Kategorien
Musik Wort

Sido, Bushido & Savas rezitieren

Wer noch daran gezweifelt hat, dass Rap die neue Form der Lyrik ist, wird nun endgültig eines Besseren belehrt. Anständig Rezitiert entfalten die frauenfeindlichen, sexistischen und gewaltverherrlichenden Texte von Bushido, Sido, Kool Savas und B-Tight nämlich durchaus eine ganz neue Ebene, der man es zutrauen könnte, dass sie von Hellmuth Karasek oder Reich-Ranicki diskutiert würde. Ja, wer weiß, am Ende würde sich sogar ein Feuilletonist finden, der darin endlich eine neue Jugendkultur entdeckt, die schonungslos und offen benennt was sie umtreibt. Eine neue Hegemann eben… Aber, bevor ich mich ganz vergaloppieren, überzeugt euch selbst:

[via electru]

Und all diese Ausführungen erinnern uns daran: Deutschlehrer, ihr hättet Bushido verhindern können!

Kategorien
Flimmern & Sehen Großes Kino

Regisseur Park Chan-wook dreht Film mit dem iPhone

Das die Kamera des iPhone 4 nicht von schlechten Eltern ist, war bekannt; der Regisseur Park Chan-wook („Oldboy“) geht nun aber noch einen Schritt weiter: Er drehte seinen nächsten Kinofilm allein mit der Kamera des Apple Smartphones.

Par Chan-wook betont die Vorteile der kleinen Kamera gerade im Vergleich mit den schweren Geschützen: „Sie ist leicht und jeder kann sie verwenden.“ Und sein jüngerer Bruder Park Chan-kyong füngt hinzu, dass man eine viel größere Auswahl an Einstellungen hat, weil man viel mehr Kameras auf einmal verwenden kann. Allerdings benutzen sie wohl auch zusätzliche Linsen, die sie an das Handtelefon anschlossen.

Der Film, den Park Chan-wook da in der Mache hat nennt sich „Paranmanjang“, was koreanisch ist und so viel bedeutet, wie „Höhen und Tiefen“. Darin durchschreitet ein Mann sein aktuelles und vorherige Leben. In Südkorea soll der 30-minütige Film ab dem 27. Januar in den Kinos zu sehen sein. Beworben hatte Park den Film bereits seit Oktober, mit einem Werbespot, der ebenfalls auf dem iPhone geschossen wurde. “Is there anything I can do that greatest directors haven’t done yet?”, fragt er sich darin selbst: “Ah! Making a film with the iPhone!”

Park Chan-wook wurde vor allem durch seine Rache Trilogie bekannt, bestehend aus „Sympathy for Mr. Vengance“, „Oldboy“ und „Sympathy for Lady Vengance“. Als letztens im Kino zu sehen, war der Film „Thirst„.

Update: Inzwischen gibt es einen Trailer zum Film und ein „Behind the Secenes“-Video, dass zeigt wie mit dem iPhone gearbeitet wurde. Hier entlang.

Bild unter CC von Cien de Cine | via

Kategorien
Bewegen & Beschäftigen Gesellschaft

Es gibt so viele Themen, aber was soll ich von ihnen halten?

Gestern Nacht sind Pell und ich uns in einem dieser zahlreichen Instant-Messenger über den Weg gelaufen und es gab so viele Themen zu besprechen. Wichtige Themen. Oder sind sie das gar nicht? Was soll man von all diesen Themen halten, die uns tagtäglich umschwirren? Ein Gesprächsauszug:

Pell: Es gibt so viele Themen, zu denen ich sehr energische Meinungen pflege und doch habe ich keines davon so öffentlich verteidigt/attackiert. Vielleicht sollte ich das ändern. Wie geht es Dir damit?

Jannis: Bei mir scheitert es meinst an der Prokrastination oder daran, dass ich denke andere haben das schon besser gesagt oder gar, dass ich mir selbst nicht die Zeit gebe genug nachzudenken, mich in ein Thema ein zu finden. Das sehe ich aber  als Teil dieser schnelllebigen Medienlandschaft: Bevor ich mir zu einem Thema eine umfassende Meinung bilden kann, ist es schon wieder durch.

Dabei sind es letztlich ja diese Leute, die für diese Themen stehen, die sie in die Medien bringen. Man muss wohl idealistisch genug für ein Thema sein. Ich weiß nicht, wie es vor dem Internet war, ob ich auch so sehr prokrastinierte wie heute. Als ich dieses Jahr gesundheitlich eine Zeit lang vom Internet schied, war mein Kopf sehr viel ruhiger und das Denken, das bilden fiel mir einfacher, ich fühlte mich oben wohler, aber die Lücke an Wissen war riesig.

Ja, es ist ein wahnsinniger Konflikt in einem Selbst zwischen alles mitbekommen müssen, dem Gefühl möglichst viel Wissen aufzusaugen und dem wirklich etwas zu begreifen. Auch ich genoß meine Zeit in Indien mit wenig Internetzugang: Ich kam dazu 6 Bücher zu lesen. Wahnsinn. Für mich selbst hat das sicher mehr gebracht, als sich 3 Stunden durch TED Talks zu klicken

Geht es also letztlich nicht so sehr um Wissen, sondern um Anerkennung bzw. sozialen Austausch?

Ja, mit Sicherheit. Man möchte mitreden können. Denn seien wir ehrlich, die meisten alltäglich konsumierten Wissensschnipsel betreffen einen im eigenen, persönlichen Leben überhaupt nicht

Ich habe oft den Eindruck, dass Themen aber gar nicht wirklich in ihrer absoluten Breite behandelt werden wollen, oft weil sie dann zu komplex werden. Mich stört das natürlich, wenn ich über etwas bestimmtes ganz viel zu wissen glaube, gleichzeitig sind meine Meinungen zum Dioxin-Skandal auch dürftig. Vielleicht ist das große Problem, dass jeder glaubt, eine Meinung zu allem haben zu müssen.

Aber nach was für einer Meinung verlangt denn der Dioxin-Skandal überhaupt?

Ist diese Frage nicht der Ausruf vieler Menschen? „Was soll ich hiervon halten?“

Sicherlich, und ich beobachte für mich, dass immer mehr Menschen damit allein gelassen werden. Keiner bietet mehr die Antworten, weil Themen so schnell, so intensiv durch gekaut werden, dass nach 2 Wochen jeder sagt: „Geh mir weg mit Dioxin!“, gleichzeitig ist man aber noch nicht einmal annähernd zum Grund des Problems vorgestoßen.

Werden sie tatsächlich alleine gelassen? Manchmal weiß ich nicht, wieso man an Medien irgendwelche Ansprüche stellt. Man könnte sie boykottieren und sie müssten sich bessern. Aber so ein Ausruf wäre bereits medial. Alles ist medial. Ich glaube, der Hunger ist vielseitig, immer mehr Fotos von Assanges Verhaftung, immer mehr Details zum Dioxin-Skandal – kurze Schnipsel, aber keine Ausarbeitung zu beiden. Vielleicht möchte niemand einen Essay lesen, selbst wenn er polemisch unterhaltend ist. Vielleicht aber sind diese ganzen vielleichts nur existent, weil es derzeit kein Format gibt, das tatsächlich geliebt wird. Es gibt nichts, das richtig funktioniert.

Oder die Formen erfülle nicht die Anforderungen, die unsere Zeit an sie stellt. Bis jemand so einen Dioxin-Skandal zu Ende recherchiert hätte, in einen guten Artikel gepackt und veröffentlicht hätte, dauert es wahrscheinlcih 2 Monate. Bis dahin weiß schon niemand mehr wie man Dioxin eigentlich schreibt.

Pell: Was würdest Du denn gerne für Journalismus lesen?

Jannis: Guten.

Was sagt ihr? Fühlt ihr euch auch von Themen überschwemmt? Wie bildet ihr euch eine Meinung? Steigt ein in unser Gespräch.

Das Foto hab ich über sxc.hu gefunden und stammt vom User Mattox.

Update: Angeregt durch Alex in den Kommentaren, werde ich einige der hier angerissenen Thesen noch weiterspinnen. Bei einem „Öffentlichen Diskurs über öffentlichen Diskurs„. Statt findet dieser am Montag, den 31.01.2010 um 18.00 Uhr im Pengland. Rahmengebend ist die Ausstellung „The very Best of the Internet“. Auch da sind alle herzlich eingeladen in das Gespräch einzusteigen.