Beispiel Bahar, die vor allem durch ihr Signing bei ersguterjunge auf sich aufmerksam machte. Als ich sie das erste mal auf Devins „New Kidz on the Block Vol.2“ hörte, dachte ich zwar zunächst „Ihhh…Frauenhiphop“, musste dann aber schnell zugeben, dass sie technisch durchaus auf, wenn nicht teilweise sogar über dem Niveau ihrer männlichen Kollegen befindet. Aus der Zusammenarbeit mit ersguterjunge wurde ja bekanntlich nicht viel und seither versauert ihr fertig aufgenommenes Album bei ihr zu hause. Zwar gab es zwischendrin Gerüchte man hätte ein Label für die Veröffentlichung gefunden, Neuigkeiten in dieser Richtung gibt es aber nicht.

Was bleibt sind ihre erstklassigen Freetracks, doch die totale Übernahme ist im Moment von ihr wohl nicht zu befürchten.

Anders sieht es da schon aus bei Kitty Kat. Sie hat es mit aggroBerlin im Rücken besser erwischt. Mit ihren bisherigen Features auf den letzten aggro-Realeses konnte sie sich auch schon eine beachtliche Fanbase sichern und nun ist ihr Debüt-Album für 2008 angesetzt worden. Einen noch größeren Hype als um ihre Musik gibt es aber um ihr Aussehen, bis jetzt gibt es noch keinerlei Bildmaterial von ihr zu begutachten und aggroBerlin setzt alle Mittel daran, dass dies auch möglichst lang so bleibt um ihr so konstante Promo zu sichern. Wieder einmal ein genialer Coup von aggro, allein, wenn man sich an die Hits erinnert, die Threads nur mit der Überschrift „Erstes Foto von Kitty Kat“ erzielten. Ob ihre Verkaufszahlen in dieselben astronomischen Höhen, darf man gespannt abwarten.

Und noch eine Dame versucht es, wie auch Kitty Kat, mit schlüpfrigen Texten: Lady Bitch Ray. Einer der wohl Meistdiskutiertesten Rapacts zurzeit. Zwar hat Lady Bitch Ray kein starkes Label im Rücken, sondern versucht es im Moment mit ihrem Label „Vagina Style“ independent, aber dafür kann sie auf ihre massive Publicity setzen. Lady Bitch Ray versteht es sich zu vermarkten. So nahm sie ihren Rausschmiss bei Radio Bremen zum Anlass um die BILD Zeitung anzurufen, die prompt darüber berichtete, dass die prüden Chefs sie wegen ihrer harten Texte entlassen hatten. (Wäre die BILD Zeitung von selber auf diese Story gekommen, hätte die Schlagzeile wohl anders ausgesehen). Auch sonst hat Reyhan Şahin, so ihr bürgerlicher Name, ihr Produkt Lady Bitch Ray komplett durch geplant. Sie hat angefangen eigene Klamotten zu designen, sich ein konsequentes Image zugelegt und benutzt aktuelle Trends um einen neuen zu erschaffen. Porno Rap für die selbstbewusste Frau. Das kommt bei den Medien an und so blieb der Bericht in der BILD Zeitung nicht der einzige, viele Große Zeitungen berichteten inzwischen über die türkische Ausnahme Rapperin und ihr Auftritt machte sie weit über die Rap-Grenzen landesweit berühmt und brachte ihren Namen in sämtliche Feuilletons. Verwunderlich, dass hier noch kein Major an der Tür geklopft und 250.000 auf den Tisch gelegt hat. Verschlafen die großen Labels mal wieder den Trend, oder will es Lady Ray ernsthaft alleine und independent versuchen? Es gab wohl mal Verhandlungen mit aggro, wie Ray auf ihrer aktuellen Online-Single „Mein Weg“ verrät, aber die haben das Feld ja nun mit Kitty Kat abgedeckt. Deshalb beschränken sich „Frau Bitch Rays“ Veröffentlichungen bisher auf das Internet und einige Juice Exklusives, aber wer weiß, vielleicht kann sie bald stolz von sich behaupten das erste deutsche Myspace-Wunder zu sein.

Zuzutrauen wäre es ihr.

Abschließend kann man sagen, dass sich die Männlichen Rapper in Deutschland warm anziehen sollten, den die Damen haben nicht nur skill-technisch zugelegt, sondern sprechen jetzt auch die Sprache der aktuellen Kultur. 2008 könnte im Deutschen HipHop das Jahr der Frau werden, oder zumindest könnten die hier vorgestellten Kandidatinnen einen Schritt in diese Richtung machen und ein weiteres Patriarchat zum Sturz bringen. Ob das auch alles im Sinne von Alice Schwarzer ist, sei dahingestellt.