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Zum Tode Frank Gierings: If only…

Das ist natürlich ein wahnsinnig egoistischer Gedanke, aber ich hatte mir das anders vorgestellt. Ich hatte gedacht, dass ich mich mit etwa 50 Jahren darauf einstellen müsste, von den Helden meiner Kindheit und Jugend Abschied zu nehmen (von denen aus dem Plattenschrank meiner Eltern übernommenen Helden vielleicht etwas früher).

Douglas Adams starb im Jahr 2001, mit unfassbaren 49 Jahren. Elliott Smith (34) und Johnny Cash (71) starben, bevor ich mich richtig mit ihrem Werk beschäftigt hatte. Als Heath Ledger (28), Michael Jackson (50) und Stephen Gately (33) starben, verschwanden plötzlich Leute, die ich beim Aufwachsen irgendwie in meinem Sichtfeld gehabt hatte.

Jay Reatard war 29, als ich wusste (wieder so ein egoistischer Gedanke), dass ich nie eines seiner Konzerte würde besuchen können. Stuart Cable war auch gerade mal 40 — und die Stereophonics hatten mit 16, 17 schon eine große Rolle in meinem Leben gespielt.

Jetzt also Frank Giering, der Mann mit den traurigsten Augen. “Absolute Giganten”, der wohl größte Film, der einem 16-Jährigen vor die Füße fallen kann, und dessen Mischung aus Sehnsucht, Party und Melancholie natürlich all das vorwegnahm, was da im eigenen Leben noch so kommen sollte. Oder habe ich versucht, mein eigenes Erwachsenwerden durch die Kameralinse von “Absolute Giganten” zu sehen? Wie kann man denn nicht bei Sonnenaufgang auf der Rückbank eines Autos sitzen, ohne “Wie spät ist es eigentlich?” zu fragen und dabei an Frank Giering zu denken.

Es war ja nur eine Meldung, auf einer nicht gerade vertrauenswürdigen Newsticker-Seite im Internet. Keine Quellenangabe. Aber warum sollte man Falschmeldungen über Schauspieler verbreiten, die nicht gerade auf den Klatschseiten der Trashmedien zuhause sind? Also: Warten und googeln und dabei Interviews finden, die man vor der Ahnung eines viel zu frühen Todes natürlich sofort ganz anders liest. Aber was muss das für ein zerbrechlicher Mann gewesen sein, wenn man das jetzt so liest. Scheiße, wieso denn “gewesen sein”? Und dann die Bestätigungen.

Es gab in meinem Leben keine Berührungspunkte mit Frank Giering. Sebastian Schipper, den Regisseur von “Absolute Giganten”, habe ich vor acht Jahren auf der Berlinale getroffen, wobei “überfallen” vielleicht das richtigere Wort ist: Ich sah ihn von weitem, rief seinen Namen, rannte ihm aufgeregt hinterher und muss wie ein Wasserfall gewirkt haben, als ich ihm sagte, wie viel mir sein Film bedeute. (Dass Schippers weitere Filme eher so “geht so” waren, lässt das Debüt natürlich noch ein bisschen heller strahlen.) Mit Florian Lukas und Antoine Monot Jr., den anderen “Giganten”, habe ich E-Mail- und Telefoninterviews geführt, in denen ich gar nicht an “Absolute Giganten” vorbeikam. Von Frank Giering kannte ich nur diesen einen beeindruckenden Film, der ausgereicht hat, um ihn unsterblich zu machen — ein Adjektiv, das plötzlich gleichermaßen unpassend wie tröstend wirken kann.

Weißt du, was ich manchmal denke? Es müßte immer Musik da sein. Bei allem, was du machst. Und wenn’s so richtig scheiße ist, dann ist wenigstens noch die Musik da. Und an der Stelle, wo sie am allerschönsten ist, da müßte die Platte springen, und du hörst immer nur diesen einen Moment.

(Sebastian Schipper: “Absolute Giganten”, Europa Verlag Hamburg/Wien 1999)

Musik!

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Dieser Artikel stammt von Lukas Heinser, der auf coffeeandtv.de sehr persönlich von Frank Giering Abschied genommen hat und mir freundlicherweise erlaubt hat den Beitrag hier zu übernehmen. Lukas Heinser betreibt neben coffeeandtv.de auch das Bildblog und war zusammen mit Stefan Niggemeier in Oslo.

Frank Giering war wohl eines der größten deutschen Ausnahmetalente der Schauspielerei, erzielte seinen Durchbruch mit Michael Hanekes „Funny Games„. Sein Kultfilm „Absolute Giganten“ ist leider bei amazon im Moment nicht wirklich verfügbar.

Das Bild-Copyright liegt bei X-Film.

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Netz &

Neues StudiVZ Design: Facebook in rosa [Update]

Netzfeuilleton.de wurden Bilder eines kommenden studiVZ Designs zugespielt und auf den ersten Blick wird klar: Auch hier hat man sich am großen Bruder Facebook orientiert.
Die VZ-Netzwerke von Studi über Schüler bis MeinVZ haben zu kämpfen, waren sie lange Zeit Marktführer in Deutschland in Sachen Social Networks bröckelt der Vorsprung inzwischen gewaltig.

Erst kam mit WKW ein anderes Netzwerk, das gerade bei den Älteren mehr anschlug als MeinVZ und nun holt das weltweite Vorbild Facebook auch in Deutschland auf und läuft StudiVZ den Rang ab. Um sich weiter als führendes deutsches Social Network bezeichnen zu können, griff man zu letzt zu dem Trick bei den IVW Zahlen alle drei VZ-Netzwerke zusammen auszuweisen. Dabei bleiben StudiVZ und Co vor allem technisch hinter Facebook zurück, während Marc Zuckerbergs Seite durch Apps, APIs und Lifestream schon lange lebendig wirkt und sich zuletzt mit dem „Like“-Button aufs gesamte Internet ausdehnte, klickt man sich bei StudiVZ noch immer  von Profil zu Profil. Zwar gibt es auch hier inzwischen Apps und mit dem Buschfunk wurde eine Twitterfunktion eingeführt, doch das alles bleibt noch hinter dem Standard zurück. Zeit für einen Relaunch? Möglicherweise ist es bald soweit, darauf deutet zumindest dieser uns angediente Designentwurf hin:

Neues StudiVz Design geleakt

Wir ihr, auf dem zugegeben leicht krisseligen Foto, dennoch gut erkennen könnt, hält das dreispaltige Layout, dass man vom großen blauen Netzwerk kennt nun auch bei den VZ-Netzwerken Einzug.
Dabei ist die Ähnlichkeit mit dem jetzigen Design von Facebook weniger verblüffend, schaut man sich einen Facebook-Design-Entwurf an, der vor einiger Zeit mal die Runde machte:n

Facebook Design Entwurf von information Architects

Dieser Designentwurf der information architects wurde damals für seine Übersichtlichkeit und Usability hochgelobt wurde aber wohl von Facebook abgelehnt und davon finden sich nun einige Elemente im kommenden StudiVZ-Design wieder. Links die Menü Leiste, in der Mitte ein Stream und rechts die Kommentare dazu. Das verrät eine Reihe von neuen Features bei StudiVZ: Der Buschfunk wird wohl erheblich ausgebaut, wird kommentierbar und StudiVZ scheint endlich im Zeitalter des Lifestreams angekommen zu sein. Was alles in den Stream einlaufen wird, von neuen Fotos, Videos bis zu Profil- und Statusupdates ist uns nicht bekannt, allerdings hat StudiVZ schon vor einiger Zeit eingeführt, dass man jetzt auch Bilder und Videos direkt in Pinnwandpostings mit seinen Freunden teilen kann.

Hier eine kleine, zugegeben schlecht aufgelöste Vorschau, auf den neuen Buschfunk, wie sie uns zugespielt wurde.

Neuer StudiVZ Buschfunk mit erweiterten Funktionen

Der neue Buschfunk hat aber bereits Beta-Stadium erreicht und kann von allen User getestet werden und dann sieht das ganze so aus:

Buschfunk Beta

Hier kann man noch keine Links oder Multimedia Inhalte direkt im „Funkspruch“ „sharen“, aber wie ihr seht gibt es Reiter für neue Fotos und Freundschaften im Freundeskreis. Auch die Schaltflächen oben zu Verwaltung von Anfragen sind neu, inwieweit sie mit dem oben gezeigten Designentwurf zusammen passen ist unklar.

Darüber hinaus stehen wohl noch einige strategische Weiterentwicklungen aus: So sollen wohl die VZ-Netzwerke, nachdem sie bereits bei den  IVW Zugriffszahlen gemeinsam ausgewiesen werden, noch enger miteinander verzahnt werden. Wie genau diese Verzahnung aussehen soll, ob zum Beispiel auch SchülerVZ eine Verbindungen zu den bereits verknüpften StudiVZ und MeinVZ bekommen soll oder der Wechsel erleichtert wird, konnten wir nicht herausfinden. Am weitreichendsten wäre wohl der Schritt alle unter der Marke VZ.net zusammenzufassen und die Grenzen marginal zu halten, die Adresse www.vz.net leitet im Moment auf meinVZ weiter.

Unter VZ.net/musik war kurzfristig bereits eine Vorschau auf einen geplanten Musikdienst zu sehen, dieser ist nun aber wieder offline. Dabei handelt es sich wahrscheinlich nur um einen Ausbau der bestehenden Kooperation mit dem Holtzbrinck eigenen und sehr interessanten Dienst putpat.tv, der schon jetzt die StudiVZ „Röhre“ bedient. So wird das Ganze wohl aussehen:

VZ.net/Musik - VZNetzwerke mit eigenem Musikdienst

Auch einen eigener Handytarif aus dem hause VZ ist wohl in Vorbereitung, bereits jetzt kooperiert man mit Vodafone und bietet eine Flatrate für den Zugriff auf StudiVz an.

Wann alle diese Neuerungen eintreffen werden und wie weit sie fortgeschritten sind, ist gerade beim Design nicht bekannt. Vielleicht handelt es sich auch nur um einen der Entwürfe. Auf eine Anfrage unsererseits hat StudiVZ bislang nicht geantwortet.

UPDATE: Martin von netzwertig.com hat noch angemerkt, dass StudiVZ bei seiner iPad-App bereits mit den oben erwähnten Designern von information architects zusammengearbeitet hat. Anscheinend ist man hier ins Geschäft bekommen. Ausserdem bestätigt dort VZ-Unternehmenssprecher Hensen noch einmal die Echtheit der Fotos. Es handele sich um einen Designentwurf, der intern getestet wurde, einen Relaunch-Zeitplan gebe es jedoch nicht, so Hensen gegenüber netzwertig.com. Unsere Mail von letzter Woche bleibt unbeantwortet.

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Was haltet ihr von dem gezeigten Design? Glaubt ihr der Schritt Richtung Lifestream führt StudiVZ zurück zu alter Größe oder handelt es sich nur um ein letztes Aufbäumen, bis man sich der internationalen Konkurrenz von Facebook geschlagen geben muss?

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Großes Kino Video

Mind Control: Movies can change lives

Adam Cosco hat eine mindblowing Collage  über „The Most Basic Form of Mind Control is Repetition“ auf Vimeo gestellt. Wie Filme Leben verändern und sich gegenseitig beeinflussen.

Noch eine kurze Warnung: Zum einen sind die dargestellten Bilder durchaus drastisch, zum zweiten enthält das Video diverse Spoiler unter anderem aus Fight Club, Zodiac, Sieben und vielen anderen Filmen.

Dennoch lohnt es sich und so lade ich euch ein: Lasst euch von David Lynch, Stanley Kubrick und David Fincher manipulieren:

It was 8:27 on a Sunday afternoon when Peters mind exploded… [via Glaserei]

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Bewegen & Beschäftigen Politik

Operation Sparen – Aber wo?

„Wir müssen darauf achten, dass wir zu einem Leben kommen, bei dem wir nicht dauernd über unsere Verhältnisse leben. Deutschland hat das nicht erst seit ein paar Jahren, sondern seit vielen Jahrzehnten getan.“ Es war keine frohe Botschaft, die Angela Merkel auf dem Ökumenischen Kirchentag ihren Schäflein zu verkünden hatte. Die Kanzlerin wählte klare Worte, die zentrale Frage lautete: „Wo können wir sparen?“ Manch Hartz IV-Empfänger mag sich da verwundert die Augen reiben. Manch Arbeitnehmer ebenso, der dachte, durch bescheidene Lohnerhöhungen dazu beigetragen zu haben, dass Deutschland wettbewerbsfähig bleibt. Pustekuchen! Mindestens 15 Milliarden Euro müssen im kommenden Jahr eingespart werden. Gut, sparen wir. Nur wo?

Wenn es einer wissen muss, wie man spart, dann unser schwäbischer Finanzminister Wolfgang Schäuble. Seriös und ohne Tricks will er zweistellige Milliardenbeträge zusammensparen, so gebe es in den sozialen Sicherungssystemen erheblichen Spielraum. Eine Kampfansage an die Riege der Minister. Doch auch von denen gibt es filmreife Beiträge und Verweigerungen.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan: „Mein Beitrag zur schwierigen finanz- und wirtschaftspolitischen Lage ist dafür zu sorgen, dass wir eine künftige Generation haben, die gut ausgebildet ist. […] Wer jetzt für die Kürzung des Bildungssystems plädiert, versündigt sich an der Zukunft. Die Bildungspolitik ist die moderne Sozialpolitik, Sozialpolitik ist Bildungspolitik.“ Damit hat sie nicht unrecht, denn Bildung bildet die Grundlage für Zukunftsfähigkeit. Wenn wir im Bereich Kinder und Bildung sparen, schaden wir uns selbst. Punkt. Die versprochene Erhöhung des Bafög ist zwar erst mal wieder vom Tisch, aber immerhin: Die Sparvorschläge von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) in den Bereichen Bildung, Forschung und Kinderbetreuung wies sogar Merkel zurück.

Was macht das Verkehrsministerium? „Wenn man in meinem Ressort bisher schon hätte sparen können, dann hätte ich es ganz bestimmt getan“, so der Verkehrsminister Peter Ramsauer. Da geht es ihm wie allen, Zweifel daran bleiben trotzdem. Allein Verträge wie der des ehemaligen Bahn-Chefs Hartmut Mehdorn kosten den Staat unnötig Millionen, dieser erhielt vor gut einem Jahr knapp 5 Millionen Euro Abfindung. Und auch das Bahn-Chaos, das der vergangene Winter in Deutschland auslöste, kostete den Staat viele Millionen Euro, die durch klügeres Verwenden des vorhandenen Etats vermeidbar gewesen wären. Die Deutsche Bahn wurde kaputt gespart. So sind Forderungen des Ministers, eine Milliarde Euro mehr als geplant für Verkehrsinfrastrukturinvestionen zu erhalten, eher lächerlich und hoffentlich bald wieder vergessen. Hier wäre eher eine Pkw-Maut eine Alternative, um zu Geld zu kommen.

Die junge Bundesfamilienministerin Kristina Schröder verweigert sich komplett, aber lächelnd: „Sie müssen verstehen, dass ich das jetzt erst mal mit dem Bundesfinanzminister und dann mit Ihnen diskutiere.“ Na gut.

Kopfschütteln verursacht auch die Forderung der gelb-schwarzen Regierung, an Hartz IV zu kürzen. 900 Millionen Euro wurden aus dem Etat gesperrt, den Schäuble in seinem Haushaltsentwurf für die aktive Arbeitsmarktpolitik vorgesehen hatte. Insbesondere die Hilfen für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt soll es treffen, was aber lediglich Folgekosten für mehr Langzeitarbeitslose mit sich bringt, die höher sind als jede Eingliederungsmaßnahme: „Man kann nicht einerseits wie Guido Westerwelle über Langzeitarbeitslose herziehen und so tun, als hätten sie keinen Bock zu arbeiten, und auf der anderen Seite die Mittel für Projekte sperren, die helfen, vor allem Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen“, sagte Manuela Schwesig der Frankfurter Rundschau. So geht das Fördern endgültig verloren – und wird zur Zerreißprobe für die Gesellschaft. Allerdings – da hat auch Herr Schäuble recht – müssen die sozialen Sicherungssysteme auch so umgestaltet werden, dass sie zur Aufnahme regulärer Beschäftigung motivieren und nicht gegenteilige Anreize setzen. Dafür sind Mindestlöhne wichtig. Es kann nicht sein, dass jemand, der jeden Tag 8 Stunden und mehr arbeitet, am Ende weniger oder so viel Geld erhält wie ein Hartz IV-Empfänger. Insbesondere für diese Menschen ist jede lediglich der persönlichen Bereicherung dienende Diätenerhöhung von Politikern ein Schlag ins Gesicht.

Steuererhöhungen, beispielsweise die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 25 % bzw. auch für Lebensmittel auf 19 %, wurden stark kritisiert und abgelehnt. Hier wäre eine Steuererhöhung zwar auf die Schultern aller verteilt. Eine höhere Mehrwertsteuer wird aber den Konsum in Deutschland zusammenbrechen lassen, wo doch alles dafür getan werden muss, um die Nachfrage zu erhöhen. Denn genau das wird international von Deutschland erwartet. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer dazu im Interview bei „Berlin direkt“ (ZDF): „Also ich möchte sie für meine Person, für meine Partei kategorisch ausschließen. Wir haben sehr, sehr lange überlegt vor sieben Monaten bei den Koalitionsverhandlungen, wie wir die Finanzpolitik der Zukunft gestalten und wir haben auf der ersten Seite des Koalitionsvertrages mit der Unterschrift aller drei Parteivorsitzenden der Bevölkerung die Botschaft gegeben, dass wir zur Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise keine Steuererhöhungen wollen und es bleibt dabei. Das kann ich für meine Partei ganz verbindlich sagen.“

Bleibt noch ein riesiger Posten: die Bundeswehr. Möglichkeiten zu sparen gibt es natürlich auch hier nicht, hält man sich an Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: „Dort, wo das Leben und die Gesundheit unserer Soldaten im Einsatz betroffen ist, da darf es auch keine Kompromisse geben. Und in dem Sinne: Dort bin ich auch unerbittlich.“ Sehr ehrenwert, denn jeder tote Soldat in Afghanistan ist einer zu viel. Die Frage nach dem Sinn immer gefährlicherer Einsätze in einem Land, das auch nach der Meinung ranghoher Militärs nicht zivilisier- und beherrschbar ist, bleibt aber. Da macht der neue britische Verteidigungsminister Fox das einzig richtige und fordert mit der Begründung, Großbritannien sei keine Weltpolizei, den raschen Abzug aus Afghanistan. Davon ist man in Deutschland jedoch weit weg und verschwendet gibt jährlich 3 Milliarden Euro – immerhin dreimal so viel wie bislang bekannt gegeben – hierfür aus. Auch die Wehrpflicht gibt Bedenken auf. Durch die Reduzierung der Wehrpflicht von 9 auf 6 Monaten schwindet der Nutzen für die Bundeswehr zusehends und kostet so mehr. Die Wehrpflicht ist eine unnötig kostspielige Art und Weise, Soldaten für das Militär zu rekrutieren. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie unter 21 OECD-Ländern, die die Kosten für Länder mit militärischem Pflichtdienst denen für Länder mit Freiwilligen-Armeen gegenüberstellte. Jährlich kostet die Wehrpflicht eine entwickelte Volkswirtschaft 0,25 Prozentpunkte Wirtschaftswachstum – für Deutschland bedeutet dieses System bezogen aufs Bruttoinlandsprodukt sechs Milliarden Euro Verlust. Zynisch gesagt ist die derzeit bestehende Bundeswehr die Lehre von der Verschwendung staatlichen Kapitals.

Es bleibt eine einsame Bundeskanzlerin. Nach der Banken-, Griechenland- und Euro-Rettung ihre nächste große Hauptrolle in der Operation Sparen. Sie muss entscheiden, wem sie weh tun will. Den Rentnern, den Arbeitslosen oder doch den Soldaten? Nichts bringen wird jedoch, sich nun täglich einen anderen Teilbereich vorzuknöpfen und dann zu entscheiden, an was jeweils gespart werden kann. Dann wird die Sparpolitik scheitern. Vielmehr muss – und da sind die Bundesregierung und der Finanzminister gefragt – in den nächsten Wochen ein Gesamtkonzept her, das dann der Bevölkerung begründet wird. So könnte es funktionieren. Oder man hält sich an das, was schon immer funktioniert hat: „Betteln und lungern, / Dursten und hungern / Immerdar, allezeit / Müssen wir Bettelleut‘! / Habt ihr was, schenkt mir was! / Ach, nur ein Häppchen! / Brot in den Bettelsack, / Suppe ins Näpfchen!“ (von Volkmann-Leander: Der verrostete Ritter)

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Netz & Zeitung

taz.de nimmt Flattr auf

Seit heute Nacht um 0.00 Uhr finden sich auch auf der Homepage der taz die kleinen orange-grünen Buttons des Micropaymentdienstes Flattr. Damit könnte Daniel Fiene auf seine Frage “Was passiert, wenn das erste große Medium Flattr implementiert?”, schneller eine Antwort bekommen als er dachte. Nun ist taz.de nicht SpiegelOnline, aber es ist eben auch kein kleines Blog.

“Da kam Flattr wie gerufen!”

Die taz hat bereits Erfahrungen mit freiwilligen Spenden ihrer Leser gesammlt. Während der Aktion die Jungen übernehmen die taz, konnten Leser auf taz.de freiwillig per Bankverbindung spenden, dabei kamen innerhalb einer Woche über 1.800€ zusammen.

Das sei ein erster Versuch Richtung Spenden gewesen, das Konzept der Microdonations hätten sie aber schon länger im Hinterkopf gehabt, erzählte mir Phillip Moritz, Webmaster der taz, “Und da kam Flattr wie gerufen!”.

Man hoffe, so Moritz, auf das Konzept der Microdonations, egal ob nun mit Flattr oder einem ähnlichen Dienst sei und eventuell könnte das Konzept sogar das Online-Business verändern. Ob man dabei Gewinne machen kann sei noch nicht sicher, aber man möchte mit der Teilnahme auch das Projekt Flattr insgesamt nach nach vorne und zu mehr Akzeptanz bringen. Wie stark die Leser das annehmen, müsse sich erst noch zeigen, aber man wolle eben genau das herausfinden.

Moritz zeigte sich allerdings überrascht, das innerhalb der kurzen Zeit nun doch schon einige Flattr-Klicks auf die Homepage gewandert sein. In den 12 Stunden, seit Flattr auf der Homepage der taz verfügbar ist, sind 36 Flattr Klicks auf der Seite eingegangen, was diese Wert sind zeigt aber erst am Monatsende.

“Flattr hat das beste Konzept.”

Im Gegensatz zur Konkurrenz habe Flattr das beste Konzept. Man denkt wohl noch über eine Implementierung des ähnlichen Dienstes Kachingle nach und eventuell soll es eine Partnerschaft mit amazon geben, näheres gibt es dazu aber noch nicht. Bei der zuvor ausprobierten Überweisungsaktion seien neben den tatsächlichen Transferkosten auch die mentalen Transferkosten zu hoch und auch ein einfacher PayPal-Spenden Button zweige bei Kleinstbeträgen zu viel an Gebühren ab, erklärt Moritz die Entscheidung für den Dienst von Flattr.

Die Einnahmen aus Flattr werden dabei nicht den einzelnen Autoren zugeführt werden, sondern gesammelt in die Onlineeinnahmen einfließen. Lediglich bei den Blogs denkt man drüber nach den einzelnen Autoren, die bislang nur eine Aufwandspauschale erhalten, zu ermöglichen ihren eigenen Flattr Account in das jeweilige Blog einzubinden. Zu den Vorwürfen des Datenhandels bei Flattr macht man sich bislang wenig Sorgen. “Schauen wir mal”, war des Webmasters lakonische Antwort.

Flattr auf taz.de ist ein weiterer großer Schritt für den Micropaymentdienst, deshalb verkündete das heute morgen auch ganz stolz deren offizieller Twitteraccount. Ob es den Durchbruch bedeutet ist natürlich noch unklar, schließlich befindet sich Flattr weiterhin in einer geschlossenen Beta und der Zugang ist nur mit Einladung möglich. Diese kann aber jeder auf der Homepage anfordern. Fraglich ist auch, ob sich der Dienst außerhalb der Netzgemeinde, in der er im Moment ziemlichen Hype genießt, durchsetzen kann. Wird sich der Zeitungsleser aus Hinterpusemuckel dazu aufraffen einen Account bei diesem Dienst anzulegen? Die taz kann mit ihrem Genossenschaftsmodell und den spendenbereiten Lesern sicher am ehesten darauf hoffen.

Bild: Screenshot taz.de [M]

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Was glaubt ihr? Ist das der Durchbruch für Flattr? Und könnte es eventuell auch der Durchbruch für Erlöse von Onlinemedien sein?

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Featured Netz &

Flattr: Die Dankbarkeits-Ökonomie

Ja, es funktioniert: Als zum ersten Mal eine kleine eins in dem orange-grünen Button stand, fühlte ich mich tatsächlich geschmeichelt.

Schmeicheln auf Englisch heißt  to flatter und Flattr ist ein neuer Micropaymentdienst, der zur Zeit einiges an Erfolg verspricht. Er funktionert so: Man legt eine monatliche Summe fest, die man ausgeben möchte. Das sind z.Z mindestens 2€ und maximal 20€. Dann klickt man den Monat über auf alle Flattr-Buttons, die einem begegnen und am Ende wird der Betrag (z.B. die 20€) durch alle geteilt. Gleichzeitig kann man auch selbst, wie oben erwähnt, geflattered werden.

Wird es sich Durchsetzen?

Dabei ist interessant, dass beide Wege funktionieren. Auch ich konnte, als mein Konto eingerichtet war, es kaum erwarten endlich tollen Projekten meine Wertschätzung zu zeigen. Hier  zeigen sich noch ein paar offene Fragen oder Probleme im Bezug auf Flattr:

Erstens die bislang mangelnde Verbreitung. Das scheint aber ein in erster Linie temporäres Problem, denn momentan befindet sich Flattr noch in einer Art closed Beta, bei der man nur mit einem Einladungscode hineinkommt. Das momentane Invite-Betteln auf Twitter erinnert an Google-Wave Zeiten ((Ich hätte da noch ein paar Invites, if anyones interested?)). Die Frage ist jedoch, ob auch nach Stadium 1.0 eine weitreichende Abdeckung erreicht werden kann. Vor allem insofern, dass nicht nur Menschen die selbst Inhalte anbieten sich einen Account zu legen (Denn selbst flattern ist Vorraussetzung um geflattered zu werden), sondern ob auch „reines Publikum“, sofern es das im Web2.0 noch gibt, bereit ist zu bezahlen? Nun diese Frage steht aktuell – Stichwort Paid Content – sowieso zur Diskussion.

Wer profitiert?

Die zweite Frage ist, und sie hängt mit der ersten zusammen, ob daraus ein echtes wirtschaftliches Modell für Inhalteanbieter erwachsen kann. Wer wird von den Flattr-Beträgen profitieren? Und erreichen sie eine relevante Größe? Natürlich ist anzunehmen, dass vor allem große Inhalteanbieter ((Ich sage mit Absicht nicht A-Blogs)) profitieren können. Dann wäre zu kritisieren, dass Flattr als eine Umverteilungsmaschine von unten nach oben funktioniert.

Auf der anderen Seite ist zu hoffen, dass nun aufwendiger erstellte Inhalte mehr zurückbekommen. Um es beim Namen zu nennen: Bislang konnten Tumble-Blogs schnell groß werden, weil sie mehrere Fundstücke am Tag posteten, die sich bei  Qualität schnell verbreiteten und entsprechend Backlinks generierten. Tiefe Analysen tun sich da schwerer in der Verbreitung. Nun ergibt sich die Chance, das sie dies auf anderem Wege zurückerhalten, nämlich das Menschen eher bereit sind für originäre Erzeugnisse zu bezahlen, weil sie ahnen, wie viel mehr Arbeit dahinter steckt.

Flattr: Das neue „Gefällt mir“?

Die dritte Frage ist, wie sehr wird sich Flattr in den Alltag der Nutzer integrieren und hier tut Flattr schon einiges, um es den Nutzern so angenehm wie möglich zu machen. Einmal eingeloggt kann ich auf allen Seiten einfach den Flattr-Button klicken und gleichzeitig wird man durch das oben besprochene Teilungsprinzip von dem Gedanken gelöst „Ich gebe dem jetzt grade 2€ dafür.“, schließlich weiß man ja zum Zeitpunkt des flatterns noch nicht, wieviele Beitrage man bis Ende des Monats noch so wertschätzt, also durch wieviele das Budget am Ende geteilt wird. Wenn es gut läuft könnte Flattr dadurch zum neuen „Gefällt mir“ werden. Sollte es das schaffen, wäre wohl durchaus bewiesen, dass Menschen bereit sind für Inhalte etwas zurück zu geben.

Ein wertvolles Dankeschön

Dabei sollten man auf keinen Fall den Fehler machen, das ganze nur auf Blogs zu begrenzen. Flattr sieht sich als Zahlungsmittel für allerlei Inhalte: Von Videos über Bilder bis zur Musik. Und hier liegt auch die Chance für die Verbreitung: Einfach die Dankbarkeit an die Urheber. Als Fan eines Projektes bin ich gewillt dem Macher irgendetwas zurückzugeben. Mit Flattr ergibt sich nun die Chance, nicht gleich mehrstellige Beträge spenden zu müssen, sondern sein Danke einfach etwas aufzuwerten, im wahrsten Sinne des Wortes zu zeigen: „Hey, was du machst ist mir etwas wert!“. Wobei auch ein aufrichtiges, echtes Danke unglaublich viel Wert sein kann.

7 Invites zu verschenken

Wie oben erwähnt befindet sich Flattr noch in einer closed Beta. Jeder kann sich zur Zeit auf der Homepage mit seiner E-Mail Adresse eintragen und darauf warten einen Code zugesendet zu bekommen. Die Alternative gibt es hier: 7 Codes haben wir zu vergeben. Was ihr dafür tun müsst? Ganz einfach folgende  Nachricht twittern:

„Bringt die Dankbarkeits-Ökonomie?“ fragt @netzfeuilleton und verschenkt 7 Invites. http://bit.ly/dankoeko

Oder einen beliebigen anderen Text mit Link zum Artikel und Mention des Accounts @netzfeuilleton. Wenn Ihr mir dann noch folgt erhalten die ersten sieben den Invite-Code per DM.

Was ist eure Erwartung an Flattr? Kann Flattr sich durchsetzen und ein Erlösmodell für jeden Inhalteanbieter werden? Oder bleibt es eine Illusion, dass Menschen freiwillig für etwas bezahlen?

UPDATE: Inzwischen sind alle 7 Invites vergeben. Vielen Dank an alle Teilnehmer und viel Spaß beim umherflattern. Allen anderen sei empfohlen einfach bei flattr.com ihre eMail-Adresse einzugeben, inzwischen gehen die Einladungen von dort wirklich in Rekordzeit raus. Eine Alternative ist noch auf Twitter einfach mal nach #Flattr zu suchen, dort findet man auch einige Nutzer, die noch Invites rausgeben. Den Post dürft ihr natürlich weiterhin retweeten. ;)

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Gesellschaft Video Wort

Gelangweilte Jugendliche erschlagen Mann im Park

Aus Langweile, Trunken- und Dummheit sind sie auf ihn los und dann lag er da. Davon handelt dieses moderne Gedicht inklusive Animation von Mat & Matt. Also von Mat Lloyd ist das Gedicht und von Matt Frosdham die Animation. Wer genauestens alles zur Entstehung der Animation nachlesen will, kann auf dem Produktionsblog die einzelnen Schritte nachverfolgen, jetzt empfehle ich aber erst einmal anschauen:

[via KFMW]

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Großes Kino

Robert Rodriguez Planet Terror Spin-off „Machete“ (offizieller Trailer)

Als Robert Rodriguez und Quentin Tarantino 2007 Planet Terror und Death Proof in die Kinos brachten, liefen diese zumindest in den USA als Double Feature. Schließlich sollte das Projekt eine Hommage an das Genre des Grindhouse-Kinos. Im Grindhouse Kino wurde vor allem so genannte Exploitation Movies gezeigt, also recht kostengünstig produzierte Genrefilme, die  ein etabliertes Genre nahmen, sei es Action oder Western, und es leicht interpretierten. Bekanntestes Subgenres davon sind wiederum die Spaghettiwestern oder  Blaxploitation-Filme wie Shaft.

Das Tarantino ein Faible für diesen „Schund“ (engl. Pulp) hat zeigte er nicht nur mit Pulp Fiction. Auch
Jackie Brown war ein explizite Ehrung des Blaxploitation-Films. Sichtbar schon allein dadurch, dass er der bekannten Blaxploitation-Darstellerin Pam Grier die Hauptrolle zugestand.

Die Vorliebe fürs Genres war also sowieso da, bei dem Grindhouseprojekt aber trieb man es aber noch weiter. Denn ein weiteres Merkmal der Grindhousemovies war, dass zwischen diesen, als Double Feature  ausgestrahlten Produktionen, Trailer für künftige Filme gezeigt wurden. Auch das wurde bei Planet Terror& Death Proof beibehalten. Tarantino und Rodriguez liessen extra spezielle Faketrailer produzieren, um sie zwischen ihren Filmen zu zeigen.
Das daraus ein echter Film entstehen sollte, stand eigentlich nicht zur Debatte. Das war zumindest der Stand bei der Veröffentlichung.
Einer der Trailer jedoch fand soviel Anklang, dass Rodriguez den Wunsch entdeckte mehr aus diesem Stoff zu machen. Und jetzt gibt es also den ersten „echten“, offiziellen Trailer  zum Spielfilm „Machete“ und der Cast dazu kann sich durchaus sehen lassen.

Da wäre zum einen Danny Trejo, der quasi fest zu Rodriguez Team, gehört und bereits in Desperado und From Dusk till Dawn zu sehen war, ebenso Cheech Marin. Daneben treten mit mit Robert DeNiro als US-Präsident, Lindsay Lohan und Jessica Alba einige aktuelle Schauspielgrößen auf und in der weiteren Besetzung wimmelt es, ganz nach Tarantino Schule von abgehalfterten B-Movie Stars: Steven Seagal und Don Johnson to drop the names.
Das Setting erinnert dabei stark an El Mariachi und Desperado, man darf also gespannt sein.

Der offizielle Trailer zu „Machete“:

[via Cinematze]

Hier der ursprüngliche „Machete“ Trailer aus Planet Terror & Death Proof:

Die anderen Trailer waren „Werewolf Women in the SS“ von Rob Zombie mit Nicolas Cage:

„Don’t“ vom Regisseur Edgar Wright (Shaun of the Dead, Hot Fuzz)

„Thanksgiving“ von Eli Roth

und „Hobo with a Shotgun“ der den von Rodriguez ausgerufenen „South by Southwest“-Trailer Contest gewann.

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Nun eure Meinung: Wie vielversprechend findet ihr den finalen Trailer von Machete? Oder hättet ihr lieber einen der anderen Filme umgesetzt gesehen?

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Bücher

Kavka: Hamma wieder was gelernt

Viele der heutigen Jugendlichen kennen ihn warscheinlich schon gar nicht mehr – für mich war und ist er ein Idol: Markus Kavka. Er ist mittlerweile beim ZDF angestellt, die meisten kennen ihn aber als Moderator bei MTV. Er trifft immer die ganz großen Stars, feiert mit ihnen die Nächte durch, trägt lässig, coole Klamotten und ist bereits über 40. Da mag sich so manch Einer fragen, ob und wann Markus Kavka nicht mal erwachsen werden will.
Genau das hat er sich auch selbst gefragt. Wann kommt er, der Zeitpunkt, an dem er so alt aussieht und sich so alt fühlt, wie er ist? Wenn die Medikamententürme auf den Nachttischen der Eltern immer höher werden? Wenn einem die heutige Musik nicht mehr gefällt? Wenn das Fitnessstudio als der einzige Ausweg aus der nicht zu stoppenden Gewichtszunahme zu sein scheint?

Markus Kavka stellt in seinem autobiografischen Buch „Hamma wieder was gelernt“ viele Fragen rundum das Erwachsenwerden und die heutige Generation der Jugendlichen. Seine Erzählungen wirken dabei grundehrlich und wie aus dem Bauch heraus auf Papier gebracht. Der Leser bekommt den Eindruck, den Menschen Markus Kavka im Laufe des Buches tatsächlich kennen zu lernen. Er wirkt so greifbar, verständlich und stellenweiße sogar erschreckend normal. Zudem lernt der Leser noch etwas über gute Musik im Sinne Kavkas. Denn davon gibt es heute seiner Meinung nach nicht mehr all zu viel. So bringt er mit seiner Liste der 100 besten Musikvideos ein Loblied auf Bands wie Radiohead, Chemical Brothers, etc. Zwar kommt man sich als junger Leser dabei so vor, als gehöre man zu einer unkultivierten Generation, die es mit seiner Musik nicht mehr schafft Meilensteine zu setzen, aber sich die aufgeführten Videos von Kavka anzusehen, lohnt sich tatsächlich.
„Hamma wieder was gelernt“ ist ein Buch, das unbeschwert, mit Spaß und Ironie ein elementares Thema im Leben eines jeden jungen und älter werdenden Menschen behandelt – und wie der Titel schon erahnen lässt ganz kavkaesk.

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Kleines Fernsehen TV Tipp

Von zotigen Bullen und krawalligen Anwältinnen

Wenn man sich nicht gerade für Fußball interessiert hat, gab es in den letzten Monaten eigentlich keinen Grund, um Sat.1 seine Aufmerksamkeit und Zeit zu schenken. Zu viel ist bei dem Privatsender in letzter Zeit schief gelaufen. Die Rückkehr von Johannes B. Kerner verlief mehr als schleppend; sein wöchentliche Talkshow fuhr miserable Quoten ein. Wie groß die Not offensichtlich war und ist, zeigte sich nicht zuletzt daran, dass ausgerechnet Kerner, nachdem er sich noch wenige Monate zuvor unqualifiziert über den Kurznachrichtendienst Twitter lustig gemacht hatte, urplötzlich einen Twitterkanal für seinen Talk, den niemand sehen wollte, einrichtete. Auch der zweite Einkauf, den Sat.1 von den Öffentlich-Rechtlichen tätigte (Oliver Pocher), mochte nicht wirklich zünden.

Das allerdings kam weniger überraschend, zeigte sich doch in den Jahren zuvor Woche für Woche, dass ein sichtlich gelangweilter Harald Schmidt völlig ausreichte, um Pocher in seine Schranken zu verweisen. Zu allem Überfluss werden die wenigen Formate mit Potential, die der Sender sein eigen nennt, zu oft an sogenannten Fun-Freitagen am Zuschauer vorbei verheizt (siehe z.B. „Pastewka“). Wohlgemerkt, wir reden hier von dem Sender, der noch vor einigen Jahren mit der Serie „Edel & Starck“ die Referenz deutscher Serienunterhaltung definierte.

Man durfte also durchaus gespannt sein, als bekannt wurde, dass Sat 1 zwei neue, eigenproduzierte Serienformate ins Rennen schicken würde, um das Programm am Montagabend, das bislang vor allem aus alten Filmkonserven bestand, zu füllen. Seit zwei Wochen laufen nun „Der letzte Bulle“ und „Danni Lowinski“ jeden Montag Abend um 20.15, bzw. 21.15 Uhr, und buhlen um die Gunst der Zuschauer. Und auch wenn bei weitem noch nicht alles Gold ist was glänzt, so kann man dem Sender durchaus bescheinigen, mit diesen zwei Serien einen Schritt in die richtige Richtung getan zu haben.

Es gilt nun für den Zuschauer zu entscheiden, ob dieser Versuch von Erfolg gekrönt sein wird, oder ob die Dominanz amerikanischer Serien im deutschen Fernsehprogramm weiter anhält. Nachdem Sat.1 mit den Quoten in der Pilot-Woche durchaus zufrieden sein konnte, musste in der zweiten Woche bereits ein Quotenrückgang verkraftet werden. Dabei zeigte sich der deutschsprachige Feuilleton tendenziell durchaus angetan von den beiden Serien; vor allem „Danni Lowinski“ bekam äußerst starke Kritiken.

Der letzte BulleEin wenig ambivalenter wurde da schon „Der letzte Bulle“ besprochen. Die Geschichte, um einen Polizisten, der nach zwanzig Jahren aus dem Koma erwacht, im Übrigen mitnichten ein Novum, ähnliche Formate liefen bereits in den USA und Großbritannien mit mäßigem Erfolg, veranlasste zum Beispiel die Kollegin von SPIEGELOnline zu einem beißendem Verriss, in dessen Zuge sie der Serie rund um den von Henning Baum verkörperten Protagonisten „zottigen Popo-Klaps Humor“ attestierte. Ob man nun im Fall dieser Serie gleich die Gender-Karte ziehen muss, sei einmal dahingestellt. Immerhin ließ es sich die vom „Achtziger-Jahre-Cop“ Geklapste  nicht nehmen, wenig später selbstbewusst zurückzuklapsen.

Wahr ist allerdings, dass „Der letzte Bulle“ in seiner Machart in die Rubrik seichter Fernsehunterhaltung fällt, was natürlich aber kein Makel sein muss, ganz im Gegenteil. Letztlich lebt die Serie von ihrem krawallig aufspielenden Hauptdarsteller, der sichtlich Spaß daran hat, einen Mann zu spielen, der in unser mittlerweile umfassend vernetzten Welt keinen blassen Schimmer von Google, Handys & Co besitzt.

danni Lowinski„Danni Lowinski“ hingegen gibt sich bei all dem Humor der die Serie durchzieht schon um einiges ernster. Die aus der Feder von Marc Terjung stammende Serie, der sich einst auch schon für die famose Screwball-Serie „Edel & Starck“ verantwortlich zeigte, erweist sich dabei als Paraderolle von Annette Frier, die lustig sein kann, aber eben nicht muss. „Danni Lowinski“ handelt von einer Anwältin (Frier), die keine Anstellung gefunden hat.

Eine Lösung für dieses Problem ist jedoch schnell gefunden. Lowinski bietet ihre Rechtsberatung einfach in einer Einkaufspassage feil; zum Tarif 1 Minute = 1 Euro. Bereits in der zweiten Folge tauchte die Serie tief in die gegenwärtige Lebenswirklichkeit der deutschen Gesellschaft ein. Die Geschichte um einen nach dem Tod seiner Frau allein erziehenden Vater, der von seiner Nachbarin in Zeiten „wo Kinder in Blumenkästen gefunden, oder totgeschüttelt werden“ beim Jugendamt angezeigt wurde, bewies wie Unterhaltung funktionieren kann, ohne es sich zu einfach zu machen. Sollte den Drehbuchschreibern auch weiterhin der Spagat zwischen humoresker Unterhaltung, natürlich darf man Frier eine durchaus unkonventionelle Interpretation der Juristerei erwarten, und brandaktuellen Themen gelingen, darf insbesondere von „Danni Lowinski“ noch Einiges erwartet werden.

„Der letzte Bulle“ – Montags 20.15 Uhr, Sat.1 , „Danni Lowinski“ – Montags 21.15 Uhr, Sat.1
Bildrechte: „Der letzte Bulle“ © Thomas Pritschet – Sat1; „Danni Lowinski“ © Frank Dicks – Sat1

mitten hinein in die gegenwärtige Lebenswirklichkeit der deutschen Gesellschaft