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Musik

M.I.A.s „Born Free“ macht Stress

Eine Einheit voll ausgerüsteter Paramilitärs stürmen ein Haus. Treten die Tür ein, zerren ein Paar gewaltsam aus dem Bett. Als einer der Bewohner zu Boden geht, schlägt der Beamte weiter mit dem Knüppel auf ihn ein. Auf seiner Brust, gut sichtbar die amerikanische Flagge.

So beginnt die Szenerie von M.I.A.s neuem Musikvideo „Born Free“. Youtube reagierte prompt und sperrte das Video, damit rückte es noch mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. „Zensur“ lautet der Reflexschrei. Dabei ist klar: Dahinter steckt kalkulierte Provokation.

Hinter dem Video steckt nämlich niemand anderes als Romain Gavras und der kennt sich aus mit Wirbel um Musikvideos. 2008 produzierte er für die Band Justice das Video „Stress“ und genau der folgte. Auch in diesem Video geht es brutal zu. Rücksichtslose Jugendliche ziehen durch Paris, wahllos gewalttätig greifen sie Passanten an und randalieren in Bars mit Totschlägern. Der Vorwurf des Rassismus wurde laut und die Verherrlichung der Unruhen in den Pariser Vorstädten, dabei hatte Gavras vermutlich eher den Anspruch genau diese Misstände in der französische Banlieue  anzuprangern.

Youtubes fragliche Politik

Fraglich bleibt wie Youtube mit den Zensurvorwürfen vorgehen soll. Schließlich hat „Born Free“ eine hochpolitische Message, prangert Rassismus und das Vorgehen amerikanischer Militärs an. In dem Video werden vornehmlich Rothaarige, im englischen „Gingers“, gejagt und es ist klar, dass man für sie jede andere Gruppe oder Minderheit – von Muslimen bis Schwarzen – einsetzen kann. Was macht dieses Video also anders, als zum Beispiel „Stress“, das ja noch auf Youtube zu sehen ist?  Um Pornografie, wie die SZ schreibt, handelt es sich nur wegen der Darstellung nackter Körper noch lange nicht. Gewaltverherrlichend? Eher gewaltanprangernd und eben mit politischer Botschaft. Vielleicht hätte auch eine Kennzeichnung des Videos, wie zunächst geschehen, als nicht jugendfrei ausgereicht, aus wenn diese, zugegeben, nicht sehr wirksam ist um Kinderaugen tatsächlich fern zu halten.

Vorwürfe gegen Youtube hatte es auch schon wegen der konsequenten Durchsetzung angeblicher Urheberrechtsverletzungen gegeben, die Youtube mit einem automatischen System erkennt. Hier wurde mit einer „Fair Use“-Funktion nachgebessert. Youtube muss sich fragen, ob es Ort für gesellschaftliche Debatten sein will oder ob man, ähnlich der Apple Politik, sich nicht als Marktplatz für politische Satire und Nacktheit sieht.

Neben M.I.A. dürfte sich auch Vimeo über den heraufbeschworenen Skandal freuen. Auf dem Videoportal, dass sonst stets im Schatten von Youtube steht ist das Video (s.o.) noch einsehbar und wird nun webweit verlinkt.

Was meint ihr? War die Sperre von Youtube gerechtfertigt, weil das Video einfach zu gewalttätig ist, oder ist es ein Eingriff in die freie Meinungsäußerung?

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Musik Netz &

Was Musiker online verdienen (können)

Das Internet hat auf den einen Seite das gesamte Erlösmodell der Musikindustrie infrage gestellt, auf der anderen Seite inzwischen neue Vertriebs- und Erlösmöglichkeiten für Musiker und Musikverlage geschaffen. Jeder kann, ohne Majorlabel im Rücken, theoretisch ein Weltpublikum erreichen, Verkauf und Kauf von Musik ist dank Itunes oder musicload jederzeit einfach möglich und Gebührenzahlungen mit Streaminganbietern wurden teilweise abgeschlossen. Schöne neue Musikwelt, also? Was für den Konsumenten zu einer Allzeitverfügbarkeit von jedweder Musik geführt hat, stellt die schaffenden Musiker auch weiterhin vor ein Problem.
Denn wie die Verdientschancen im Einzelnen für Musiker wirklich aussehen hat informationisbeautiful mal in einer wunderschönen Informationsgrafik dargestellt:

Verdientmöglichkeiten Musiker online

[Quelle: informationisbeatiful.net, via Feuilletonist]

Zwar hinkt die Grafik an manchen Stellen, so werden zum Beispiel die Erlöse ganzer Alben  mit denen einzelner gestreamter Songs verglichen, dennoch schmälert das nicht das Problem, vor dem Musiker stehen. Schließlich wurde spätestens durch Itunes die Albenstruktur aufgesplittert, hin zum Verkauf einzelner Songs.

Der Auslöser für die Grafik war übrigens ein Posting auf „The Cynical Musician“ mit dem Titel „The Paradise that should have been„.

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Bücher

Hanna, Gottes kleinster Engel

Es ist Anfang Oktober als der 13-jährige Wolfgang auf dem Nach-hauseweg über seine Hausaufgabe nachdenkt. Für ihre Eltern sollen die Schüler zu Weihnachten einen Aufsatz über Engel schreiben. Wolfgang fällt sofort das passende Thema ein: Er möchte über seine kleine Schwester Hanna schreiben, denn für ihn ist Hanna Gottes kleinster Engel.

In Tagebuchform erzählt das Buch von den Erlebnissen, die Wolfgang in den darauf folgenden zwei Wochen macht. Einerseits voll kindlicher Unschuld und andererseits mit der mentalen Reife eines Erwachsenen berichtet der Junge von seinem nicht ganz einfachen Alltag. Der Vater der Familie leidet an schwerem Asthma, die Mutter ist meist angespannt und gestresst. Da seine kleine Schwester Hanna den ganzen Tag zu Hause ist, hat sie am meisten unter der harten Hand ihrer Mutter zu leiden. So kommt das kleine Mädchen auf die Idee die Stimmungen der Mutter in Kältezonen aufzuteilen. Oft kommt es vor, dass die Laune der Mutter Alaska ist. Um die Kälte im Herzen ihrer Mutter aufzutauen hat Gott seinen kleinsten Engel Hanna zu ihnen in die Familie geschickt, da ist sich Wolfgang sicher.

Hannas unschuldiges Auftreten und ihr herzerwärmendes Verhalten geben dem Leser das Gefühl, sie sei tatsächlich der kleiner Engel, für den sie ihr Bruder hält. Im Laufe der Geschichte kommt es aber auch öfter vor, dass Hannas Lieblichkeit an ihrer Mutter abprallt wie ein Ball an einer Betonwand. Hanna wird immer verzweifelter. Selbst die herzliche Beziehung zu ihrem großen Bruder kann da nicht viel helfen.
Hanna, Gottes kleinster Engel ist ein Roman voller Herzlichkeit und gleichzeitig voller Trauer. Die Geschichte führt dem Leser vor Augen wie lieblos und kaltherzig manche Menschen in unserer heutigen Zeit sind und warum wir so kleine Engel wie Hanna unter uns brauchen.

„Hanna, Gottes kleinster Engel“ von Angela Sommer-Bodenburg jetzt bestellen:

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Netz &

#BlogThursday, keep it moving!

Letzte Woche ist es mir passiert: Ich habe doch tatsächlich  meine von mir selbst ins Leben gerufene Aktion, den #BlogThursday, vergessen. Zu meiner Entschuldigung: Ich hatte viel zu tun. Am Mittwochabend war ich beim Twittwoch FFM unterwegs, und am Donnerstag hatte ich Deadline für zwei Beiträge. Einmal für die Jugendmedienschutztagung und dann für die Neuauflage des Buches „PR im Web2.0“.

Aber der #BlogThursday ist ein viel zu tolles Projekt, ihn in Vergessenheit geraten zu lassen und er funktioniert! Ich habe über Twitter viel Lob für die Aktion erhalten und was noch wichtiger ist viele interessante Blogs gefunden. Mir scheint es hat sich auch schon ein harter Kern gebildet, der sich allwöchentlich auf den #BlogThursday freut und ich muss sagen, ich hab allein am ersten #BlogThursday mehr interessante Blogs entdeckt, als im letzten halben Jahr.

Deswegen gilt morgen wieder: Macht mit! Kurz übelegen, welches Blog in der letzten Woche einen besonders lesenswerten Beitrag geschrieben hat, welches euch ein Lächeln auf die Lippen gezaubert hat oder schon seit Jahren kontinuierlich gute Arbeit leistet. Ob bekannt, unbekannt, relevant ist völlig egal. Einfach einen Tweet aufsetzen mit 140 Zeichen, Link zum Blog und wenige Worte, warum dieses Blog euch so gut gefällt. Dann den Hashtag #BlogThursday nicht vergessen, damit alle eure Empfehlung finden. Außer dem werde ich die Blogempfehlungen nun auch hier mit einem Search-Widget reinlaufen lassen:

Also empfehlt eure Lieblingsblogs und tragt so die Aktion weiter. Mehr zu den Hintergründen und der Entstehung gibt es nochmal hier. Let’s make Blogs a trending topic again!

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Featured Gesellschaft

Der Traum von der Unsterblichkeit

Der natürliche Tod nur noch als Relikt vergangener Zeiten? Geht es nach Forschern wie Aubrey de Grey, seinerseits Bioinformatiker der Universität Camebridge, soll dies keine Utopie bleiben. Bereits heute prognostiziert er, dass Menschen, die in 20 Jahren geboren werden bis zu 5000 Jahre alt werden könnten. Und dies sei nur der Anfang auf dem Weg zur Unsterblichkeit. Die Forschung auf jeden Fall boomt. Unter anderem werden Gene besonders alter Menschen, wie auch die einer Quallen-Art, die es vermag ihre Zellen zu regenerieren, akribisch studiert, um diesen Traum zu ermöglichen. Ein Traum der nicht erst seit Highlander in den Köpfen der Menschen sein Unwesen treibt.
Klingt auf den ersten Blick verlockend. Unendlich viel Zeit für all die Dinge, die heute noch auf Grund überfüllter Terminkalender ihr Dasein als Wunschvorstellungen auf ewig fristen müssen.

Der Mensch, in Stein gemeißelt
5000 Jahre alt werden Menschen bislang nur, wenn man sie  in Stein meißelt. Aber das könnte sich ändern. | Foto von
Blue Man unter CC-Lizenz

Hygiene und medizinischer Fortschritt haben die Lebenserwartung des Durchschnittsdeutschen in den letzten 100 Jahren um 30 Jahre steigen lassen. Warum sollte die Genforschung diese Entwicklung also nicht exponentiell ansteigen lassen können. Ähnlich wie in der Computerchipindustrie. Aber was bedeutet das wirklich? Wer würde wohl von einer derartigen Entwicklung profitieren? Die gesamte Menschheit? Kaum anzunehmen, liegt doch die durchschnittliche Lebenserwartung in Simbabwe heute noch circa 40 Jahre unter der in Deutschland. Also würde das ewige Leben wohl ein Privileg einer kleinen Elite, im besten Falle, nachdem der Produktlebenszyklus die Degenerationsphase erreicht hat, einem Großteil der ersten Welt bleiben. Eine überbevölkerte Welt, mit steigender Tendenz, wird nun also zusätzlich besetzt. Der Platz für neues Leben begrenzt. Bitte hinten anstellen, schließlich war das ewige Leben teuer!

Ressourcen erschöpfen sich bereits heute, die Nahrungsmittelproduktion hat auch ihre Grenzen, wenn diese auch durch weitere Genmanipulation variabel werden. Wie nun weiter? Vielleicht weltweit die Ein-Kind-Politik implementieren á la China. Um die Dritte Welt braucht man sich keine Gedanken machen, schließlich geht es ja hier um den natürlichen Tod der überlistet werden soll. Krankheiten, mangelnde medizinische Versorgung und Kriege werden schon für ein neues, weltweites Gleichgewicht sorgen.

Aber selbst wenn alle Menschen, die heute die Erde bevölkern, von derartigem Fortschritt profitieren könnten, würde der natürliche Kreislauf dramatisch gestört. Leben kommt, Leben geht. Wer sind wir Menschen diesem Prinzip des irdischen Daseins einfach entkommen zu wollen. Mit welchem Recht würde ein Leben ewig existieren während ein neues nie eine Chance hätte sich zu entwickeln?

Forschung bedeutet Fortschritt. Fortschritt hat uns aus den Höhlen in die Hochhäuser gebracht die wir heute bewohnen. Mit all den Annehmlichkeiten auf die kaum einer, der sie je genossen hat wieder verzichten möchte. Dogmatische Stagnation ist der falsche Weg, dennoch sollten Motive ständig hinterfragt, Folgen abgeschätzt und moralische Komponenten bestimmter Entscheidungen nicht außer Acht gelassen werden. Vielleicht sollten Ressourcen zunächst in den Versuch gesteckt werden mehr Menschen an unseren aktuellen Lebensstandard heranzuführen als uns mit Meilenstiefeln von diesen zu entfernen. Und somit möchte ich mit einem Zitat von Johannes Gross, seinerseits ehemaliger Chefredakteur der Zeitschrift Capital, abschließen:

„Ich kenne unzählige Menschen, die nach dem ewigen Leben dürsten, aber mit einem verregneten Sonntagnachmittag nichts anzufangen wissen.“